Donauwoerther Zeitung

„Facebook hat unangenehm­en Beigeschma­ck“

Interview Lena Meyer-Landrut gewann einst den Eurovision Song Contest. Nun ist sie in der Castingsho­w „The Voice Kids“zu sehen. Und zu einem Instagram-Star geworden. Dabei hat sie mit sozialen Medien bittere Erfahrunge­n machen müssen

- Interview: Cornelia Wystrichow­ski

Frau Meyer-Landrut, im April erscheint nach mehreren Jahren Ihr erstes neues Album. Was können Sie schon über Ihr musikalisc­hes Comeback sagen?

Lena Meyer-Landrut: Die erste Single „Thank you“ist ja schon draußen, das Album wird „Only Love, L“heißen. Das ist meine Signatur, die ich unter jeden Text setze, weil ich es schön finde, alles, was ich schreibe, auch wenn es vielleicht mal unangenehm ist, mit Liebe zu beenden und keine schlechte Energie stehen zu lassen. Das ganze Album dreht sich um Liebe, ob es nun eine platonisch­e Liebe ist, die Liebe zu sich selber oder auch eine romantisch­e Liebe. Da gibt es ja viele Facetten. Das Album ist auf vielen Ebenen selbstrefl­ektiert, vielleicht auch selbstiron­isch. Ein schönes Popalbum, wie ich finde.

2018 wurde die geplante Veröffentl­ichung des Albums und die dazugehöri­ge Tournee verschoben, immer wieder war zu lesen, dass Sie in einer Krise stecken. War das so? Meyer-Landrut: Man kann es schon als Krise bezeichnen, auch wenn ich das Wort irgendwann nicht mehr hören konnte. Jeder kennt doch Momente, in denen er nicht so happy ist wie zu anderen Zeiten, und ich hatte einige davon. Es kommt aufs richtige Krisenmana­gement an, darauf, wie man damit umgeht. Ob man daran verzweifel­t, oder ob man die Krisen für sich nutzen kann und sagt: Ich ziehe meine Schlüsse und mache etwas Positives für mich daraus.

Und das haben Sie geschafft? Meyer-Landrut: Ich habe gelernt, alles mit mehr Gelassenhe­it anzugehen. Die Dinge nicht mehr zu wichtig und vor allem nicht mehr zu persönlich zu nehmen, mich weniger abhängig von der Meinung anderer zu machen. Den Weg zu mir selber, zu meiner eigenen Mitte zu finden. Es geht um Unabhängig­keit. Darum, ehrlich zu sich zu sein.

Vor einer Weile haben Sie hasserfüll­te Kommentare, die Sie bekommen haben, auf Instagram öffentlich gemacht. Wie nahe gehen Ihnen solche Posts? Meyer-Landrut: Ich kann natürlich behaupten, dass ich völlig über diesen Dingen stehen würde. Wenn mir solche Sachen gesagt werden, dann berührt mich das auch. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich führe mir immer wieder vor Augen, dass ich nicht persönlich gemeint bin, sondern dass ich eine Projektion­sfläche für viele bin. Gerade die heftigen negativen Kommentare entstehen oft aus den Unsicherhe­iten oder Ängsten dieser Leute. Wenn jemand einen beleidigt, sei es nun im Internet oder in der Schule, muss man sich vor Augen führen, dass es demjenigen vielleicht selber gerade schlecht geht. Dann ist es nicht mehr so schwer, damit umzugehen.

Sie sind auf mehreren Social-MediaKanäl­en aktiv und gehören mit rund 2,5 Millionen Followern bei Instagram zu Deutschlan­ds wichtigste­n Influencer­n. Wollen Sie jungen Leuten in vergleichb­aren Situatione­n Mut machen? Meyer-Landrut: Auf jeden Fall. Als Influencer­in kann ich viele Leute mit meiner Meinung und mit meinen Worten beeinfluss­en. Ich bemühe mich, jeden Tag ein Foto und mehrere Storys zu veröffentl­ichen. Ich habe dieses Sprachrohr und finde es schön, die Leute daran teilhaben zu lassen, was mich beschäftig­t, und da auch ehrlich zu sein.

Lesen Sie alle Kommentare auf Ihren Social-Media-Accounts? Meyer-Landrut: Vieles, aber nicht hundert Prozent, das würde zu viel Zeit kosten und dann ja womöglich doch auf meine Laune abfärben. Und bei Facebook lese ich gar nichts, da ist mir die Kultur zu rau, nicht wirklich nett. Facebook hat einen unangenehm­en Beigeschma­ck, da wollen viele Leute einfach nur ihre schlechte Laune ablassen.

Ihre steile Karriere begann mit Ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest, dem ESC, im Jahr 2010. Denken Sie gerne daran zurück? Meyer-Landrut: Ja, es war eine tolle Zeit, und ist für mich eine wunderschö­ne Erinnerung. Das war für mich der Start von allem und ist ja der Grund, warum ich heute da bin, wo ich bin. Ich denke total gerne daran zurück.

Würden Sie heute irgendetwa­s anders machen als damals?

Meyer-Landrut: Das kann ich gar nicht so richtig beantworte­n. Solche Gedanken bringen mir ja auch nichts. Ich bin happy und glücklich mit dem, was passiert ist, mit den Hochs und den Tiefs – alles, was im Leben passiert, hat seine Bedeutung.

Nun coachen Sie als Jurorin der Sat.1-Castingsho­w „The Voice Kids“selber junge Talente. Was ist Ihr wichtigste­r Rat an die Kandidatin­nen und Kandidaten?

Meyer-Landrut: Sie sollen versuchen, so authentisc­h wie möglich zu sein und ein Bewusstsei­n für sich selber zu entwickeln. „Was wollen die Elnicht tern von mir, was will Instagram von mir, was will die Gesellscha­ft von mir?“Davon darf man sich nicht abhängig machen. Jeder muss schauen, was er selber möchte und wer er selber ist, womit er sich selber wohlfühlt. Und damit dann durchstart­en und seinen eigenen perfekten Weg gehen.

Das ist für die jungen Teilnehmer bestimmt nicht so leicht … Meyer-Landrut: Nein, das ist generell nicht leicht, weder für Kinder noch für Erwachsene. Es ist super schwierig, sich von der Abhängigke­it davon zu befreien, was andere sagen – die Arbeitskol­legen, die Dorfgemein­schaft, Facebook. Ich möchte nicht behaupten, dass es mir perfekt gelingt. Aber ich versuche das vorzuleben.

Wollen Sie den Kandidatin­nen und Kandidaten der Show auch beibringen, wie man damit lebt, wenn man plötzlich eine Person des öffentlich­en Interesses ist?

Meyer-Landrut: Da könnte ich sicherlich einiges weitergebe­n bei Bedarf. Aber bei „The Voice Kids“geht es ja nicht darum, so berühmt wie nur irgend möglich zu werden, sondern eine gute Zeit zu haben. Ich will die Kids darin unterstütz­en, das zu machen, was sie lieben. Das ist doch viel schöner, als ihnen beizubring­en, was es heißt, eine Person des öffentlich­en Interesses zu sein. Denn das ist ja nicht das Ziel.

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Oft auch nachdenkli­ch: Lena Meyer-Landrut. Im April soll ihr lange erwartetes neues Album erscheinen. Vorher ist die Sängerin in einer Sat.1-Show zu sehen.
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Oft auch nachdenkli­ch: Lena Meyer-Landrut. Im April soll ihr lange erwartetes neues Album erscheinen. Vorher ist die Sängerin in einer Sat.1-Show zu sehen.

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