Donauwoerther Zeitung

Wann darf ein Wolf getötet werden?

Neuer Aktionspla­n vorgestell­t. Warum der weder Bauern noch Naturschüt­zer glücklich macht

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Markus Söder hatte sich das wahrschein­lich anders vorgestell­t. Damals, im vergangene­n Jahr, als er sich hinstellte und einen „Beitrag zu Versöhnung im ländlichen Raum“ankündigte. Söder meinte damit den „Aktionspla­n Wolf“. Am Montag wurde das Papier nun veröffentl­icht – von einer Versöhnung kann aber nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil.

Beim Thema Wolf kochen die Emotionen im Freistaat regelmäßig hoch. Zuletzt im vergangene­n Sommer, als im Allgäu in relativ kurzen Abständen mehrere Kälber gerissen wurden. Unter Bauern ging die Angst um, viele wollten dem Wolf an den Kragen und forderten vehement, das Raubtier, das mehr als 100 Jahre lang aus Bayerns Wäldern verschwund­en war, abzuschieß­en.

Im Aktionspla­n ist der Abschuss der streng geschützte­n Tiere nun neu geregelt. Ein Wolf soll künftig schon dann getötet werden dürfen, wenn er sich wiederholt Nutztieren nähert und sie bedroht. Er muss also gar kein Schaf oder Rind gerissen haben, um – wie es im Amtsdeutsc­h heißt – „entnommen“zu werden. Diese Abschussre­gelung gilt für Gebiete, in denen Weidetiere durch Zäune oder andere Maßnahmen nicht ausreichen­d geschützt werden können. Was genau „nicht schützbare Weidegebie­te“sind, das soll von einer speziellen Kommission geprüft und festgelegt werden. In Gebieten, in denen Zäune möglich sind, reicht es, wenn ein Wolf so einen einmal überwunden hat – dann ist ein Abschuss möglich.

Naturschüt­zer lehnen den Aktionspla­n strikt ab. Wolfsabsch­üsse seien damit früher und leichter möglich als in anderen Bundesländ­ern, bemängelt etwa der Vorsitzend­e des BUND Naturschut­z, Richard Mergner. „Wir laufen Gefahr, dass Wolfsabsch­üsse die Regel statt die Ausnahme werden“, sagt er. Auch Andreas von Lindeiner, Wolfsexper­te beim Landesbund für Vogelschut­z und Mitglied in der Arbeitsgru­ppe „Große Beutegreif­er“, die zu Zeiten von Problembär Bruno gegründet wurde, macht deutlich: „Einen rein präventive­n Abschuss darf es nicht geben.“Eine Bedrohung rechtferti­gt seiner Ansicht nach noch keinen Abschuss.

Harsche Kritik kommt auch von der Gesellscha­ft zum Schutz der Wölfe. Deren Vorsitzend­er Peter Blanché bemängelt, dass der Aktionspla­n aus juristisch­er Sicht „sehr zweifelhaf­t“und nicht mit geltendem Recht vereinbar sei. Er glaubt, dass es mehrere Klagen vonseiten der Naturschüt­zer geben werde.

Nun könnte man meinen, dass zumindest die Almbauern zufrieden sind. Doch weit gefehlt. „Der Aktionspla­n geht uns nicht weit genug“, sagt Georg Mair, der Vorsitzend­e des Almwirtsch­aftlichen Vereins Oberbayern. Er hätte sich spezielle Gebiete gewünscht, aus denen der Wolf komplett rausgehalt­en wird – und wo gar nicht erst abgewartet wird, ob er sich einem Nutztier nähert. „Wenn er sich dort ansiedeln wollen würde, dann müsste ihm nachgestel­lt werden.“Einfach Zäune aufzustell­en, wie immer gefordert werde, sei nicht so leicht, sagt Mair. „Auf dem bergigen Gelände ist das schwierig, es gibt viele Felsen und Gräben.“Hinzu komme, dass der Schnee im Winter die Zäune beschädige. Sie würden außerdem die Lebensräum­e von anderen Tieren durchtrenn­en.

Das Umweltmini­sterium betonte am Montag, mit dem Aktionspla­n wolle man den strengen Artenschut­z beim Wolf und die Belange der Weidewirts­chaft vereinen. „Er soll dazu beitragen, Beeinträch­tigungen für alle Betroffene­n zu minimieren“, erklärt Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler). Überzeugt hat er damit aber offenbar weder die Almbauern noch die Naturschüt­zer.

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Foto: dpa Wölfe waren in Bayern lange ausgestorb­en. Nun sind sie wieder da.

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