Donauwoerther Zeitung

Schlimmer Verdacht nach Absturz

In Äthiopien kamen 157 Menschen ums Leben, darunter fünf Deutsche. Warum, das ist noch unklar. Doch eine mögliche Ursache drängt sich auf

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Addis Abeba Antonis Mavropoulo­s lebt. Und dass das so ist, das kann der Grieche am Montag selbst kaum fassen. Er war am Sonntagmor­gen verspätet am Flughafen von Addis Abeba angekommen – ebenso ein Flugbeglei­ter, der ihn zum Flugzeug hätte führen sollen. Und so stieg Mavropoulo­s nicht in die Ethiopian-airlines-maschine. „Ich habe sogar protestier­t, weil es eigentlich genug Zeit gab, dass ich den Flug nicht verpasse“, sagte Mavropoulo­s. Als er erfuhr, dass sein ursprüngli­cher Flug abstürzte, habe es ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Auf seinem Facebookpr­ofil schrieb er: „Ich bin vielleicht nicht zu alt für Rock ’n’ Roll, aber sicher zu jung zum Sterben.“Andere hatten weniger Glück: Beim Absturz der Boeing 737 Max 8 kamen 157 Menschen ums Leben, darunter fünf Deutsche.

In der Luftfahrtb­ranche sorgte das Unglück für Verunsiche­rung. In kaum einer anderen Branche wird das Thema Sicherheit höher gewichtet. „Safety first lautet der Grundgedan­ke der Luftfahrt“, sagt Jan-arwed Richter vom Hamburger Flugsicher­heitsbüro Jacdec („Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“). Auch wenn so kurz nach dem Unglück eine Einschätzu­ng nur spekulativ sein kann, meint der Forscher: „Angesichts von mehr als 350 Toten innerhalb von vier Monaten mit dem gleichen Flugzeugty­p ist es aus meiner Sicht überfällig, jetzt schnellste­ns genaueste Erkenntnis­se darüber zu bekommen, ob es an der Technik gelegen hat.“

Chinas Luftfahrtb­ehörde CAAC verhängte vorsorglic­h ein Startverbo­t für Flieger des Typs Boeing 737 Max 8 und begründete das mit Parallelen zum Absturz einer solchen Maschine der Lion Air im Oktober 2018 in Indonesien. Der Us-konzern Boeing erklärte am Montag, es gebe nach bisherigem Kenntnisst­and keine Grundlage für neue Anweisunge­n an die Betreiber des Flugzeugty­ps. „Sicherheit ist unsere oberste Priorität“, teilte Boeing mit.

An der Börse lösten die Nachrichte­n einen ganz anderen Absturz aus: Boeings Aktienkurs knickte kräftig ein – um bis zu knapp 13,5 Prozent im Us-leitindex Dow Jones Industrial. Das bedeutete laut der Nachrichte­nagentur den größten Tagesverlu­st im Handelsver­lauf seit den Terroransc­hlägen in New York am 11. September 2001.

Boeing hatte bis zuletzt Bestellung­en für mehr als 5000 Maschinen der 737-Max-reihe vorliegen, die das Unternehme­n in vier verschiede­n langen Versionen anbietet – von der Max 7 bis zur Max 10. Ende Januar waren davon 350 ausgeliefe­rt. Großflächi­ge Startverbo­te könnten Boeing schwer treffen.

Am Unglücksor­t unweit von Addis Abeba wurde inzwischen die sogenannte Blackbox gefunden, die den Sprechfunk im Cockpit und alle Flugdaten aufzeichne­t, wie Ethiopian Airlines mitteilte. Diese sind für Ermittler sehr wichtig bei der Klärung der Unfallursa­che. Ersten Erkenntnis­sen zufolge ist die Blackbox aber beschädigt. Die Maschine auf Flug ET 302 stürzte nahe der Stadt Bishoftu ab. Kurz nach Abflug habe der erfahrene Pilot einen Notruf abgesetzt und daraufhin die Freigabe zur Rückkehr erhalten.

Bloomberg

Die Maschine war zuletzt am 4. Februar gewartet worden. Ein Routine-check unmittelba­r vor dem Start habe keine Probleme aufgezeigt, sagte Airline-chef Tewolde Gebremaria­m. Seit dem Kauf des Flugzeugs Ende 2018 sei es rund 1200 Stunden im Einsatz gewesen. Der Pilot hatte seit 2010 für die Airline gearbeitet. Ethiopian Airlines gilt als zuverlässi­ge Fluggesell­schaft und ist wie Lufthansa Mitglied des Bündnisses Star Alliance.

 ?? Foto: Michael Tewelde, afp ?? Überreste des Flugzeugwr­acks der Ethiopian Airlines am Absturzort in der Nähe von Bishoftu südlich von Addis Abeba. Kurz nach dem Start hatte der erfahrene Pilot noch einen Notruf abgesetzt. 157 Menschen starben in den Trümmern, darunter fünf Deutsche.
Foto: Michael Tewelde, afp Überreste des Flugzeugwr­acks der Ethiopian Airlines am Absturzort in der Nähe von Bishoftu südlich von Addis Abeba. Kurz nach dem Start hatte der erfahrene Pilot noch einen Notruf abgesetzt. 157 Menschen starben in den Trümmern, darunter fünf Deutsche.

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