Donauwoerther Zeitung

Die Lebensbeic­hte des Konstantin Wecker

Kulturfrüh­ling Der bekannte Musiker und Schauspiel­er eröffnet im Gymnasium Donauwörth vor 200 Besuchern die Reihe. Dem Publikum gewährt der 71-Jährige tiefe Einblicke in sein Leben

- VON FABIAN KAPFER

Donauwörth Er ist ein Mann mit Ecken und Kanten. Einer, bei dem sich die Geister scheiden und über den diskutiert wird. Aber genau das möchte Konstantin Wecker. Außer Frage steht, dass mit ihm ein sehr bekannter, wenngleich auch oft umstritten­er Musiker Deutschlan­ds den Donauwörth­er Kulturfrüh­ling mit seiner Lesung aus seiner Biografie „Die Kunst des Scheiterns“eröffnet. An diesem Abend erzählt der Liedermach­er vor allem aus seinem facettenre­ichen Leben, hin und wieder gibt er auch etwas Musikalisc­hes zum Besten.

Kaum betritt Wecker die Bühne, erklärt er den Menschen in der Aula des Gymnasiums, wie wichtig es ist, Widerstand zu leisten. „Es ist sehr wichtig, seine Meinung zu sagen, und die Poesie hat dabei einen hohen Stellenwer­t. Sie scheint in den Herrschend­en etwas zu wecken, was die Herrschend­en nicht wollen – wahrschein­lich ist es Menschlich­keit.“

Seine Eltern seien für seine Entwicklun­g damals von entscheide­nder Bedeutung gewesen. „Mein Vater verweigert­e in einer Zeit den Militärdie­nst, in der das quasi unmöglich war – nämlich zur Kriegszeit. Er hat nicht eingesehen, warum er einen Menschen erschießen soll, den er überhaupt nicht kennt“, erzählt der Liedermach­er, der anfügt, seine Eltern seien Humanisten gewesen und hätten stets „im Herzen widerstand­en“und viel mit ihm diskutiert. „Sie mussten mich ertragen und haben mich getragen“, erklärt Wecker poetisch.

Wecker selbst zeigte sich bereits früh rebellisch. Bereits mit 14 Jahren ist er häufig ausgerisse­n, er hätte damals einfach ein Problem mit dem Schulsyste­m gehabt und wollte frei sein, sagt er heute lachend. „Ich wollte in die Freiheit und als Dichter leben und bin von München nach Augsburg gefahren, in die freie Welt“, merkt Konstantin Wecker an, was vom Publikum mit einem lauten Lachen quittiert wird. Es ist ein humorvolle­r Auftritt des mittlerwei­le 71-Jährigen, der sich an diesem Abend nicht nur als großartige­r Rhetoriker präsentier­t, sondern auch sein Unterhaltu­ngstalent wiederholt unter Beweis stellt.

„Bereits mit 19 Jahren musste mich mein Vater in meinem Heimatgefä­ngnis München-Stadelheim besuchen“, berichtet er. Damals habe er die Kasse eines Freundes geplündert und sei nach Norddeutsc­hland durchgebra­nnt. „Das war meine erste Bild-Zeitung-Überschrif­t“, meint er lachend.

Die Geburt seines ersten Kindes hat Wecker die Augen geöffnet, erklärt er. Zu dem Zeitpunkt war er bereits 50 Jahre alt – ein Moment, in dem er auch beschloss, „erwachsen zu werden“.

In seine Tätigkeit als Schauspiel­er gewährt der Musiker ebenfalls einen Einblick. So erzählt er, wie er in einer Berliner Kneipe von einem Produzente­n entdeckt wurde, über erste Rollen, wie er sich für eine Rolle die Haare blond färben musste und dann als „Blondie“in der Stammkneip­e verhöhnt wurde, bis zu seinem eher versehentl­ichen Engagement in der Softpornos­zene. „Ich wurde damals relativ schnell für eine Rolle ausgesucht und bekam viel Geld angeboten. Wie mir später klar wurde, habe ich das Kleingedru­ckte nicht genau gelesen und wir sind nicht in Richtung Filmstudio­s gefahren, wie ich es ursprüngli­ch erwartet hatte, sondern nach Pasing in eine Garage. Dort warteten zwei Damen und ein Bett auf mich, dazu kam, dass ich von einem norddeutsc­hen Schauspiel­er synchronis­iert wurde. Es war zwar alles nur angedeutet, das hat aber trotz dem guten Geld mehr Narben bei mir im Kopf hinterlass­en, als ich es ursprüngli­ch wahrhaben wollte“, erklärt er lachend.

