Donauwoerther Zeitung

„Es darf dich nicht kaputtmach­en“

Interview Augsburgs Manager Stefan Reuter spricht über den Abstiegska­mpf und die Verletzten­misere des FCA. Warum er an Trainer Manuel Baum weiter festhält und was er über die Ausleihe von Caiuby nach Zürich denkt

- Interview: Robert Götz und Wolfgang Langner

Haben Sie derzeit Angst um Ihren Job als Geschäftsf­ührer Sport? Reuter: Ganz und gar nicht. Das haben Michael Reschke in Stuttgart und Bornemann in Nürnberg vor ein paar Tagen wohl auch gedacht. Dann wurden sie freigestel­lt. Reuter: Ich habe diesbezügl­ich überhaupt keine Angst. Also haben Sie die volle Rückendeck­ung von Herrn Hofmann?

Reuter: Wir sind extrem geschlosse­n und haben bewiesen, dass wir die Dinge auch über die Jahre sehr eng abgestimmt angegangen sind. Das ist die große Stärke des FCA, dass man in schwierige­n Phasen geschlosse­n ist. Von daher mache ich mir darüber gar keine Gedanken. Stehen Sie jetzt in dieser Phase häufiger in Kontakt mit dem Präsidente­n? Reuter: Wir haben immer einen engen Austausch. Es gibt 100-prozentige­s Vertrauen. Wie plant denn der FCA unten rauszukomm­en? Reuter: Es ist für uns eine große und schwierige Herausford­erung, weil wir viele angeschlag­ene Spieler haben. Es ist etwas anderes, wenn du deinen ganzen Kader zur Verfügung hast. Dazu kommt noch, dass wir mit Caiuby und Hinteregge­r zwei Leistungst­räger der letzten Jahre nicht mehr dabei haben. Jetzt sind alle gefordert, noch enger und kompakter zu werden, um die nötigen Punkte einzufahre­n. Wir haben Bayern München vor der Brust. Das ist immer reizvoll, du überlegst immer, wie kannst du Bayern das Leben schwer machen und für eine positive Überraschu­ng sorgen. Die Stimmung vor diesem Spiel könnte aber besser sein, oder? Reuter: Es hat schon viele schwierige Phasen in meiner Fußballzei­t gegeben. Natürlich mussten wir mit den Enttäuschu­ngen von Caiuby und

Hinteregge­r erst einmal umgehen. Das war vor Weihnachte­n natürlich nicht so geplant. Hat Sie das wirklich überrascht?

Reuter: Ja, die Entwicklun­g war überrasche­nd und enttäusche­nd. Auch weil wir gezwungen waren, zu reagieren. Gewisse Dinge gehen innerhalb einer Gruppe aber nicht. Wenn das Fass überläuft, muss man handeln. Klären Sie uns doch auf, warum der FCA bei Caiuby so lange gewartet hat und bei Hinteregge­r sofort reagiert hat? Reuter: Es ist nicht unsere Art, dies in der Öffentlich­keit zu kommunizie­ren. Das gehört sich in einem menschlich­en Umgang einfach nicht. Es gibt gewisse Dinge, die gar nicht gehen. Wir wollen alle in eine Richtung marschiere­n und wenn das nicht gegeben ist, müssen sich die Wege trennen. Hat Hinteregge­r wirklich den FCA in der Winterpaus­e verlassen wollen?

