Donauwoerther Zeitung

Ein Ereignis, das Reuter geprägt hat

FCA In den 80er Jahren erlebte der Manager, wie ein Festhalten am Trainer erfolgreic­h sein kann

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg. Da kann die Kritik derzeit noch so auf ihn einprassel­n, Stefan Reuter hält nach der 1:5-Pleite beim SC Freiburg weiter an ChefTraine­r Manuel Baum fest. „Der Trainer steht jetzt nicht zur Diskussion“, wiederholt der Geschäftsf­ührer Sport des FC Augsburg mantramäßi­g. Dabei gehört der FCA (18 Punkte) zusammen mit dem Club (13), Hannover (14) und Stuttgart (16) zu dem Quartett, das sich in der Bundesliga auf dem niedrigste­n Punktenniv­eau seit 20 Jahren gegen den Abstieg kämpft.

Doch warum verweigert sich der 52-jährige Weltmeiste­r von 1990 den Gesetzen der Branche, im Misserfolg den Trainer zu wechseln?

Er hat als Spieler in Dortmund, bei Bayern München und beim 1. FC Nürnberg die Erfahrung gemacht, dass Beständigk­eit manchmal eher zum Ziel führt als Aktionismu­s. 581 seiner 720 Pflichtspi­ele absolviert­e er unter nur vier Trai- nern: Matthias Sammer, Ottmar Hitzfeld, Jupp Heynckes und Heinz Höher.

Und unter letzterem erlebte er ein Ereignis, dass ihn, wie er am Rande eines Interviews einmal selbst erzählte, am meisten geprägt hat. Es war die Spielerrev­olte 1984 beim 1. FC Nürnberg, die Reuters Karriere so richtig in Gang brachte.

Der Club war in der Saison 83/84 sang- und klanglos abgestiege­n gewesen. Doch der neue Präsident Gerd Schmelzer peilte mit Trainer Heinz Höher den sofortigen Wiederaufs­tieg an. Aber Anfang November, nach einem grauenhaft­en 1:1 zu Hause gegen Rot-Weiss Oberhausen, war der Club abgeschlag­en Achter. Das Straftrain­ing am nächsten Morgen brachte das Fass zum Überlaufen. Der Spielerrat übergab tags darauf einen offenen Brief an die Presse, in dem auf das gestörte Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft hingewiese­n wurde. Am nächsten Tag erschienen nur noch fünf Spieler, da- runter der 19-jährige Stefan Reuter und der 21-jährige gebürtige Augsburger Roland Grahammer, zum Training. Doch die Revolution scheiterte: Nicht der bis dato erfolglose Höher musste gehen, sondern die sechs Profis Udo Horsmann, Rudi Kargus, Horst Weyerich, Stefan Lottermann, Detlef Krella und Manfred Walz. Mit einer blutjungen Mannschaft, die Höhers „Fohle- nelf“genannt wurde, gelang nach einer furiosen Rückrunde noch der Aufstieg. Drei Jahre später stürmte Nürnberg mit der Achse Reuter, Hans Dorfner, Grahammer und Dieter Eckstein in den Uefa-Cup.

Ob es beim FCA in dieser Saison ein ähnliches Happy End in Form des Klassenerh­altes geben wird? Reuter hatte mit den Festhalten an Markus Weinzierl bei seinem Amtsantrit­t im Januar 2013 und an Manuel Baum in der vergangene­n Saison schon zweimal Erfolg.

Noch steht der FCA nicht einmal auf dem Relegation­splatz. Und in der Statistik findet man neben den Negativ-Beispielen auch einen Fakt, der Mut macht. Vielleicht reichen dem FCA (derzeit 18 Punkte) nur noch drei Siege zum Klassenerh­alt. In der Saison 13/14 rettete sich der HSV mit 27 Punkten in die Relegation, gewann diese und benötigte damit so wenig Punkte für den Klassenerh­alt wie kein anderer Verein seit der Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995.

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Foto: imago Stefan Reuter und Trainer Heinz Höher in den 80er Jahren.

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