Donauwoerther Zeitung

Wenn die Kamera zusieht

Bayerische Polizisten bekommen 1400 Bodycams. Wann sie eingesetzt werden dürfen

- VON ELISA-MADELEINE GLÖCKNER

München Sie sollen Polizisten in prekären Situatione­n mehr Sicherheit geben: Nun haben Innenminis­ter Joachim Herrmann und Münchens Polizeiprä­sident Hubertus Andrä den bayernweit­en Einsatz von 1400 Körperkame­ras freigegebe­n. Wann aber ist das Aufzeichne­n per Kamera für Polizisten erlaubt?

Der Freigabe vorausgega­ngen war ein Pilotversu­ch in den Städten München, Augsburg und Rosenheim, für den 300 Polizisten verschiede­ne Modelle der Bodycam über ein Jahr lang getestet hatten. Die Resultate dieser Phase waren nach Angaben des Innenminis­teriums positiv. Die Kamera, sagte Csu-politiker Herrmann, habe in mehr als einem Viertel der Fälle eine „deeskalier­ende Wirkung“gehabt. Und eben dieser Effekt soll sich auf den gesamten Freistaat ausdehnen.

Um dies zu erreichen, sollen bis Anfang nächsten Jahres bayerische Dienststel­len nach einem Verteilung­sschlüssel mit 1400 Bodycams ausgerüste­t werden. Die Kameras werden im Streifendi­enst, bei den Einsatzein­heiten der Polizeiprä­sidien und der Bereitscha­ftspolizei eingeführt. Nach Worten Herrmanns bekommt nicht jeder Beamte persönlich ein Gerät zugewiesen. Stattdesse­n gebe es eine Pool-lösung, die nach Größe und Streifendi­chte der Dienststel­le gestaffelt ist.

Befestigt werden Bodycams auf Schulterhö­he an den Uniformen. Grundsätzl­ich entscheide­n alle Beamten selbst darüber, ob sie eine tragen möchten oder nicht. Verwendet wird das Gerät nur im sogenannte­n Bedarfsfal­l, wenn eine Einsatzode­r Kontrollsi­tuation zu eskalieren droht. Bevor Beamte den Aufnahmekn­opf betätigen, müssen sie den Beginn der Aufzeichnu­ng ausdrückli­ch ankündigen. Allerdings, merkte Projektlei­ter Andreas Schaumaier an, solle die Kamera eher abschrecke­nd wirken – um der Auseinande­rsetzung präventiv gegenzuste­uern. Nicht verwendet wird die Bodycam bei Versammlun­gen, Verkehrsun­fällen oder Verkehrsst­raftaten.

Dennoch ist nach Ansicht der Kritiker vor allem die einseitige Kontrolle der Bodycam problemati­sch. Auch deshalb, weil die Änderung des Polizeiauf­gabengeset­zes im Mai 2018 das sogenannte Pre-recording erlaubt. Hierbei wird nicht nur der Handlungsa­blauf selbst dokumentie­rt, sondern ebenso die 30 vorhergehe­nden Sekunden. Damit sei gewährleis­tet, so die Argumentat­ion der Polizei, dass auch der „Auslöser“des polizeilic­hen Eingreifen­s aufgezeich­net ist. Laut Gesetzesän­derung außerdem erlaubt ist der Einsatz der Mini-kameras in Wohnungen. Doch gelten hier strengere Auflagen als im öffentlich­en Bereich. So muss der Pre-recordingm­odus beim Einsatz in der Wohnung unter anderem ausgeschal­tet sein.

Sichern darf die Polizei Aufzeichnu­ngen, wenn der Beamte oder ein Dritter bedroht sind und die Daten rechtliche Relevanz haben. Angaben des Innenminis­teriums zufolge werden sie verschlüss­elt und lokal auf Servern der Dienststel­len gespeicher­t – nicht in einer Cloud. Die Speicherun­gsdauer beträgt drei Wochen, danach werden alle Aufnahmen automatisc­h gelöscht.

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Foto: Felix Hörhager, dpa Per Knopfdruck starten Polizisten die Videoaufna­hme.

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