Die Säulenstrategie von Strenesse
Hintergrund Das Nördlinger Traditionsmodeunternehmen ist immer noch im Umbruch. Jetzt wurde neun Mitarbeitern gekündigt. Ist der Optimismus in der Führungsetage gerechtfertigt?
Nördlingen Vor gut einem Jahr war der Optimismus bei Strenesse groß. Termine im Berliner Salon bei der Modewoche (Fashion-Week), Aufträge über Aufträge und die frühere Chefredakteurin der Zeitschrift InStyle, Anette Weber, als Markenbotschafterin. Der damalige Geschäftsführer der Strenesse New GmbH, Jürgen Gessler, verabschiedete sich mit froher Botschaft aus dem Unternehmen: Es gehe bergauf, er habe seinen Job erledigt. Gessler gab Interviews und sprach vom Wachstumspfad, Zuwächsen im Onlinebereich und im Verkauf – auch gegenüber unserer Zeitung. Strenesse hat in den Luxusmarkt investiert. Still und heimlich zog aber auch das Kreativteam von Nördlingen nach München. Die neue Geschäftsführerin, das frühere Model und die Leiterin einer Agentur, Micaela Sabatier, übernahm die Strenesse New GmbH. Dann wurde es stiller. Der Optimismus brennt derzeit auf kleiner Flamme. Aber es gibt ihn noch.
Hinter den Kulissen bestimmen aber weiter nicht mehr nur die neue Geschäftsführung das Geschehen, sondern externe Akteure. Die Immobilien der Strenesse AG in Nördlingen zählten zur Konkursmasse. Sie wurden verkauft, die Strenesse New GmbH wurde zum Mieter. Nun gibt es fortgeschrittene Bau- pläne für das Strenesse-Areal. Ein neues Wohnviertel in Nördlingen wird in mehreren Bauabschnitten errichtet, und klar ist, dass die zuständige Immobilienfirma Wohnpark Neue Mitte aus Mertingen ab Herbst die Bagger anrollen lässt. Industriehallen, in denen unter anderem Lager und Kantine untergebracht waren, werden abgerissen. Das Lager übernimmt nun ein externer Dienstleister aus München. Der Verwaltungssitz am Eichendorffplatz wird umgebaut.
Im Zuge dieser Entwicklungen musste Strenesse neun Mitarbeitern des Lagers kündigen – rund zehn Prozent der Beschäftigten in Nördlingen. Hinter hervorgehaltener Hand heißt es, dass Strenesse bei der Suche nach einem Lagerplatz zu lange gewartet habe. So seien Räume auf dem Kathrein-Gelände im Gespräch gewesen. Aus dieser Lösung sei allerdings nichts geworden.
Einige der entlassenen Angestellten waren laut IG Metall nur wenige Stunden pro Woche angestellt. Von Strenesse heißt es auf Anfrage, dass es sich bei den entlassenen Mitarbeitern sowohl um Vollzeit- als auch um Teilzeitkräfte handelte. IG-Metall-Vertreter Björn Kannler, der bis zum Herbst für den Modebe- reich und somit auch Strenesse zuständig war, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Wir haben versucht, die Mitarbeiter über den Betriebsrat in anderen Betrieben unterzubringen.“Weil sie allerdings mit reduzierter Arbeitszeit angestellt waren, sei es schwierig gewesen, sie weiterzuvermitteln.
Wie geht es nun weiter mit Strenesse? Wie ist es um den Optimismus wirklich bestellt? Mitarbeiterentlassungen und das Ende von Outlet-Läden in Berlin und Metzingen, die vorübergehende Einstellung der Herrenlinie und des Verkaufs von Accessoires deutet eher auf klamme Zeiten hin.
Gewerkschaftssekretär Kilian Krumm, der inzwischen für Strenesse zuständig ist, sagte, dass die IG Metall und der Betriebsrat die laufenden Prozesse im Rahmen der gesetzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten eng begleiten würden. Dass in das Verwaltungsgebäude investiert werde, sei für viele Beteiligten ein gutes Zeichen. „Nach meinem ersten Eindruck wächst Strenesse in wichtigen Marktsegmenten, in anderen gestaltet sich eine positive Entwicklung schwieriger. Eine genaue Beurteilung ist für uns noch zu früh. Wir setzen sehr auf das Management, darauf, dass die richtigen Weichen gestellt wurden und werden“, sagte Krumm. In Bezug auf die Entlassungen ist jedoch keine Euphorie angebracht. Krumm meint: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben bei Strenesse in den letzten Jahren bekannterweise viel mitgemacht. Dass Veränderungen stets kritisch beäugt werden und Ängste auslösen können, liegt in Natur der Sache. Umso mehr ist es die Aufgabe der Geschäftsführung, auf die Arbeitnehmerseite zuzugehen und gute Lösungen zu finden.“
Die wiederum ist der Meinung, auf dem richtigen Weg zu sein. Sabatier und ein Berater sprechen von der Zukunftsstrategie auf drei Säulen: dem nationalen Großhandel, der Internationalisierung mit den Showrooms in Mailand und New York und dem eigenen Internetangebot, das im Frühjahr neu gestaltet wird. „Wir wollen uns somit dem Strukturwandel stellen. Das Einkaufsverhalten von Großkunden und auch das im Einzelhandel hat sich verändert. Der Druck des Onlinehandels ist groß, und die Lebenszyklen der Mode werden kürzer“, sagt Geschäftsführerin Sabatier. Das treffe allerdings die ganze Branche.
Zu den geschlossenen Outlets in Metzingen und Berlin heißt es vonseiten des Unternehmens, dass Vertriebskanäle und Standorte hinterfragt würden, die nicht wirtschaftlich erscheinen. Das Outlet in Nördlingen will die Firma halten. Dort soll laut Geschäftsführung zu einem späteren Zeitpunkt auch die Herrenlinie abverkauft werden.
Investitionen gelten als gutes Zeichen