Alte Dokumente lagern im feuchten Keller
Archivpflegetag Mancher Archivar im Landkreis Donau-Ries ist frustriert. Stadt Harburg bekommt Akten aus zwei Ortsteilen aus dem Staatsarchiv
Harburg/Landkreis „Es gibt ein großes Frustpotenzial bei den Archivpflegern.“Das hat Gerhard Beck, Archivpfleger Donau-Ries, bei einem Treffen mit seinen Kollegen aus dem Landkreis festgestellt. Als Teilnehmer hatte er die Betreuer der gemeindlichen Archive ins Rathaus der Stadt Harburg eingeladen. Information über Entwicklungen im Archivwesen, Beratung, gegenseitiger Austausch und damit Abbau möglicher Frustursachen waren die Ziele des Archivpflegetags.
Bürgermeister Wolfgang Kilian schilderte in Grundzügen, wie in Harburg das historische Erbe der Stadt gepflegt wird. In jedem der zehn Ortsteile gebe es einen heimatgeschichtlichen Verein, einen Arbeitskreis oder mindestens einen kompetenten Ansprechpartner für Fragen der Ortsgeschichte. Die heimatgeschichtlichen „Harburger Hefte“hätten sich mit Unterstützung der Kommune zu einer stattlichen Buchreihe entwickelt. Kilian verwies auch auf die Pflege der Geschichte der ehemaligen Jüdischen Gemeinde, die Tradition des „Malerstädtchens“Harburg werde hochgehalten und das städtische Archiv genieße Wertschätzung. Sie äußert sich beispielsweise in aktuellen Maßnahmen zur Konservierung der zwischen 1913 und 1933 erschienenen „Harburger Zeitung“, nämlich einer Papierentsäuerung und Restaurierung von Schäden.
Claudia Kalesse, Archivoberrätin im Staatsarchiv Augsburg, hatte etwas mitgebracht: Sie übergab zwei Aktenbestände der Ortsteile Ebermergen und Schrattenhofen aus dem Staatsarchiv an die Stadt Harburg. Es handelt sich vor allem um Gemeinderechnungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Warum ruhten sie bislang im Staatsarchiv Augsburg? Zu Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte ein anderes Verständnis von Archivpflege: Viele Gemeindedepots wurden eingezogen, um die Überlieferung zu schützen. Seit dem Jahr 2000 können sie regelmäßig zurückgegeben werden, wenn die Betreuung vor Ort gegeben und die Unterbringung gut ist. Es sei ein Beitrag, um ein Bewusstsein für die historische Identität eines jeden Orts zu schaffen.
Die Wertschätzung für die Pflege der „alten Sachen“in den Archiven und Registraturen ist offenbar nicht allerorts gegeben. Gerhard Beck meinte, dass häufig in den Gemeindeverwaltungen die Auseinandersetzung mit den tagesaktuellen Aufgaben so vorrangig sei, dass archivarische Anliegen „auf die lange Bank“geschoben werden. Er betonte, wie wichtig richtige Aufbewahrung und Pflege des Archivguts seien und ging besonders auf die Frage der Notfallvorsorge ein, illustriert durch zwei Extrembeispiele: den Einsturz des Kölner Stadtarchivs vor mehreren Jahren sowie den Brand im Dillinger Rathaus.
In Landkreis Dillingen wurde unter Federführung des Kreisarchivpflegers Helmut Herreiner, als Gast bei dem Treffen anwesend, ein Notfallverbund gegründet. Das müsse Vorbild auch für den Donau-RiesKreis sein, so Beck. Er habe bereits mit der Vorsorge bei Wasserschäden in Archiven begonnen. Sein Blick auf verschiedene Archive in seinem Zuständigkeitsbereich und die Aussprache mit den Teilnehmern der Archivrunde zeigten, dass die Lage der Archive recht unterschiedlich ist: Das Spektrum reicht von personell und räumlich gut ausgestatteten Archiven bis zu Archivbeständen, für die sich niemand richtig zuständig fühlt und die in feuchten Kellerräumen untergebracht sind.
Beck und Claudia Kalesse konnten aber bei vielen Fragen der Archivbetreuer (zum Beispiel „Was aufbewahren, was entsorgen?“, Umgang mit Fotosammlungen) gute Ratschläge erteilen. Manfred Wegele, Vorsitzender des Landesvereins für Familienkunde, anwesend als Vertreter für Tapfheim, bot Hilfe bei der Digitalisierung von Archivgut an.
Anita Schülein, zuständig für Registratur und Archiv in der Harburger Stadtverwaltung, stellte den Aufbau und die Entwicklung des Stadtarchivs dar und führte die Interessierten durch die Archivräume im Rathaus und in der sogenannten Alten Schule.
Für sie und für Archivpfleger Gerhard Beck, der selbst die Fürstlich Oettingenschen Archive auf der Harburg betreut, gab es zum Abschluss Dank und Lob aus dem Teilnehmerkreis: „Wir fühlen uns jetzt nicht mehr als Einzelkämpfer, sondern haben gemeinsame Erfahrungen und können uns austauschen.“