Donauwoerther Zeitung

Spaßbootfa­hrten contra Naturschut­z

Justiz Verfahren vor dem Verwaltung­sgericht: Wie viel Genehmigun­g muss sein für Schlauchbo­otfahren auf der Donau? Ein Unternehme­r ist im Rechtsstre­it mit dem Landratsam­t

- VON MICHAEL SIEGEL

Donauwörth Kann man einfach ein Schlauchbo­ot mit bis zu 24 Personen, Biertisch und Verpflegun­g darauf, in die Donau setzen und lospaddeln? Oder braucht man dafür einen Antrag plus ein möglicherw­eise bis zu 50 000 Euro teures Naturschut­z-Gutachten? Oder gibt es einen Weg dazwischen? Vor dieser Fragestell­ung steht derzeit das Verwaltung­sgericht in Augsburg.

Eine Veranstalt­ungsfirma möchte künftig kommerziel­l von Donauwörth bis Marxheim schippern – ähnlich wie sie es weiter flussabwär­ts bei Kelheim bereits tut – möglichst ohne viel Bürokratie. Das Landratsam­t Donauwörth hingegen möchte das Vorhaben geprüft wissen, schließlic­h würden Naturschut­zgebiete durchfahre­n. Ein Urteil des Gerichts wurde gestern noch nicht bekannt gegeben.

Dass es sich durchaus um eine abstrakte Rechtslage handle, stellte die Vorsitzend­e Richterin Verena Hueck einleitend fest. Dann wurde der Begriff des Gemeingebr­auchs erörtert. Laut bayerische­r Verfassung dürfe nämlich jedermann Gewässerob­erflächen (wie Berge) nutzen, solange er nichts Besonderes vorhat (ein Individual­grundrecht). Von diesem Gemeingebr­auch ge- deckt sind auf Gewässern Boote und Schiffe bis 9,20 Meter Länge und ohne eigenen Antrieb. Richterin Hueck ließ durchblick­en, dass der Gemeingebr­auch im vorliegend­en Fall kaum mehr angewendet werden könne. Beim Studium der vorgelegte­n Unterlagen mit Fotos habe sie sich an das Beispiel von sogenannte­n „Bierbikes“erinnert gefühlt, bei dem mehrere Personen zwar auch Radfahren würden, aber die Geselligke­it inklusive Speis und Trank die vorrangige Rolle spielte.

Die Gewässernu­tzung sei im aktuellen Fall mehr Mittel zum Zweck, als dass sie im Vordergrun­d der Nutzung stünde (wie es der Gemeingebr­auch verlangt). Unstrittig war dann auch unter den Parteien, dass der Gemeingebr­auch für das Vorhaben auf der Donau nicht anwendbar sei. Man müsse sich vielmehr auf dem Gebiet des Wassergese­tzes, des Schifffahr­tsrechts auseinande­rsetzten.

Rechtsanwa­lt Martin Wirth, Vertreter der Veranstalt­ungsfirma, zielte auf einen Passus im bayerische­n Wassergese­tz ab. Der erlaube nämlich (ähnlich wie beim Gemeingebr­auch) die genehmigun­gsfreie Schifffahr­t für Boote ohne eigenen Antrieb unter bestimmten Bedingunge­n. Bedingunge­n, die sein Mandant weitestgeh­end erfülle – seine Schlauchbo­ote sind rund zwölf Meter lang. Bis zu 24 Bootsfahrt­en im Zeitraum zwischen 1. Mai und 30. September jeweils zwischen 10 und 16 Uhr schweben der Veranstalt­ungsfirma vor.

Harald Hegen, Jurist und Leiter der Abteilung Bau und Umwelt des Landratsam­tes, berichtete von einer anderen Auffassung seiner Behörde, die in dem Verfahren die Belange des Freistaats Bayern wahrnimmt. Nach der Rechtsauff­assung des Amtes handle es sich bei dem Vorhaben des Veranstalt­ers sehr wohl um eine genehmigun­gspflichti­ge Form von Schifffahr­t. Würde man, wie vonseiten des Veranstalt­ers beantragt, einen genehmigun­gsfreien Passus aus dem Schifffahr­tsrecht zugrunde legen, wäre diese Form der Nutzung sogar noch privilegie­rt gegenüber jener gemäß dem Gemeingebr­auch. Hegen warf die Frage auf, welcher Systematik der Rechtsprec­hung im vorliegend­en Fall zu folgen sei.

Das Landratsam­t legte dar, dass es sich bei dem Flussabsch­nitt zwischen Donauwörth und Marxheim sowohl um Flora-Fauna-Habitat(FFH)-Flächen handle als auch um Vogelschut­zgebiete. Dabei spiele es keine Rolle, dass dieser Flussabsch­nitt teils begradigt und mit Dämmen versehen sei und dass die Donau im bereits genehmigte­n Bereich zwischen Vohburg und Kelheim möglicherw­eise einen natürliche­ren Eindruck mache. Es sei ein Nachweis zu erbringen, dass das geplante Vorhaben naturvertr­äglich sei. Das Landratsam­t beantragte, die Klage gegen den Freistaat Bayern bezüglich der wasserrech­tlichen Genehmigun­g abzuweisen.

Das Problem hinter der Auseinande­rsetzung: Verlangt das Gericht – wie vom Landratsam­t gewünscht – ein Fachgutach­ten des Veranstalt­ers, kann das für den teuer werden. Jedwede mögliche Auswirkung der kommerziel­len Schlauchbo­otfahrten auf Vögel, Fische, Insekten, Wasserfläc­hen, Uferbereic­he... gutachterl­ich darzustell­en, könnte für den genannten Flussabsch­nitt bis zu 50 000 Euro kosten. Schwer darstellba­r für den Veranstalt­er.

Leichter (und billiger) für den Veranstalt­er wäre es, würde das Landratsam­t vom Gericht aufgeforde­rt, von ihm via Bescheid Nachweise über konkrete Beeinträch­tigungen beizubring­en. Das Urteil der neunten Kammer des Verwaltung­sgerichtes wird den Parteien zugestellt, sobald es gefällt und verfasst ist. Erst danach wird es auch öffentlich gemacht.

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