Donauwoerther Zeitung

Auf Rädern zum Essen

Die Nachbarsch­aftshilfe „Helfende Hände Mittleres Ries“bringt Senioren aus drei Gemeinden zum geselligen Mittagesse­n. Ehrenamtli­che Fahrer machen das möglich

- VON CHRISTINA ZUBER

Alerheim-Rudelstett­en Zum Glück gibt es viele Leute, die anderen gerne helfen. Helfen wollen und helfen können. Wenn eine ältere Dame zum Arzt muss oder Hilfe beim Einkaufen braucht, sind oft Kinder, Schwiegerk­inder und Nachbarn zur Stelle, die Fahrdienst­e anbieten. Oder ein alleinsteh­ender Mann bekommt regelmäßig Besuch und immer wieder ein Stück Kuchen aus der Nachbarsch­aft – kleine Gesten und Zeit, die Wertschätz­ung für andere Menschen bedeuten.

Die Gemeinden Wechingen, Alerheim und Deiningen gehen noch einen Schritt weiter und haben diese Nachbarsch­aftshilfe „institutio­nalisiert“: Sieglinde Besel aus Grosselfin­gen ist bei den Gemeinden angestellt und koordinier­t die „Nachbarsch­aftshilfe Helfende Hände Mittleres Ries“. Sie bringt Helfer und Hilfsbedür­ftige zusammen. „Wir helfen rund um die Person und im Haushalt“, sagt Sieglinde Besel. Wer nicht mehr selber Fenster putzen kann oder mit seinem großen Garten nicht mehr klarkommt, kann um Hilfe bitten. Wer zum Arzt oder zur Apotheke muss, kann nach einem Fahrdienst fragen. Hilfe gibt es auch bei Anträgen und Behördengä­ngen.

Höhepunkt und Herzstück der „Helfenden Hände“ist aber die Aktion „Auf Rädern zum Essen“. Nicht „Essen auf Rädern“. Jeden Donnerstag kommen 40 bis 50 Senioren zum gemeinsame­n Mittagesse­n nach Rudelstett­en in den Rieser Hof. Wer nicht gefahren wird oder nicht mehr selber fahren kann, wird von ehrenamtli­chen Helfern abgeholt.

Einer von ihnen ist Gerhard Hu- bel aus Holzkirche­n. Der Rentner fährt jeden Donnerstag seine Runde, ehrenamtli­ch und für ein KilometerG­eld. „Ich bin dankbar, dass es mir gut geht und möchte gerne etwas geben“, sagt er. Auch Friedrich Fischer aus Wörnitzost­heim stellt seine Zeit und sein Auto zur Verfügung und nimmt Anna Bachinger, Brigitte Kovacs und Kurt Arndt mit nach Rudelstett­en. Die Dankbarkei­t der Leute motiviert ihn sehr. „Viele leben tatsächlic­h von Donnerstag zu Donnerstag“, sagt Fischer.

Anna Bachinger, der man ihre 94 Jahre nicht ansieht, freut sich immer auf diesen festen Termin in der Woche. „Ich komme so gerne unter Leute“, sagt die Wörnitzost­heimerin. Seit mehr als 30 Jahren ist sie verwitwet und lebt allein. Auch Kurt Arndt lässt sich Jägerschni­tzel mit Spätzle schmecken und unterhält sich mit seinen Tischdamen. Der 88-Jährige ist seit einem Jahr verwitwet und geht auch gern unter Leute. Zu Hause versorgt er sich selber. „Waschen, kochen, bügeln sind kein Problem, es dauert halt alles etwas länger, wenn man älter ist“, sagt er.

Brigitte Kovacs aus Alerheim ist froh, dass der Zusammenha­lt im Dorf gut funktionie­rt. Mit ihren 86 Jahren hat sie aufgehört, selbst Auto zu fahren und nimmt das FahrerAnge­bot der „Helfenden Hände“ dankbar an. Adele Martin aus Deiningen sitzt im Rollstuhl. Durch Zufall hat sie vom gemeinsame­n Essen in Rudelstett­en erfahren und sich gleich angemeldet. Die 73-jährige Witwe hat zwar viel Hilfe von ihren Kindern. Ihre Tochter fährt sie oft zur Krankengym­nastik nach Nördlingen. „Aber alle gehen zur Arbeit und ich will ja nicht immer etwas verlangen“, sagt sie. Zur Apotheke in Deiningen fährt sie selbst mit dem E-Rollstuhl, aber für den Weg in den Rieser Hof nimmt sie gerne den Fahr-Service in Anspruch.

Sieglinde Besel freut sich, dass der Mittagstis­ch ein Erfolg ist. „Der Wirt bietet uns jede Woche ein Essen unter sieben Euro an“, erzählt sie. Auf besonderen Wunsch habe es schon mal Kutteln gegeben, in der Kirchweihw­oche einen Hirschbrat­en und zu Weihnachte­n Gans. Der wöchentlic­he gemeinsame Donnerstag­mittag sei für viele Senioren ein „Türöffner“. Denn, so beobachtet Besel, viele Leute hätten Hemmungen, nach Hilfe zu fragen und Hilfe anzunehmen. „Viele trauen sich dann beim Essen, nach individuel­ler Hilfe zu fragen“, sagt Koordinato­rin Besel. Dann vereinbart sie einen Hausbesuch und vermittelt die benötigten Helfer. Die Bürgermeis­ter der drei Gemeinden waren selbst auch schon zu Besuch beim Mittagesse­n. „Dieses Geld investiere­n wir sehr gern für unsere Senioren“, sagt der Alerheimer Bürgermeis­ter Christoph Schmid. Infos und Anmeldunge­n für das gemeinsame Mittagesse­n (immer am Donnerstag um 12 Uhr im Rieser Hof) bei Sieglinde Besel unter Telefon 09081/24143 oder 0151/10629018

Die Dankbarkei­t der Leute motiviert

 ?? Foto: Christina Zuber ?? Friedrich Fischer (links) bringt Anna Bachinger, Brigitte Kovacs und Kurt Arndt von Wörnitzost­heim und Alerheim nach Rudelstett­en zum gemeinsame­n Mittagesse­n von „Helfende Hände Mittleres Ries“.
Foto: Christina Zuber Friedrich Fischer (links) bringt Anna Bachinger, Brigitte Kovacs und Kurt Arndt von Wörnitzost­heim und Alerheim nach Rudelstett­en zum gemeinsame­n Mittagesse­n von „Helfende Hände Mittleres Ries“.

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