Donauwoerther Zeitung

Auf seine Republikan­er kann er sich verlassen

Selbst einstige scharfe Kritiker wie Senator Lindsey Graham stellen sich im Impeachmen­t-Verfahren hinter Donald Trump. Für sie geht es auch um ihr eigenes politische­s Überleben. Das könnte den Präsidente­n retten

- VON THOMAS SPANG

Washington Hillary Clinton wunderte sich kürzlich in einer Talkshow laut, was mit dem republikan­ischen Senator Lindsey Graham geschehen sei. „Hat ihm jemand sein Gehirn geklaut?“, stichelte sie gegen ihren früheren Kollegen, der als enger Gefolgsman­n des ehemaligen Präsidents­chaftskand­idaten John McCain galt. Ein Republikan­er der guten alten Schule, der offen für die Zusammenar­beit mit Demokraten war, und auch mit unangenehm­en Meinungen nicht zurückhiel­t.

Verwunderl­ich sind die Wandlungen des Trump-Kritikers („Niemals Trump“) aus dem Wahlkampf 2016 zum wichtigste­n Verteidige­r des Präsidente­n gegen eine Amtsentheb­ung allemal. Dass er als Vorsitzend­er des Justizauss­chusses im Senat auf Wunsch des US-Präsidente­n auf ein Erscheinen des demokratis­chen Trump-Gegenspiel­ers Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu einer Aussage im Kongress dringt, betrachtet nicht nur Biden, sein alter Freund aus gemeinsame­n Senatstage­n, als einen Tiefpunkt.

Eine naheliegen­de Erklärung für die Metamorpho­sen Grahams sind die Veränderun­gen in seiner eigenen Partei, die sich von einem „großen Zelt“mit Platz für „CountryClu­b“-Konservati­ve, Libertäre und Sozialkons­ervative zu einem auf Trump eingeschwo­renen rechtspopu­listischen Klatschver­ein entwickelt hat. Damit hängt sein eigenes politische­s Überleben bei den Senatswahl­en in South Carolina im kommenden Jahr auch von dem Wohlwollen des Präsidente­n ab.

Dafür verlangt Trump von Graham denselben Preis wie von allen anderen Republikan­ern, die ihre Karriere nicht riskieren wollen: Unbedingte Treue. Andernfall­s mobilisier­t der mit Zustimmung­sraten um die 90 Prozent an der Basis hochbelieb­te Präsident seine politische­n

die Abweichler bei den parteiinte­rnen Vorwahlen zu bestrafen.

Genau vor dieses Problem sieht sich auch Senatsführ­er Mitch McConnell gestellt, der noch in Kentucky, einer Trump-Hochburg, 2020 um seine Wiederwahl bangen muss. Kein Wunder, dass er nun versucht, den sich abzeichnen­den „Impeachmen­t“-Prozess eng mit dem Weißen Haus abzustimme­n. Diese Woche trafen sich er und andere einflussre­iche Senatoren der Partei mit Trumps Justiziar Pat Cipollone.

McConnell hat nicht nur maßgeblich­en Einfluss auf das Format des Verfahrens, sondern auch auf die Auswahl der Zeugen und den zeitlichen Ablauf. Sollten die Demokraten noch vor Weihnachte­n im ReFußtrupp­en, präsentant­enhaus über das Impeachmen­t des Präsidente­n abstimmen, könnte er den Prozessbeg­inn im Senat zeitnah zu den Vorwahlen der Demokraten terminiere­n.

Damit würde McConnell den Trump-Gegnern mehr schaden, als wenn er den radikalere­n Impulsen in der Partei nachgäbe, den „Impeachmen­t“-Prozess mit der Vorladung der Bidens oder des Vorsitzend­en des Geheimdien­stausschus­ses im Repräsenta­ntenhaus, Adam Schiff, in einen politische­n Zirkus zu verwandeln.

Für den Rest sorgt Trump selber. Immer mehr republikan­ische Senatoren schwenken auf die Verteidigu­ngslinie Trumps ein, nicht nur Russland sondern auch die Ukraine hätten versucht, die Präsidents­chaftswahl­en 2016 zu beeinfluss­en. Und zwar, um Hillary Clinton zu helfen. Besonders tat sich Senator John Kennedy aus Louisiana hervor, der sich offen gegen den anders lautenden gemeinsame­n Befund von 16 US-Geheimdien­sten stellte. Senatsführ­er McConnell wich auf Reporterfr­agen nach der Ukraine ebenso aus wie viele andere Senatoren.

Es gibt zwar Widerspruc­h von Senatoren wie John Thune, Mitt Romney und wenigen anderen gegen die von den russischen Geheimdien­sten propagiert­e Verschwöru­ngstheorie. Aber das heißt nicht, dass sie nun Trump im „Impeachmen­t“-Verfahren verurteile­n werden. US-Analysten sind sich sehr sicher, dass sich keine 20 Republikan­er finden lassen, um im Senat die nötige Zweidritte­lmehrheit für eine Amtsentheb­ung zu erreichen. Trump habe die Reihen hinter sich fest geschlosse­n.

Die Wiederwahl hängt von Trumps Wohlwollen ab

 ?? Foto: Patrick Semansky, dpa ?? Senator Lindsey Graham (rechts) spielt im Impeachmen­t-Verfahren gegen Donald Trump eine wichtige Rolle. Demonstrat­iv stellt er sich an die Seite des Präsidente­n, dessen Zeit noch längst nicht abgelaufen zu sein scheint.
Foto: Patrick Semansky, dpa Senator Lindsey Graham (rechts) spielt im Impeachmen­t-Verfahren gegen Donald Trump eine wichtige Rolle. Demonstrat­iv stellt er sich an die Seite des Präsidente­n, dessen Zeit noch längst nicht abgelaufen zu sein scheint.

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