Wenn ein Cello singt
Klassik Traumschöne Interpretationen großer romantischer Musik mit den Musikern Ivan Karizna und Mara Mednik
Mertingen Wieder einmal war in Mertingen ein junger Cellist zu hören, von dem man noch viel erwarten darf: Der junge Weißrusse Ivan Karizna in einem hinreißenden Konzert. Begleitet wurde er von der grandiosen Pianistin Mara Mednik, die es stets versteht, aus ihren Solisten das Beste herauszuholen.
Franz Schuberts 1824 komponierte a-Moll-Sonate für (das vergessene Instrument) Arpeggione und Klavier, die „Arpeggione-Sonate“, stand am Anfang: Eine zauberhaft kurzweilige und höchst anspruchsvolle Eröffnung.
Als Schuberts berühmte Sonate 1871 im Druck erschien, wurde sie für Violine oder Cello veröffentlicht, wobei sich letztere durchgesetzt hat – und der Musikwelt somit eine Cellosonate geschenkt wurde. Der erste Satz erhebt das Werk aus dem rein Virtuos-Gefälligen. Denn über das bezaubernde Adagio gelingt dem großartig aufgelegten, sehr sängerisch spielenden Cellisten das hoch virtuose Rondo. Ein besseres Entree kann man sich nicht wünschen.
Es folgte von Ernest Bloch, dem „Vater der jüdischen Konzertmusik“sein „Prayer – No. 1 from ‘Jewish Life’ for Cello and Piano“. Diese tieftraurige Melodie eines jüdischen Gebets – ein Andante-Moderato – empfindet den Gesang eines jüdischen Kantors nach. Ein gebanntes Publikum lauschte hingerissen diesem puren, zutiefst ergreifenden, seelenvollen Spiel des Cellos vor begleitenden Klavierakkorden. Erste begeisterten „Bravi“erklangen.
Robert Schumanns „Fantasiestücke für Violoncello und Klavier op. 73“– er schrieb sie innerhalb von zwei Tagen in einer glücklichen Lebensphase im Februar 1849 – sind fester Bestandteil des romantischen Repertoires für Violoncello und Klavier. Sein Brennen für „musica poetica“setzte er in Töne um. Seine Musik zaubert „Stimmungsbilder“abseits der strengen Sonatenform in stetig gesteigerter Intensität, von „zart und mit Ausdruck“, über „lebhaft, leicht“bis „rasch und mit Feuer“zwischen den Tonarten changierende Klangfantasien. Von A-Dur ging es nach a-Moll, in kleinen Hüpfern, und aufsteigenden leichten Sprüngen. Tänzerisch und träumerisch, in frischem, leichtem Spiel, gleichzeitig aufregend und beglückend: Es war ein großes, erfrischend und begeisternd dargebotenes Ganzes.
Nach der Pause gehörte der Abend großen russischen Komponisten: Pyotr Tchaikovsky, Sergej Prokofjew und Sergei Rachmaninov. Eine sinnliche und aufregende Mischung! Die Miniaturen von Tchaikovsky, des wohl berühmtesten russischen Komponisten der Romantik – „Pezzo Capriccioso op. 62“, „Nocturne d-Moll op. 19/4“, und „Valse sentimentale f-Moll“. Das sind schwermütige Preziosen, die höchste Virtuosität verlangen. Karizna schwang sich aus dunkler Melodik hinauf in jubelnde Leichtigkeit, spielte mit Bravour und gleichzeitig traumverlorener Bescheidenheit mit warmem Celloklang. Er ist ganz in seine Musik versunken, gleichermaßen sich und seinen Hörer beglückend.
Dann Prokofjews „Sonate für Violoncello und Klavier D-Dur op. 119“– ein großes, lyrisches, beeindruckendes Werk. Kraftvoll, in wunderbar gleichberechtigter Harmonie erstrahlten Klavier und Cello. Die Interpreten: perfekt aufeinander hörend. Das Werk: fesselnd in den kleinsten Nuancen, aufregend, süchtig machend.
Vom eher epischen ersten Satz (Andante Grave – Moderato Animato) bis zum schnellen dritten Satz (Allegro, ma non troppo) entwickelte sich lyrische Stimmung. Der zweite Satz (Moderato – Andante dolce) erheiterte durch frische Ausgelassenheit. Und allem ist ein überwältigender Melodienreichtum zu eigen. Begeisterung allenthalben! Und zum Finale gab es einen wunderbar stimmigen Ausklang: die „Vocalise“von Rachmaninov. Traumschön...