Spaßbootfahrten contra Naturschutz
Justiz Verfahren vor dem Verwaltungsgericht: Wie viel Genehmigung muss sein für Schlauchbootfahren auf der Donau? Ein Unternehmer ist im Rechtsstreit mit dem Landratsamt
Donauwörth Kann man einfach ein Schlauchboot mit bis zu 24 Personen, Biertisch und Verpflegung darauf, in die Donau setzen und lospaddeln? Oder braucht man dafür einen Antrag plus ein möglicherweise bis zu 50 000 Euro teures Naturschutz-Gutachten? Oder gibt es einen Weg dazwischen? Vor dieser Fragestellung steht derzeit das Verwaltungsgericht in Augsburg.
Eine Veranstaltungsfirma möchte künftig kommerziell von Donauwörth bis Marxheim schippern – ähnlich wie sie es weiter flussabwärts bei Kelheim bereits tut – möglichst ohne viel Bürokratie. Das Landratsamt Donauwörth hingegen möchte das Vorhaben geprüft wissen, schließlich würden Naturschutzgebiete durchfahren. Ein Urteil des Gerichts wurde gestern noch nicht bekannt gegeben.
Dass es sich durchaus um eine abstrakte Rechtslage handle, stellte die Vorsitzende Richterin Verena Hueck einleitend fest. Dann wurde der Begriff des Gemeingebrauchs erörtert. Laut bayerischer Verfassung dürfe nämlich jedermann Gewässeroberflächen (wie Berge) nutzen, solange er nichts Besonderes vorhat (ein Individualgrundrecht). Von diesem Gemeingebrauch ge- deckt sind auf Gewässern Boote und Schiffe bis 9,20 Meter Länge und ohne eigenen Antrieb. Richterin Hueck ließ durchblicken, dass der Gemeingebrauch im vorliegenden Fall kaum mehr angewendet werden könne. Beim Studium der vorgelegten Unterlagen mit Fotos habe sie sich an das Beispiel von sogenannten „Bierbikes“erinnert gefühlt, bei dem mehrere Personen zwar auch Radfahren würden, aber die Geselligkeit inklusive Speis und Trank die vorrangige Rolle spielte.
Die Gewässernutzung sei im aktuellen Fall mehr Mittel zum Zweck, als dass sie im Vordergrund der Nutzung stünde (wie es der Gemeingebrauch verlangt). Unstrittig war dann auch unter den Parteien, dass der Gemeingebrauch für das Vorhaben auf der Donau nicht anwendbar sei. Man müsse sich vielmehr auf dem Gebiet des Wassergesetzes, des Schifffahrtsrechts auseinandersetzten.
Rechtsanwalt Martin Wirth, Vertreter der Veranstaltungsfirma, zielte auf einen Passus im bayerischen Wassergesetz ab. Der erlaube nämlich (ähnlich wie beim Gemeingebrauch) die genehmigungsfreie Schifffahrt für Boote ohne eigenen Antrieb unter bestimmten Bedingungen. Bedingungen, die sein Mandant weitestgehend erfülle – seine Schlauchboote sind rund zwölf Meter lang. Bis zu 24 Bootsfahrten im Zeitraum zwischen 1. Mai und 30. September jeweils zwischen 10 und 16 Uhr schweben der Veranstaltungsfirma vor.
Harald Hegen, Jurist und Leiter der Abteilung Bau und Umwelt des Landratsamtes, berichtete von einer anderen Auffassung seiner Behörde, die in dem Verfahren die Belange des Freistaats Bayern wahrnimmt. Nach der Rechtsauffassung des Amtes handle es sich bei dem Vorhaben des Veranstalters sehr wohl um eine genehmigungspflichtige Form von Schifffahrt. Würde man, wie vonseiten des Veranstalters beantragt, einen genehmigungsfreien Passus aus dem Schifffahrtsrecht zugrunde legen, wäre diese Form der Nutzung sogar noch privilegiert gegenüber jener gemäß dem Gemeingebrauch. Hegen warf die Frage auf, welcher Systematik der Rechtsprechung im vorliegenden Fall zu folgen sei.
Das Landratsamt legte dar, dass es sich bei dem Flussabschnitt zwischen Donauwörth und Marxheim sowohl um Flora-Fauna-Habitat(FFH)-Flächen handle als auch um Vogelschutzgebiete. Dabei spiele es keine Rolle, dass dieser Flussabschnitt teils begradigt und mit Dämmen versehen sei und dass die Donau im bereits genehmigten Bereich zwischen Vohburg und Kelheim möglicherweise einen natürlicheren Eindruck mache. Es sei ein Nachweis zu erbringen, dass das geplante Vorhaben naturverträglich sei. Das Landratsamt beantragte, die Klage gegen den Freistaat Bayern bezüglich der wasserrechtlichen Genehmigung abzuweisen.
Das Problem hinter der Auseinandersetzung: Verlangt das Gericht – wie vom Landratsamt gewünscht – ein Fachgutachten des Veranstalters, kann das für den teuer werden. Jedwede mögliche Auswirkung der kommerziellen Schlauchbootfahrten auf Vögel, Fische, Insekten, Wasserflächen, Uferbereiche... gutachterlich darzustellen, könnte für den genannten Flussabschnitt bis zu 50 000 Euro kosten. Schwer darstellbar für den Veranstalter.
Leichter (und billiger) für den Veranstalter wäre es, würde das Landratsamt vom Gericht aufgefordert, von ihm via Bescheid Nachweise über konkrete Beeinträchtigungen beizubringen. Das Urteil der neunten Kammer des Verwaltungsgerichtes wird den Parteien zugestellt, sobald es gefällt und verfasst ist. Erst danach wird es auch öffentlich gemacht.