Eine Show mit allem, was sie haben
Der Moskauer Circus gastiert in Nördlingen. Die Artisten legen sich für die Besucher ins Zeug
Nördlingen Ein Abend im „Moskauer Circus“in Nördlingen. Es ist kalt, das riesige Zelt ist nur zu einem Drittel gefüllt – und trotzdem bemüht sich die gesamte Zirkustruppe, dem Publikum ein – laut Programmheft – „…völlig neues internationales Galaprogramm zu bieten, das alles bisher hier Gezeigte übertrifft“. Spitzenartisten aus verschiedenen Ländern, die Besten der Besten, versprechen eine Circus-Gala von Weltformat. Diese Superlativen allein zeigen, verglichen mit der Realität, welch hartes Brot das Zirkusleben sein kann.
Es beginnt mit den drei Tonitos, die eine Seiltanznummer präsentieren, der versprochene Höhepunkt, der Salto rückwärts, gelingt nicht auf Anhieb, zeigt aber exemplarisch, wie leidenschaftlich die Artisten kämpfen. Sofort geht es noch einmal hoch auf das Seil und beim zweiten Mal klappt der Stunt, wenn auch mit einem Wackler. Der Zuschauer erlebt ein Programm, in dem sich die Künstler mit ihren relativ bescheidenen Mitteln an den perfekten Präsentationen der großen Zirkusse, Revuen und Fernsehproduktionen messen lassen müssen.
Beim Moskauer Circus kommt die Musik vom Band, leider etwas zu laut und scheppernd, die Stars müssen, wenn sie nicht gerade mit einer Nummer dran sind, bei Umbauten mithelfen. So ist Clown Oleg nicht nur in den Pausen zur Bespaßung des Publikums aktiv, sondern auch als „Türsteher“bei Robano Kübler mit seiner Tigergruppe. Und auch der Zentralkäfig für eben diese Nummer wird praktisch von allen Artisten auf- und wieder abgebaut. Mit drei Tigern arbeitet Kübler und im ersten Teil des Programms bietet er eine Nummer, seine Hunde-Revue, mit acht putzmunteren Tieren plus Pony.
Die Qualität ist anzuerkennen, die auch in diesem Rahmen geboten wird: Die Artisten legen sich ambitioniert ins Zeug und präsentieren ihre Shows mit allem, was sie haben. „Miss Veronica“am WashingtonTrapez genauso wie „Miss Thalia“am sogenannten Luftring. Sie zeigen ihre Kunst meist ohne jede Sicherung, immerhin in zwölf Metern Höhe. „Sascha“, ein junger Muskelmann an den „Strapaten“, würde auch jeden Bundesliga-Ringeturner mit seiner Kraft und Präzision zum Staunen bringen, genauso wie Leo Navas, der an Trapezen arbeitet und seinen „Deckenlauf“über Kopf (auch der ohne jede Sicherung) zeigt.
Bei der „Tonito-Family“auf dem Trampolin gelingt der unvermeidliche „Salto Mortale“ebenfalls nicht beim ersten Mal, die Artistin verletzt sich dabei am Kinn, zeigt aber keine Schmerzen und turnt den Sprung gleich noch mal, diesmal perfekt. Um gleich danach im „Duo Madison“im Liegen Bälle zu jonglieren und mit ihrer Partnerin Tücher rotieren zu lassen. Schön, wenn es die gute alte Zirkuszeit noch gäbe, dann würden diese tollen Leistungen wohl besser gewürdigt werden als heutzutage.