Die Angst vor der „Schweine-Mafia“
Der geplante Mastschweinestall bei Altisheim und Leitheim steht im Mittelpunkt einer Bürgerversammlung. Bauantrag geht jetzt ans Landratsamt
Kaisheim-Altisheim Die Angst, dass auf der Anhöhe über dem Donautal ein immer größerer Schweinemastbetrieb entsteht, ist bei vielen Bürgern in Altisheim und Leitheim offenbar groß. Zu einer Bürgerversammlung für die beiden Kaisheimer Ortsteile mit ihren zusammen knapp 600 Bewohnern kamen am Mittwoch rund 130 Personen. Ein Großteil der Anwesenden, die sich zu Wort meldeten, sehen das Projekt eines Landwirts kritisch und fürchten, dass bei diesem ein Konzern einsteigen könnte – mit der Folge, dass weitere Ställe unweit der beiden Dörfer entstehen.
Bekanntlich will der Landwirt etwa einen Kilometer nördlich von Altisheim und nordwestlich von Leitheim einen Stall für bis zu 920 Mastschweine bauen – neben einem Stall für 210 Zuchtsauen, der bereits besteht.
Bürgermeister Martin Scharr erklärte, der Handlungsspielraum der Gemeinde sei begrenzt. Über den Bauantrag entscheide das Landratsamt. Das gemeindliche Einvernehmen könne nicht an Bedingungen für mögliche spätere Vorhaben geknüpft werden. Scharr stellte klar, dass auf den Plänen für den ersten Stall bereits ein zweites solches Gebäude eingezeichnet und ebenfalls als Zuchtsauenstall tituliert gewesen sei. Baurechtlich sei dies aber unerheblich. Für jeden weiteren Stall gebe es ein neues Verfahren.
Colette Zinsmeister, die das Schlosshotel der MesserschmittStiftung in Leitheim leitet, erinnerte an die schriftliche Zusage des damalige Bürgermeister Franz Oppel in einem Schriftwechsel 2012/13, „dass kein Mastschweinestall kommt“. Ein solcher würde für das Hotel „möglicherweise ein riesiges Problem“mit sich bringen, so Zinsmeister.
Bürgermeister Scharr merkte dazu an, die Kommune hätte aus besagten Gründen gar keine Aussage machen können. Gemeinderat Josef Mayer aus Leitheim fragte, so teilte er in der Versammlung mit, inzwischen bei der Kommunalaufsicht im Landratsamt bezüglich der vermeintlichen Zusage nach. Ergebnis: Die sei „nicht bindend“. Freilich sei eine zivilrechtliche Prüfung davon nicht ausgenommen. Soll heißen: Die Frage, ob sich aus der Zusage ein Schadensersatzanspruch ableiten ließe, wäre eigens zu prüfen.
Auf Wunsch des Bürgermeisters gab ein Leitheimer eine Erklärung ab. Er führte zum einen die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen eines Mastschweinestalls aus. Der Redner verwies auf eine Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie. Demnach sterben in Deutschland jedes Jahr schätzungsweise 120000 Menschen an den Folgen von Feinstaubbelastung. 45 Prozent davon gingen auf Kosten der Massentierhaltung: „Menschen sterben, weil sie in der Nähe von großen Ställen wohnen.“
Zum anderen ging der Leitheimer auf die Strukturen in der Fleischproduktion ein. Europaweite Konzerne beherrschten den Markt: „Die Großen warten nur darauf, einsteigen zu können. Dann geht es richtig los.“In Altisheim und Leitheim geistere in Zusammenhang mit dem geplanten Stall der Name Straathof herum. Das Firmengeflecht dieses Konzerns sei kaum zu durchschauen. Straathof werbe offensiv und biete kleinen landwirtschaftlichen Unternehmen eine „Partnerschaft“an: „Wer da über den Tisch gezogen wird, ist wohl klar.“Unter Bauern nenne man dies „Schweine-Mafia“.
Dass der Gemeinderat den Bauantrag „durchgewunken“habe, wertete der Leitheimer als „herzliche Einladung“. Und weiter: „Jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle zusammen ein deutliches Signal setzen.“Eine Gruppe von Bürgern sammelt in Leitheim und Altisheim bereits Unterschriften gegen den Stall – „um ein Stimmungsbild zu bekommen“. In Leitheim hat sich dem Vernehmen nach bereits über die Hälfte der Wahlberechtigten an der Initiative beteiligt.
Ein Altisheimer sagte, er empfinde es als beschämend, dass der Kaisheimer Gemeinderat das gemeindliche Einvernehmen erteilt habe. Der Mann forderte die Ratsmitglieder auf: „Zeigen Sie Flagge, zeigen Sie, dass Sie das nicht wollen.“Ähnlich äußerte sich Ralf Loitzsch, der Stadtrat in Donauwörth ist. Auf deren Gebiet befindet sich die Firma Straathof-Strehle, der größte Ferkelerzeuger im Bezirk Schwaben.
Aus den Reaktionen der Anwesenden wurde aber auch deutlich, dass es auch andere Meinungen in den beiden Kaisheimer Ortsteilen gibt. Bürgermeister Scharr appellierte: „Es muss auch nach dieser Geschichte ein gutes Zusammenleben geben.“Altisheim und Leitheim hätten eine „beispielhafte Dorfgemeinschaft“. Alle sollten
Feinstaub im Umfeld von Massentierhaltung
Antrag: Gemeinde soll selbst prüfen lassen
auch „die andere Meinung gelten lassen“. Am schönsten wäre es nach Ansicht von Scharr, wenn am Ende ein Kompromiss zustande käme.
Insgesamt gelte es, die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu stützen. Gegen die habe niemand etwas, betonte eine Leitheimerin.
Scharr kündigte an, die Gemeinde werden den Bauantrag nun an das Landratsamt weitergeben. In einem Begleitschreiben an die Behörde sollen die Bedenken dargelegt werden. Ein Bürger stellte den Antrag, dass die Gemeinde auf eigene Kosten eine Umweltverträglichkeitsprüfung für den Stall in Auftrag gibt. Damit beschäftigt sich nun der Gemeinderat.