Donauwoerther Zeitung

Ein Hoffnungss­chimmer

In London stehen mehrere Abstimmung­en über den Brexit an. Entspreche­nd blank liegen die Nerven

- VON KATRIN PRIBYL

London Bis zuletzt hielt sie ihre Abendpläne geheim, empfing den ganzen Tag über Kabinettsm­itglieder in der Downing Street. Erst nachdem Premiermin­isterin Theresa May zum Flughafen aufgebroch­en war, wurde bestätigt: Die Regierungs­chefin reiste nach Straßburg, um im unendliche­n Brexitdram­a einen letzten, beinahe verzweifel­ten Versuch zu unternehme­n und Zugeständn­isse bei der EU zu erreichen. Die Gespräche zwischen May, Eu-chefunterh­ändler Michel Barnier und Kommission­spräsident Jean-claude Juncker zogen sich bis in die Nacht hinein. Kurz vor Mitternach­t verkündete der britische Vize-premier David Lidington, dass seine Regierung rechtlich verbindlic­he Änderungen am Austrittsa­bkommen mit der EU erzielt habe. Details lagen bis zum Redaktions­schluss unserer Zeitung nicht vor.

Noch bevor May gen Kontinent aufbrach, sorgten Gerüchte für Aufregung, nach denen die Regierungs­chefin abermals alle Pläne umwerfen könnte. Kommt es tatsächlic­h zum Showdown? Downing Street wies die Spekulatio­nen zwar zurück. Die Nervosität aber, die seit Tagen von Regierungs­kreisen ausging, war spürbar. Der Premiermin­isterin droht am heutigen Dienstag abermals eine Niederlage – wie schon beim ersten Durchgang im Januar. Die Frage ist, wie weit die EU gehen würde, um einen Austritt ohne Abkommen zu verhindern. Oder handelt es sich bei möglichen Änderungen nicht vielmehr um Kosmetik?

Gut zwei Wochen vor dem offizielle­n Austritt am 29. März präsentier­t sich das Parlament zerstritte­n wie eh und je. Für keine Strategie gibt es eine Mehrheit. May steckt in der Sackgasse und dementspre­chend wurde die Stimmung in Brüssel gestern von Diplomaten als „düster“beschriebe­n. Die Chancen, dass das Abkommen durchgeht, stehen gefährlich nahe bei null. Deshalb, so legte es ein Medienberi­cht nahe, könnte die Premiermin­isterin die Abstimmung ändern und stattdesse­n lediglich ein Votum über das weitere Vorgehen anberaumen. Würde May diesen Weg wählen, wäre sie „toast“, wie die Briten es gerne bezeichnen, wenn jemand politisch „erledigt“ist. Das schrieb zumindest der konservati­ve Parlamenta­rier Nick Boles. Seiner Ansicht nach würde die Regierungs­chefin damit das Vertrauen im Unterhaus verlieren. Und zum Gehen gezwungen? Die Rebellion könnte aber auch von den europaskep­tischen Hardlinern in den eigenen Toriesreih­en kommen, die angeblich fordern, die Abstimmung kurzfristi­g zu vertagen und stattdesse­n eine Lösung zu suchen, die die „Partei zusammenhä­lt und Druck auf Brüssel ausübt“. Sie drohen hinter vorgehalte­ner Hand, die Premiermin­isterin aus dem Amt zu drängen, sollte sie für den Deal keine Mehrheit finden und am Ende den Brexit-termin aufschiebe­n.

 ?? Foto: Kirsty O’connor, dpa ?? Stürmische Zeiten für Premiermin­isterin Theresa May.
Foto: Kirsty O’connor, dpa Stürmische Zeiten für Premiermin­isterin Theresa May.

Newspapers in German

Newspapers from Germany