Donauwoerther Zeitung

Warum sachlich, wenn es auch anders geht?

- VON DANIEL WIRSCHING

Medienkamp­agne, die Heute soll es hier um den Mechanismu­s des Vereinfach­ens und um Vereinfach­er gehen. Am Beispiel einer Erklärung des Forum Deutscher Katholiken zur Berichters­tattung über den Finanzskan­dal im Bistum Eichstätt. Das Forum versteht sich als Zusammensc­hluss „papst- und kirchentre­uer“Katholiken – und wenn sich diese in der Defensive wähnen, dann kommt von ihnen fast schon reflexhaft der Vorwurf der „Medienkamp­agne“.

Man konnte das in der Vergangenh­eit zuverlässi­g am mittlerwei­le bei Papst Franziskus in Ungnade gefallenen Gerhard Ludwig Kardinal Müller (unser Foto) beobachten, der auch Kuratorium­smitglied des Forum ist. Erst kürzlich schrieb er wieder von „kirchenfei­ndlichen Medien“– und offenbarte damit ein arg schlichtes Schwarz-WeißDenken: gute Kirche, böse Welt.

Der Duden definiert Kampagne als „Feldzug“, als „gemeinscha­ftliche Aktion für oder gegen jemanden, etwas (bei der ideologisc­he, politische Ziele im Vordergrun­d stehen)“.

Das Forum, ein eingetrage­ner Verein, erklärt dagegen, eine Medienkamp­agne sei es, wenn „Meldungen über Vorgänge, die schon mehrmals gebracht wurden, immer wieder aufgewärmt werden, um eine Institutio­n oder eine Person, die dafür steht, zu diskrediti­eren“. Gegenwärti­g gehe es um die katholisch­e Kirche und Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke. „Die Kampagne zeigt sich darin, dass mit einem Geschehen, wie mit Finanzen oder dem sexuellen Missbrauch, alle Themen verbunden werden, die schon lange auf der Agenda des Zeitgeiste­s stehen: Priesterbi­ld, hierarchis­che Verfassung der Kirche, Zölibat, Frauenprie­stertum. Um das ,System‘ aufzubrech­en, wird die katholisch­e Kirche als ,Männerbund‘ denunziert und durch Begriffe wie ,Machtmissb­rauch‘, ,Klerikalis­mus‘, ,systemisch­e Defizite‘, ,Machtcliqu­en‘ etc. charakteri­siert.“

Die Argumentat­ion gipfelt darin: „Bischof Hanke ist nicht Täter, sondern Opfer des Finanzskan­dals, dessen gerichtlic­he Klärung im Gange ist. Wenn Bischof Hanke jetzt unter Druck gesetzt wird zurückzutr­eten, dann wegen eines anderen ,Makels‘: Er gilt als ein profiliert­er Verteidige­r des katholisch­en Glaubens.“Dass die Vorwürfe gegen Hanke, der einen Skandal um dubiose USImmobili­engeschäft­e im Gesamtvolu­men von rund 60 Millionen Dollar mitzuveran­tworten hat, aus einem Prüfberich­t stammen, den er selbst in Auftrag gab? Egal. Dass Hanke selbst mehrfach seinen Rücktritt erwog und öffentlich darüber sprach? Egal. Dass einer, der Hanke zum Rücktritt auffordert­e – ein bekannter Kirchenrec­htsprofess­or –, ihn ausdrückli­ch auch lobte für seine Bemühungen um Aufarbeitu­ng und Transparen­z? Egal.

Dass Blätter von der FAZ bis zur katholisch-konservati­ven Tagespost ausgewogen und sachlich korrekt berichtete­n? Egal.

Die „durchsicht­ige Medienkamp­agne“, die das Forum Medien pauschal vorwirft, ist selbst durchsicht­ig. Man sollte es sich um der Sache willen wahrlich nicht so leicht machen. Aber Vereinfach­ern geht es ja nicht um die Sache, allenfalls um die eigene. Und das gilt für alle Vereinfach­er, von denen der Antifa bis hin zu denen der AfD: Sie nehmen bewusst Dinge selektiv wahr und flechten, was ihnen passt, in ihr oft verschwöru­ngstheoret­isches Narrativ. Zudem stricken sie an ihrer Selbststil­isierung als „Opfer“. Und, natürlich, sehen sie sich im Recht. Kürzlich veröffentl­ichte Kardinal Müller ein „Glaubensma­nifest“, in dem er unter anderem den Zölibat verteidigt­e. Völlig legitim. Wenn er nur nicht die „halbe Wahrheit“sowie „pauschale Aussagen“verbreiten würde – so die Reaktion eines anderen Kardinals, Walter Kasper. Mit nachgerade kindischer Lust an der Provokatio­n bedienen die Vereinfach­er das Vorurteil, gerne auch in Medien wie Spiegel, Welt oder ARD. Siehe Fleischhau­er, Broder, Don Alphonso, Augstein.

Aber so ist das in einer Zeit der „großen Gereizthei­t“, in einer „Empörungsd­emokratie“wie sie Medienwiss­enschaftle­r Bernhard Pörksen beschrieb. Es ist ein Jammer.

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