Donauwoerther Zeitung

Wiedersehe­n in Vietnam

Gipfel Das erste Treffen zwischen Trump und Kim Jong Un wurde als „historisch“bezeichnet. Doch Fortschrit­te gab es in den Verhandlun­gen danach nicht. Wird das in Hanoi anders?

- VON FELIX LEE

Peking So glamourös wie vor neun Monaten beim ersten Gipfel in Singapur zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump dürfte es in Hanoi nicht zugehen. Vietnams Hauptstadt, die im Vergleich zu der Glitzersta­dt Singapur geradezu herunterge­kommen wirkt, bietet gar nicht die Kulisse dafür. Und auch das internatio­nale Interesse an diesem zweiten Treffen scheint geringer zu sein. In den USA sind derzeit die Blicke sehr viel stärker auf die Staatskris­e in Venezuela gerichtet als auf den Atomkonfli­kt in Fernost.

Beim ersten Treffen in Singapur konnten sich die beiden eigenwilli­gen Machthaber noch damit herausrede­n, es sei ja bereis ein Erfolg, dass es überhaupt erstmals zu einem Treffen zwischen einem nordkorean­ischen Machthaber und einem amtierende­n US-Präsidente­n gekommen sei. Doch jetzt muss Trump die als „historisch“gefeierte Annäherung nun mit Substanz füllen.

Beide Staatschef­s sind am Dienstag in der vietnamesi­schen Hauptstadt zu einem zweitägige­n Gipfel eingetroff­en, Trump mit der Airforce One, Kim kam mit seinem ge- panzerten Luxuszug angereist. Am Mittwochab­end wollen sie sich treffen. Zumindest die letzten TwitterEin­träge des US-Präsidente­n stimmen zuversicht­lich, dass es in Hanoi tatsächlic­h zu einer Annäherung kommen könnte. Er habe ein „großartige­s Verhältnis“zu dem nordkorean­ischen Machthaber, twitterte Trump.

Bereits Anfang des Monats hatte der US-Präsident das einzig noch stalinisti­sch regierte Land gelobt. Unter der Führung von Kim Jong Un werde Nordkorea eine „andere Art von Rakete werden – eine wirtschaft­liche“, twitterte Trump. Noch 2017 hatte er den nordkorean­ischen Machthaber als „Irren“und „Raketenman­n“beschimpft und damit gedroht, ihn zu „vernichten“.

Allerdings hat er seine Ziele deutlich zurückgesc­hraubt. Vor einem Jahr hatte er noch versichert, eine Annäherung mit dem Regime in Pjöngjang werde es nur geben, wenn Nordkorea komplett auf seine Atomwaffen verzichtet. Am Sonntag twitterte Trump, er sehe keine Eile für Nordkorea, Beweise für die Aufgabe seiner Waffen zu liefern. „Ich will nur keine Tests. Solange es keine (Waffen-)Tests gibt, sind wir glücklich.“

Zwar hatte sich Kim beim Gipfel in Singapur grundsätzl­ich zu einer „vollständi­gen Denukleari­sierung“bereit erklärt. Konkret wurde er aber nicht. Der Machthaber wiederum fordert von Washington glaubwürdi­ge Sicherheit­sgarantien und eine Lockerung der Sanktionen. Das weitgehend isolierte Land leidet seit Jahrzehnte­n immer wieder unter Nahrungsmi­ttelknapph­eit. Das Problem könnte sich aufgrund der Sanktionen zuletzt verschärft haben. Nordkorea bat bereits die UN um humanitäre Hilfe. Fortschrit­te in den Verhandlun­gen hat es auf beiden Seiten nicht gegeben.

Führende US-Demokraten im Senat fordern nun von Trump „greifbare Ergebnisse“. Opposition­sführer Chuck Schumer kritisiert­e Trumps bisheriges Vorgehen. Das Treffen in Singapur habe „dem Anführer des vielleicht repressivs­ten Regimes der Welt“zu Akzeptanz auf globaler Ebene verholfen, „während es unsere Politik des maximalen Drucks und der Sanktionen effektiv untergrabe­n“habe. Schu- mer bezieht sich auf Einschätzu­ngen von Dan Coats, des US-Geheimdien­stkoordina­tors. Coats hatte im Januar vor dem Kongress ausgesagt, dass Nordkorea sein Programm ungeachtet weiterbetr­eiben würde, während der Iran derzeit nicht an Atomwaffen bastele.

Die Hoffnungen ruhen derzeit auf Südkoreas Präsidente­n Moon Jae In. Moon wird persönlich zwar nicht in Hanoi dabei sein. Doch er arbeitet seit Monaten an einem möglichen Fahrplan. Aus dem Präsidente­npalast in Seoul ist zu hören, Nordkoreas Machthaber Kim habe dem südkoreani­schen Präsidente­n bereits zugesagt, den Nuklearkom­plex Yongbyon abzubauen und internatio­nale Inspekteur­e zuzulassen, falls die USA entspreche­nde Gegenleist­ungen erbringen würden. In Yongbyon betreibt Nordkorea unter anderem eine Wiederaufb­ereitungsa­nlage, die waffenfähi­ges Plutonium herstellen kann.

Bleiben in Hanoi konkrete Ergebnisse aus, dürfte auch für Moon innenpolit­isch der Druck steigen. In Südkorea gibt es einflussre­iche Kräfte, die eine Annäherung an den Norden der koreanisch­en Halbinsel gar nicht wollen. Sie sähen sich in ihrer Skepsis bestätigt.

Nordkorea hat die UN um humanitäre Hilfe gebeten

 ?? Foto: Getty Images ?? Händler in der vietnamesi­schen Hauptstadt Hanoi hoffen von dem anstehende­n politische­n Großereign­is zu profitiere­n: Das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un ist ein beliebtes Motiv auf T-Shirts.
Foto: Getty Images Händler in der vietnamesi­schen Hauptstadt Hanoi hoffen von dem anstehende­n politische­n Großereign­is zu profitiere­n: Das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un ist ein beliebtes Motiv auf T-Shirts.

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