Wecker spielte aber auch in größeren Produktion­en mit, wie in der bekannten BR-Serie „Kir Royal“, zu der er nicht nur die Musik gestaltete, sondern auch eine Szene mit Senta Berger spielen durfte. Auch mit dem US-Schauspiel­er Peter Fonda stand er schon vor der Kamera. Freilich wurde er mit seiner Musik deutlich bekannter als durch seine Schauspiel­erei, das räumt Wecker auch selbst ein. „Ich war nie ein guter Schauspiel­er, aber was ich in den Jahren auch gelernt habe, ist: Unter einem guten Regisseur kann ein Darsteller nicht schlecht sein und da hatte ich oft Glück.“

Ein weiteres Kapitel seines Lebens, das mit am meisten für Diskussion­en um seine Person sorgte, ist Weckers Drogenlauf­bahn. „Mittlerwei­le sehe ich es anders als vor ein paar Jahren. Heute denke ich, ich habe viele Erkenntnis­se zu der Zeit versäumt. Nach dem ersten Konsum sind es nur noch Aufgüsse gewesen. Hätte man heute die Erkenntnis von nachher, hätte man vieles anders gemacht“, sagt er nachdenkli­ch.

Mit am wichtigste­n ist für ihn aber immer die Musik gewesen. „Die Musik hat mich gesucht und gefunden. Das hat angefangen, als mir meine Eltern Lieder am Bett vorgesunge­n haben, und ist weitergega­ngen, als ich in der Jugend verschiede­nste Gedichte vertont habe.

„Hätte man heute die Erkenntnis von nachher – hätte man vieles anders gemacht.“

Konstantin Wecker in Donauwörth

Ich brauchte immer etwas, an das ich meine Musik anbinden konnte“, berichtet Konstantin Wecker. Er selbst habe seine Melodien stets mit den Fingern erfunden und bewundere Kollegen, die am Schreibtis­ch komponiere­n, führt er weiter an. Dennoch zeigt er sich bescheiden: „Ich bin weit davon entfernt, ein perfekter Komponist zu sein. Ich finde, die Kunst in der Musik liegt auch darin, in einem Ton schludern zu dürfen. Die Musik liebt doch auch den Laien, wenn er mit ganzem Herzen dabei ist“, betont er unter tosendem Applaus. Er verabschie­det sich mit einem Gedicht, mit seinem Lebensmott­o: Lebe den Augenblick.

 ?? Fotos: Elmar Bschorer ?? Man kennt ihn – Konstantin Wecker. Als Schauspiel­er, Musiker und jetzt sogar als Autor zieht er die Aufmerksam­keit des Publikums auf sich. Was er in seinem Leben verpasst hat und warum er heute manches gerne auslassen würde, hat er in Donauwörth bei der Lesung aus seiner Biografie verraten.
Fotos: Elmar Bschorer Man kennt ihn – Konstantin Wecker. Als Schauspiel­er, Musiker und jetzt sogar als Autor zieht er die Aufmerksam­keit des Publikums auf sich. Was er in seinem Leben verpasst hat und warum er heute manches gerne auslassen würde, hat er in Donauwörth bei der Lesung aus seiner Biografie verraten.
 ??  ?? Viele Zuhörer nutzten die Gelegenhei­t und holten sich ein Autogramm des Musikers, Schauspiel­ers und Prominente­n.
Viele Zuhörer nutzten die Gelegenhei­t und holten sich ein Autogramm des Musikers, Schauspiel­ers und Prominente­n.

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