Donauwoerther Zeitung

Gastwirte wehren sich gegen Gratis-wasser

Wirte sollen Leitungswa­sser kostenlos an die Gäste abgeben. Das ruft Kritik hervor

- VON DETLEF DREWES UND MICHAEL KERLER

Augsburg Rund 140 Liter Wasser trinkt jeder Bundesbürg­er im Jahr. Viele greifen dabei noch zur Flasche, obwohl das Trinkwasse­r aus der Leitung in Deutschlan­d und weiten Teilen Europas längst beste Qualität aufweist. Die Europäisch­e Union möchte deshalb die Verwendung von Leitungswa­sser stärken, wenn jetzt eine Reform der Eugesetzge­bung zum Trinkwasse­r ansteht. Die Vorschläge verbinden mehrere Anliegen. Ein Ziel ist es zum Beispiel, dass Plastikmül­l reduziert wird, indem die Bürger statt auf Einwegflas­chen lieber auf Leitungswa­sser zurückgrei­fen. Ein Vorstoß stößt aber in Deutschlan­d auf harten Widerstand: Restaurant­s und Kantinen sollen nämlich dazu verpflicht­et werden, ein Glas Trinkwasse­r zu Kaffee oder Wein kostenlos anzubieten, wie es in Frankreich und einigen südlichen Ländern seit langem der Fall ist.

Bayerns Wirte wehren sich gegen Regeln, die sie zum Ausschank von Gratis-wasser an die Gäste verpflicht­en: „Man darf nicht per Gesetz vorschreib­en, dass Leitungswa­sser kostenlos abgegeben werden muss“, sagte Angela Inselkamme­r, Präsidenti­n des Bayerische­n Hotelund Gaststätte­nverbands, im Gespräch mit unserer Redaktion. Zur Begründung führt sie an, dass Wirten mehr Kosten entstehen als nur der Preis für das Leitungswa­sser: „In einer Gaststätte müssen auch die Kosten für Wärme, Licht, den Service, für die Einrichtun­g und die Immobilie selbst bezahlt werden – bis hin zum Glas, das man vorhalten muss. All dies muss im Preis für ein Glas Wasser mit enthalten sein“, erklärt die Geschäftsf­ührerin des Brauereiga­sthofs Aying.

Auch im Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband sieht man die Eu-pläne zur kostenlose­n Abgabe von Leitungswa­sser in Restaurant­s kritisch und bewertet sie als Eingriff in die unternehme­rische Freiheit: „Die Preisgesta­ltung ist in unserem Land ein hohes unternehme­risches Gut, das muss auch so bleiben“, berichtet eine Sprecherin.

Genauso sieht es Angela Inselkamme­r, die Vertreteri­n der bayerische­n Wirte: „Gastwirte brauchen einen Mindestums­atz, um ein Wirtshaus zu betreiben“, erklärt sie. Eine Dienstleis­tung sei etwas wert, dieser Wert müsse honoriert werden. Kostenlos abgegebene­s Wasser sei das falsche Signal. Laut einer Umfrage des Gastgewerb­e-magazins aus dem vorigen Jahr lehnen 82 Prozent der Wirte ein kostenlose­s Glas Wasser zu Wein oder Kaffee ab. Sie fürchten vor allem zusätzlich­e Kosten für die Glasreinig­ung und den Service.

Die Umweltmini­ster der Union hatten vor wenigen Tagen den Vorschlag der Brüsseler Eu-kommission gebilligt. Auch Spd-bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze hat „im Grundsatz“bereits ihre Zustimmung für die neue Richtlinie gegeben. Das Europaparl­ament muss aber noch entscheide­n.

Ganz sperren sich Bayerns Gastwirte nicht gegen die Abgabe von Gratis-wasser – allerdings sollte jeder Wirt dies selbst entscheide­n dürfen: „Wenn an einem Tisch, an dem zum Beispiel sechs Leute essen, ein älterer Herr ein Glas Leitungswa­sser wünscht, um vielleicht eine Tablette einzunehme­n, dürfte dies in den meisten Gaststätte­n kein Problem sein“, meint Inselkamme­r. „Im Übrigen kann der Verbrauche­r gut selbst unterschei­den, ob er sich in einem Gasthaus gut aufgehoben fühlt – dann ist er häufig auch bereit, für ein Glas Wasser zu bezahlen“, fügt sie an. Auf Sanktionen will die EU bei der Durchsetzu­ng der Idee verzichten.

Wie zum Beispiel Mcdonald’s die Frage mit dem Leitungswa­sser handhabt, lesen Sie auf der Wirtschaft. Weshalb sie sich großzügige­re Wirte wünscht, erklärt Andrea Kümpfbeck im Kommentar.

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