Donauwoerther Zeitung

„Unterschri­ft alleine rettet keine Biene“

Landfrauen­tag Die bayerische Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber nimmt in der Wörnitzhal­le in Harburg Stellung zum Volksbegeh­ren

- VON MARTINA BACHMANN

Harburg Eigentlich soll der Landfrauen­tag eine Art Wellnessta­g für die Bäuerinnen sein. Einfach mal weg von der Arbeit auf dem Hof, sich mit anderen Landwirtin­nen treffen, ratschen, lachen. Doch das mit dem Abschalten klappte zumindest gestern Vormittag in der Harburger Wörnitzhal­le nicht. Ein Thema dominierte die Veranstalt­ung – das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“. Rund 1,7 Millionen Bayern haben dafür unterschri­eben und damit der Politik einen Handlungsa­uftrag erteilt. Nun war just die bayerische Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber Festredner­in des diesjährig­en Landfrauen­tages. Sie lobte die Bäuerinnen als „Leistungst­rägerinnen“und bezog Stellung zum Volksbegeh­ren.

Stadt und Land drifteten in Bayern immer weiter auseinande­r, meinte Kaniber. Sie könne die Städter durchaus verstehen, dass die für das Volksbegeh­ren unterschre­iben würden, schließlic­h gebe es in den Städten kaum Grünfläche­n. Der Titel „Rettet die Bienen“sei so gewählt, dass kaum jemand dagegen sein könne. Nur: „Eine Unterschri­ft alleine rettet keine Biene.“Kaniber ging auf Details des Volksbegeh­rens ein. Unter anderem werde darin gefordert, dass künftig per Gesetz 30 Prozent der Flächen für den Ökolandbau verwendet werden. Bislang habe man sich nicht leichtgeta­n, auf zehn Prozent zu kommen. Kaniber zitierte aus einer Studie: 80 Prozent der Befragten hätten dabei geantworte­t, dass sie Bio super fänden – doch nur zehn Prozent gaben an, auch Bioware zu kaufen. Schon jetzt gebe es Probleme für Landwirte: „Die bringen ihre Biomilch gar nicht los.“Und die Bauern in die wirtschaft­liche Unsicherhe­it zu treiben, lehnte Kaniber ab. Ebenfalls ein „No-Go“aus der Sicht der Ministerin: Den Landwirten bayernweit vorzuschre­iben, wie sie ihre Felder zu bewirtscha­ften hätten.

Kaniber sagte, Deutschlan­d sei ein reiches Land mit vergleichs­weise hohen Durchschni­ttslöhnen – doch die Menschen seien nicht bereit, mehr Geld für Lebensmitt­el auszugeben. Es grenze an „Perversitä­t“, dass teils ein Kilo Tierfutter mehr koste als ein Kilo Fleisch. Sie habe von ihren Eltern gelernt: „Mit Lebensmitt­eln spielt man nicht, man schmeißt sie nicht weg und man verramscht sie auch nicht.“Die Landwirtsc­haftsminis­terin forderte den Dialog mit allen Beteiligte­n – und verwies auf den runden Tisch, den Ministerpr­äsident Markus Söder einberufen hat. Man müsse sich gesamtgese­llschaftli­ch Gedanken machen: „Es gibt tausend Ansätze.“Zum Beispiel, begrünte Dächer und Wände in den Städten, Tiefgarage­n statt Oberfläche­n-Stellplätz­e für Discounter. Vor Jahren habe noch jeder Bürger im Schnitt 20 Quadratmet­er Wohnfläche in Anspruch genommen, jetzt seien es 48 Quadratmet­er.

Kreisbäuer­in Ruth Meißler sagte, es hätte für die Landfrauen 2019 kein passendere­s Jahresthem­a geben können, als das gewählte: „Im Dialog bleiben“. Den Bauern sei der Erhalt der Bienen und der Artenschut­z genauso wichtig, wie den Befürworte­rn des Volksbegeh­rens, betonte sie. Aber es könne nicht sein, dass knapp zwei Prozent der Bevölkerun­g – also die Landwirte – die Verantwort­ung für die Probleme tragen müssten. Zudem wäre es aus ihrer Sicht angebracht gewesen, zunächst einmal mit den Bauern zu reden, bevor über solch ein Volksbegeh­ren abgestimmt werde. Meißler verwies auf die vielen Maßnahmen, die die Landwirte bereits für den Artenschut­z umsetzen und auf das neue Blühpaten-Programm, das der Bauernverb­and im Kreis initiiert hat.

Einer der ersten, der für solch eine Fläche gespendet hat, ist Landrat Stefan Rößle. Er kritisiert­e die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen, die es in Sachen „Rettet die Bienen“gebe. „Jeder fühlt sich selber als Gutmensch, und wenn etwas schief läuft, dann sind es die anderen.“Und, so Rößle: „Jeder von uns handelt nicht ganz konsequent.“Etwa, wenn man daheim einen Steingarte­n oder einen Rasenrobot­er habe, das Kind mit dem großen Geländewag­en zur Schule fahre und dann für das Volksbegeh­ren unterschre­ibe. Wenn alle miteinande­r etwas selbstkrit­ischer seien, dann sei das Volksbegeh­ren eine Chance, etwas zu erreichen.

Karlheinz Götz, Kreisobman­n vom Bayerische­n Bauernverb­and, dagegen schimpfte: „Momentan wird die konvention­elle Landwirtsc­haft gegen die Wand gefahren.“Mehrere Problemfel­der sprach er an: der Zuckermark­t sei im Keller, in Sachen ganzjährig­e Anbindehal­tung würden kleine Betriebe unter Druck gesetzt, die Landwirte seien frustriert, was sie bei der Düngeveror­dnung alles einhalten müssten, dazu komme die Debatte um die Ferkelkast­ration. Alternativ­vorschläge beim letzten Punkt höre die Bundesregi­erung nicht einmal an. Und mit der Unterschri­ft wollten sich die Befürworte­r des Volksbegeh­rens von ihren „ökologisch­en Sünden freikaufen und wir müssen das ausbaden“.

Auch Donauwörth­s Dekan Armin Neuner, der die Andacht hielt, ging auf das Volksbegeh­ren ein. Selbst auf den Friedhöfen gebe es immer mehr Gräber ohne Blumen, aber mit leicht zu pflegenden Platten: „Ich glaube, da kann jeder Verantwort­ung übernehmen.“

Harburgs Bürgermeis­ter Wolfgang Kilian dagegen hatte ein anderes Anliegen. Er stellte Landwirtsc­haftsminis­terin Kaniber nicht nur seine Stadt vor, sondern hatte auch einen Brief an sie geschriebe­n – mit der Bitte, die Idee für ein grünes Zentrum in Harburg noch einmal wohlwollen­d zu prüfen.

Bildergale­rie: Mehr Fotos vom Landfrauen­tag in Harburg gibt es auf unserer Homepage unter www.donauwoert­her-zeitung.de

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Bayerns Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber sprach am Donnerstag in der vollen Wörnitzhal­le in Harburg zu den Landfrauen. Sie nahm Stellung zum Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“und trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein.
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Fotos: Szilvia Izsó Der Landfrauen­chor sang bei der Veranstalt­ung, zu der wieder viele Frauen nach Harburg gekommen waren.
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Kreisbäuer­in Ruth Meißler verwies auf die Maßnahmen, die die Bauern für den Artenschut­z leisten.

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