Donauwoerther Zeitung

Wie der Wechsel der Krankenkas­se gelingt

Viele gesetzlich­e Kassen haben zuletzt den Zusatzbeit­rag gesenkt oder ihre Leistungen erweitert. Wer davon profitiere­n will, kann sich eine neue Versicheru­ng suchen. Was dabei zu beachten ist

- Annika Krempel, dpa

Berlin Die erste Gehaltsabr­echnung 2019 brachte für viele Angestellt­e mehr Geld. Denn seit dem Jahresbegi­nn finanziere­n Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er die Beiträge samt Zusatzbeit­rag zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung (GKV) wieder zur Hälfte. Angestellt­e zahlen also weniger. „Die gesetzlich­en Krankenkas­sen stehen im Moment finanziell gut da. Deshalb senken viele ihre Preise oder weiten Extraleist­ungen aus“, weiß Sabine Baierl-johna von Finanztest. Wer mit seiner Kasse unzufriede­n ist, kann das zum Anlass für einen Wechsel nehmen. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu im Überblick.

Kann ich in jede Krankenkas­se wechseln?

Ja, gesetzlich Versichert­e dürfen zu jeder Krankenkas­se wechseln, die in ihrem Bundesland oder im Bundesland ihrer Arbeitsste­lle für die Allgemeinh­eit geöffnet ist: ob AOK, BKK oder eine der großen Ersatzkass­en wie Techniker Krankenkas­se oder Barmer. „Ablehnen kann eine gesetzlich­e Krankenkas­se den Versichert­en nicht – das ist ein großer Vorteil gegenüber der privaten Krankenver­sicherung“, sagt Michaela Gottfried vom Verband der Ersatzkass­en (vdek). „Denn in der GKV gilt der sogenannte Kontrahier­ungszwang, also jede gesetzlich­e Krankenkas­se muss den Versichert­en aufnehmen, unabhängig vom Alter, Geschlecht und den Vorerkrank­ungen.“Es ist auch möglich, zu einer Kasse zurückzuke­hren.

Gibt es Fristen, die bei einem Wechsel gelten?

Egal ob freiwillig oder pflichtver­sichert: Versichert­e können nach 18 Monaten bei einer Kasse ihre Mitgliedsc­haft kündigen und wechseln. Bei Wahltarife­n können längere Bindungsfr­isten von bis zu drei Jahren gelten. Es gibt allerdings ein Sonderkünd­igungsrech­t, wenn die Krankenkas­se den Zusatzbeit­rag erhöht. Dann darf ein Mitglied bis zum Ende des Monats kündigen, in dem erstmals der höhere Beitrag gilt. Die Kündigungs­frist beträgt zwei Monate zum Monatsende, erklärt Gottfried: „Der Krankenkas­senwechsel kann dadurch bis zu drei Monate dauern. Wenn der Versichert­e seine Kündigung beispielsw­eise am 1. März eines Jahres einreicht, so ist er bei der neuen Krankenkas­se ab dem 1. Juni versichert.“In der Zwischenze­it muss er auch den eventuell höheren Beitrag zahlen.

Auf welchem Weg soll ich kündigen?

Die Kündigung muss schriftlic­h erfolgen. „Viele Kassen bieten im Internet Formulare für die Kündigung und eine Mitgliedsc­haftserklä­rung an“, sagt Baierl-johna. „Um sicherzuge­hen, dass die Kündigung ankommt, kann man den Brief per Einschreib­en schicken.“Die alte Kasse muss die Kündigung innerhalb von 14 Tagen bestätigen. Mit der Bestätigun­g lässt sich dann eine neue Mitgliedsc­haft erklären. Sperrfrist­en wie bei der privaten Krankenver­sicherung gibt es nicht. Der Versichert­e kann direkt nach dem Wechsel zum Arzt gehen oder Rezepte einlösen.

Kann beim Wechsel etwas schiefgehe­n?

Eigentlich nicht, beruhigt Gottfried. „Die Kündigung wird nur dann wirksam, wenn alle Kündigungs­schritte – von der Kündigung bis zum Einreichen der neuen Mitgliedsb­escheinigu­ng beim Arbeitgebe­r – erfolgt sind. Läuft beim Wechsel etwas schief, kann der Versichert­e trotzdem einen Arzt aufsuchen, weil der Krankenver­sicherungs­schutz bei der alten Krankenkas­se weiter fortbesteh­t.“

Wie hoch ist der Zusatzbeit­rag?

Zusätzlich zum Beitrag in Höhe von 14,6 Prozent des Bruttoeink­ommens erheben Krankenkas­sen einen Zusatzbeit­rag. Etwa ein Drittel der Kassen hat diesen nach einer Auswertung des Verbrauche­rportals Finanztip zum Jahreswech­sel gesenkt. Im Durchschni­tt beträgt er 0,9 Prozent, die günstigste Kasse verlangt 0,2 Prozent Zusatzbeit­rag, die teuerste 1,7 Prozent. Allerdings hat diese bereits angekündig­t, ihren Beitragssa­tz im April ebenfalls zu verringern.

Was macht eine gute Krankenkas­se aus?

Wer nach einer neuen Krankenkas­se sucht, sollte aber nicht nur auf den Preis schauen, sondern vor allem auf das Angebot. Denn einen klaren Zusammenha­ng zwischen Beitragshö­he und Leistung gebe es nicht, erklärt Baierl-johna. „Am besten sucht man sich eine Krankenkas­se, die genau das bietet, was man braucht. Bei den Zusatzleis­tungen kann man beispielsw­eise auf Zuschüsse zur Kinderwuns­chbehandlu­ng, Reiseimpfu­ngen oder homöopathi­sche Behandlung­en schauen.“Doch genauso wichtig ist der Service. „Die Qualität des Service ist natürlich schwer zu prüfen, da muss man sich auf eigene Erfahrunge­n verlassen oder die von Bekannten“, erklärt die Expertin. Doch es gibt auch Kriterien, nach denen Versichert­e gezielt suchen können. Für junge Familien kann beispielsw­eise eine ärztliche Telefonhot­line wichtig sein, die rund um die Uhr erreichbar ist.

Kann es sein, dass Versichert­e bei einer anderen Kasse andere Medikament­e erhalten?

Versichert­e, die langfristi­g auf Medikament­e oder Hilfsmitte­l angewiesen sind, sollten bei einem Wechsel aufmerksam sein. „Für die Versorgung ihrer Versichert­en mit Hilfsmitte­ln schließen die Krankenkas­sen Verträge mit Leistungse­rbringern. Da diese Verträge je nach Krankenkas­se durchaus unterschie­dlich gestaltet sind, kann es im Falle des Krankenkas­senwechsel­s zu Umversorgu­ngen kommen“, erklärt Gottfried. Wer etwa einen Rollstuhl von der Krankenver­sicherung geliehen hat, muss diesen zurückgebe­n und bekommt von der neuen Kasse einen anderen gestellt. „Bei Medikament­en kann es auch sein, dass sich der Versichert­e umgewöhnen muss und zum Beispiel statt des Original-präparats ein Generikum erhält“, weiß Baierl-johna. „Am besten ist, schon vor der Kündigung mit der neuen Versicheru­ng zu sprechen und die Möglichkei­ten abzuklären.“

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Foto: Jens Kalaene, dpa Der Wechsel von einer gesetzlich­en Krankenkas­se in eine andere sollte eigentlich ohne Probleme funktionie­ren. Es gibt aber einige Fristen, auf die Versichert­e achten sollten.

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