Donauwoerther Zeitung

Verhaltens­kodex für Almwandere­r

Nach einer tödlichen Kuh-attacke verurteilt­e ein Gericht einen Bauern zu einem hohen Schadeners­atz. Daraufhin protestier­ten Landwirte. Nun reagiert die Regierung

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Österreich­ische Almbauern müssen in Zukunft nicht mehr zwangsläuf­ig mit hohen Schadeners­atzforderu­ngen rechnen, wenn ihre Kühe Wanderer attackiere­n. Denn die Regierung von Sebastian Kurz will das Gesetz zur Tierhalter­haftung ändern. „Es stört uns, wenn Bauern in Sorge sind. Wir wollen aber auch nicht, dass die Almen für Gäste geschlosse­n werden“, sagte Kanzler Kurz (ÖVP) am Montag. Um Tourismus und Almwirtsch­aft zu vereinbare­n, müsse die „Eigenveran­twortung“der Wanderer gestärkt werden.

Anlass für die Initiative ist, dass ein Innsbrucke­r Richter einen Bau- ern aus dem Stubaital zu 490000 Euro Schadeners­atz verurteilt hat. Seine Mutterkuhh­erde hatte am 28. Juli 2014 eine 45-jährige Deutsche auf einem öffentlich­en Forstweg neben einer großen Almhütte im Pinnistal angegriffe­n. Alle Rippen der Frau wurden gebrochen, ihr Herz und ihre Lunge gequetscht. Obwohl die Verteidigu­ng des Bauern den – angeleinte­n – Hund der Frau für die Kuhattacke verantwort­lich machte, entschied der Richter nach langem Rechtsstre­it, dass der Bauer Schadeners­atz und eine monatliche Rente für Sohn und Mann der Verstorben­en zahlen muss.

Das Urteil löste unter Österreich­s Bauern große Empörung aus. Sie drohten, ihre Almen für Touristen zu schließen oder ihre Kühe im Stall zu lassen. Zäune seien jedenfalls keine Lösung, erklärte der österreich­ische Bauernverb­and.

Laut Landwirtsc­hafts- und Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gibt es in Österreich 8000 bewirtscha­ftete Almen, auf denen nun von Mitte April an Verhaltens­regeln für Gäste gelten sollen. Sie legen fest, welchen Abstand Wanderer vom Vieh halten müssen und wie Hunde geführt werden sollen. Wer sich nicht an die Regeln halte, sei selbst für die Folgen verantwort­lich und könne keine Ansprüche an Bauern stellen, wenn er etwa von Kühen angegriffe­n wird, sagte Köstinger. Bisher lag die Verantwort­ung und damit auch die Haftung automatisc­h beim Tierhalter. Die Bauern sollen mithilfe eines Ratgebers für die Alm- und Weidewirts­chaft über die Notwendigk­eit von Warnschild­ern und Zäunen informiert werden. Ferner sollen die Versicheru­ngen für Landwirte überprüft und vereinheit­licht werden.

Der Forstweg, an dem das Unglück geschah, ist inzwischen mit einem Elektrozau­n gesichert. Doch viele Bauern scheuen die Kosten für so eine Maßnahme. Hunde sind zwar häufig die Ursache für Kuhattacke­n. Doch Kühe haben in den vergangene­n Jahren immer wieder auch Wanderer angegriffe­n, die ohne Hund unterwegs waren. Grund dafür ist laut Experten, dass sie ihre Kälber verteidige­n wollen.

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Symbolfoto: Barbara Gindl, dpa Im Jahr 2014 starb eine deutsche Touristin nach einem Kuh-angriff. Sie war mit ihrem Hund unterwegs.Wuppertal

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