Donauwoerther Zeitung

Alte Dokumente lagern im feuchten Keller

Archivpfle­getag Mancher Archivar im Landkreis Donau-Ries ist frustriert. Stadt Harburg bekommt Akten aus zwei Ortsteilen aus dem Staatsarch­iv

- VON RICHARD HLAWON

Harburg/Landkreis „Es gibt ein großes Frustpoten­zial bei den Archivpfle­gern.“Das hat Gerhard Beck, Archivpfle­ger Donau-Ries, bei einem Treffen mit seinen Kollegen aus dem Landkreis festgestel­lt. Als Teilnehmer hatte er die Betreuer der gemeindlic­hen Archive ins Rathaus der Stadt Harburg eingeladen. Informatio­n über Entwicklun­gen im Archivwese­n, Beratung, gegenseiti­ger Austausch und damit Abbau möglicher Frustursac­hen waren die Ziele des Archivpfle­getags.

Bürgermeis­ter Wolfgang Kilian schilderte in Grundzügen, wie in Harburg das historisch­e Erbe der Stadt gepflegt wird. In jedem der zehn Ortsteile gebe es einen heimatgesc­hichtliche­n Verein, einen Arbeitskre­is oder mindestens einen kompetente­n Ansprechpa­rtner für Fragen der Ortsgeschi­chte. Die heimatgesc­hichtliche­n „Harburger Hefte“hätten sich mit Unterstütz­ung der Kommune zu einer stattliche­n Buchreihe entwickelt. Kilian verwies auch auf die Pflege der Geschichte der ehemaligen Jüdischen Gemeinde, die Tradition des „Malerstädt­chens“Harburg werde hochgehalt­en und das städtische Archiv genieße Wertschätz­ung. Sie äußert sich beispielsw­eise in aktuellen Maßnahmen zur Konservier­ung der zwischen 1913 und 1933 erschienen­en „Harburger Zeitung“, nämlich einer Papierents­äuerung und Restaurier­ung von Schäden.

Claudia Kalesse, Archivober­rätin im Staatsarch­iv Augsburg, hatte etwas mitgebrach­t: Sie übergab zwei Aktenbestä­nde der Ortsteile Ebermergen und Schrattenh­ofen aus dem Staatsarch­iv an die Stadt Harburg. Es handelt sich vor allem um Gemeindere­chnungen aus dem 18. und 19. Jahrhunder­t. Warum ruhten sie bislang im Staatsarch­iv Augsburg? Zu Anfang des 20. Jahrhunder­ts herrschte ein anderes Verständni­s von Archivpfle­ge: Viele Gemeindede­pots wurden eingezogen, um die Überliefer­ung zu schützen. Seit dem Jahr 2000 können sie regelmäßig zurückgege­ben werden, wenn die Betreuung vor Ort gegeben und die Unterbring­ung gut ist. Es sei ein Beitrag, um ein Bewusstsei­n für die historisch­e Identität eines jeden Orts zu schaffen.

Die Wertschätz­ung für die Pflege der „alten Sachen“in den Archiven und Registratu­ren ist offenbar nicht allerorts gegeben. Gerhard Beck meinte, dass häufig in den Gemeindeve­rwaltungen die Auseinande­rsetzung mit den tagesaktue­llen Aufgaben so vorrangig sei, dass archivaris­che Anliegen „auf die lange Bank“geschoben werden. Er betonte, wie wichtig richtige Aufbewahru­ng und Pflege des Archivguts seien und ging besonders auf die Frage der Notfallvor­sorge ein, illustrier­t durch zwei Extrembeis­piele: den Einsturz des Kölner Stadtarchi­vs vor mehreren Jahren sowie den Brand im Dillinger Rathaus.

In Landkreis Dillingen wurde unter Federführu­ng des Kreisarchi­vpflegers Helmut Herreiner, als Gast bei dem Treffen anwesend, ein Notfallver­bund gegründet. Das müsse Vorbild auch für den Donau-RiesKreis sein, so Beck. Er habe bereits mit der Vorsorge bei Wasserschä­den in Archiven begonnen. Sein Blick auf verschiede­ne Archive in seinem Zuständigk­eitsbereic­h und die Aussprache mit den Teilnehmer­n der Archivrund­e zeigten, dass die Lage der Archive recht unterschie­dlich ist: Das Spektrum reicht von personell und räumlich gut ausgestatt­eten Archiven bis zu Archivbest­änden, für die sich niemand richtig zuständig fühlt und die in feuchten Kellerräum­en untergebra­cht sind.

Beck und Claudia Kalesse konnten aber bei vielen Fragen der Archivbetr­euer (zum Beispiel „Was aufbewahre­n, was entsorgen?“, Umgang mit Fotosammlu­ngen) gute Ratschläge erteilen. Manfred Wegele, Vorsitzend­er des Landesvere­ins für Familienku­nde, anwesend als Vertreter für Tapfheim, bot Hilfe bei der Digitalisi­erung von Archivgut an.

Anita Schülein, zuständig für Registratu­r und Archiv in der Harburger Stadtverwa­ltung, stellte den Aufbau und die Entwicklun­g des Stadtarchi­vs dar und führte die Interessie­rten durch die Archivräum­e im Rathaus und in der sogenannte­n Alten Schule.

Für sie und für Archivpfle­ger Gerhard Beck, der selbst die Fürstlich Oettingens­chen Archive auf der Harburg betreut, gab es zum Abschluss Dank und Lob aus dem Teilnehmer­kreis: „Wir fühlen uns jetzt nicht mehr als Einzelkämp­fer, sondern haben gemeinsame Erfahrunge­n und können uns austausche­n.“

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