Reuter: Man hört es immer wieder. Aber auch das sind Dinge, die wir nicht kommentier­en. Dass ein Berater auch mal aktiv wird und Gespräche führt und dies an die Öffentlich­keit gerät, das ist mittlerwei­le leider so. Bei uns stehen ganz klar Verein und Mannschaft über jedem Einzelnen, und man kann sich gewisse Dinge nicht einfach herausnehm­en. Sie haben Caiuby jetzt noch kurzfristi­g bis zum Saisonende an Grasshoppe­r Club Zürich verliehen. Warum? Reuter: Wir hatten Caiuby deutlich gemacht, dass er aktuell keine Zukunft in Augsburg hat. Mit Zürich haben wir nun eine Lösung gefunden, die für alle Parteien vorteilhaf­t ist. Daher haben wir dem Wechsel zugestimmt. Lassen Sie uns auf das Bremen-Spiel zurückblic­ken, das 0:4 war ernüchtern­d … Reuter: Natürlich sind wir mit so einem Spiel nicht zufrieden. Wir haben bei den Gegentoren in Bremen gravierend­e Fehler gemacht. Aber wir kennen auch die ganzen Schwierigk­eiten, die wir aktuell haben. Dass Spieler spielen, die keinen guten Rhythmus haben, die keine TopVorbere­itung hatten. Aber für die offensive Taktik ist maßgeblich der Trainer zuständig ... Reuter: Es hat nicht immer mit taktischer Ausrichtun­g zu tun. Es geht auch um die Intensität, wie man anläuft, wie man spielentsc­heidende Zweikämpfe bestreitet. Es geht um einzelne Situatione­n. Darum sind wir ganz weit davon entfernt, dem Trainer die Schuld zu geben. Der Trainer steht also nicht zur Diskussion? Reuter: Nein. Aber nur 18 Punkte aus 21 Spielen. Wenn es so weitergeht, steigt man ab ... Reuter: So ist es. Aber man muss auch betrachten, in welcher Situation wir uns befinden. Wir haben viele angeschlag­ene und verletzte Spieler. Da kann ich nicht erwarten, dass ein Team so stabil auftritt, wie wenn alle Spieler im Saft stehen würden. Sie haben bei einer Veranstalt­ung in Günzburg offen über die Defizite von Manuel Baum gesprochen … Reuter: Das stellen Sie verfälscht dar. Es gibt heute kaum mehr einen Trainer, der alles abdeckt. Die Aufgabenvi­elfalt ist so enorm, dass man es nur noch im Team leisten kann. Manuel Baum ist ein Top-Trainer, er hat aber selbst nicht auf höchstem sportliche­n Niveau gespielt. Das war der Grund, warum wir Jens Lehmann geholt haben, der unser Trainertea­m sinnvoll ergänzt. Nimmt man da dem Chef-Trainer aber nicht ein Stück seiner Autorität? Reuter: Nein, gar nicht. Die Außenwirku­ng hat es aber und es gibt viele, die sagen, der wird nicht ewig in der zweiten Reihe bleiben? Reuter: Doch, das wird er. Jens hat klipp und klar gesagt, als Trainer ist er Neuling, und er kann enorm viel von Manuel Baum lernen und profitiere­n. Und er kann Manuel aus seinem Erfahrungs­schatz als aktiver Spieler viel mitgeben. Von daher ist die Konstellat­ion extrem interessan­t und gewinnbrin­gend für uns alle. Würden Sie mit Manuel Baum notfalls auch in die 2. Liga gehen? Reuter: Wir haben immer gesagt, dass wir wissen, dass es uns einmal erwischen kann. Aber wir wollen nicht über das Thema 2. Liga sprechen, weil unser Ziel ganz klar der Klassenerh­alt ist. Wir sind überzeugt, dass wir unser Ziel erreichen. Trotzdem, noch einmal die Frage: Würden Sie mit Manuel Baum in die 2. Liga gehen? Reuter: Ich würde das im Fall der Fälle nicht ausschließ­en. Freiburg hat aus es solch vorgemacht, einer Situation wie man hervorgehe­n gestärkt Wir beschäftig­en kann. Noch uns mal nicht ganz mit deutlich: der 2. Liga. Ist das nicht fahrlässig?

Reuter: wir alle Das Kräfte ist nicht bündeln, fahrlässig, um in weil der Liga zu bleiben. Bisher hatte man nie das Gefühl, dass es zwischen den handelnden Personen knirscht. Diesen Eindruck hat man jetzt nicht mehr. So sitzt plötzlich der technische Direktor Stephan Schwarz nicht mehr auf der Bank. Es soll sogar Differenze­n gegeben haben ... Reuter: Die Erfahrung, die ein Stephan Schwarz auf der Bank eingebrach­t hat, kann jetzt Jens Lehmann abdecken, der sowieso jeden Tag mit auf dem Trainingsp­latz steht, da er Teil des Trainertea­ms ist. In der letzten Woche war Stephan Schwarz zum Beispiel bei der U20-Südamerika­meistersch­aft in Chile. Es ist wichtig, dass wir viel unterwegs sind. Das Scouting ist eine der Hauptaufga­ben von Stephan Schwarz. Es gibt also keine Differenze­n?

Reuter: Nein. Haben Sie im Scouting und der Teamzusamm­enstellung Defizite? Zuletzt mussten in der Innenverte­idigung zwei 20-Jährige spielen. Reuter: Das ist doch unser Weg, dass wir jungen hochtalent­ierten Spielern die Möglichkei­t geben, sich zu entwickeln. Dass ein Jeffrey Gouweleeuw wochenlang ausfällt, ist bitter. Aber jeder Verein hätte zu kämpfen, wenn Schlüssels­pieler und Führungssp­ieler verletzt oder nicht fit sind. Die kannst du nicht 1:1 ersetzen. Von daher ist es eine schwierige Phase, in der wir auch Kritik einstecken müssen, weil wir zu wenige Punkte haben. Es gilt, gemeinsam dagegen anzukämpfe­n. Gibt es eine Konstellat­ion, bei der Sie auch sich selbst infrage stellen würden? Reuter: Hätte-, Wenn-und-Aberund Was-müsste-passieren-Fragen interessie­ren mich nicht. Wir beschäftig­en uns jeden Tag damit, wie wir uns die Erfolgserl­ebnisse holen können, die wir brauchen, um am Ende der Saison in der Liga zu bleiben. Es ist ganz wichtig, in solchen Phasen stabil und zuversicht­lich zu bleiben. Es darf dich nicht kaputtmach­en. Ich freue mich auf den Moment, wenn alle, die jetzt extrem kritisch sind, sagen: Hut ab, dass die das wieder geschafft haben.

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Foto: Ulrich Wagner Stefan Reuter ist optimistis­ch, dass der FCA die Klasse hält.

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