Nachbarin: Kinder sind eingesperrt
Neue Details zum Tod des Dillinger Buben
Dillingen War es menschliches Versagen? Wussten die Mitarbeiter der Ämter nicht, was sie tun sollen? War ihnen die Brisanz nicht klar? Im Fall des Dillinger Buben, der Ende Oktober mit schweren Verletzungen im Augsburger Uniklinikum starb, gibt es noch viele offene Fragen. Immer mehr aber zeichnet sich eines ab: Das Leben des Kindes hätte womöglich gerettet werden können.
Wie berichtet, hatte Anfang Juli eine Nachbarin der Familie beim Veterinäramt angerufen und gesagt, sie höre häufig Hunde in der Wohnung bellen. Die Mitarbeiterin des Amtes fragte, ob auch Kinder im Haushalt lebten – dies bejahte die anonyme Anruferin. Wie das Landratsamt Dillingen nun mitteilte, habe sie auch gesagt, dass die Kinder „eingesperrt“seien. Diese Information gab das Veterinäramt aber nicht an das Jugendamt weiter.
Das Veterinäramt sei nur dann verpflichtet, Informationen an das Jugendamt weiterzugeben, wenn ihm „gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung“bekannt werden, sagt Peter Hurler, Sprecher des Dillinger Landratsamtes. Dies treffe auf die damals übermittelten Informationen nicht zu. Zur Situation der Kinder und den Wohnverhältnissen habe die Anruferin keine weiteren Angaben machen können. Sie wurde gebeten, sich an das Jugendamt zu wenden – was sie aber nicht tat. Dass das Veterinäramt so handelte, sei darin begründet, dass derartige Meldungen immer wieder aus Familien- oder Nachbarschaftsstreitigkeiten resultierten und das Jugendamt Wert darauf lege, den gemeldeten Vorfall unmittelbar mit dem Anzeigeerstatter selbst zu verifizieren.
Das Kind soll auch keine der üblichen Früherkennungsuntersuchungen gehabt haben. Da der Junge in keiner Kita angemeldet war, fiel das jedoch nicht auf. Die NeuUlmer Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz (Grüne), zweite Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes, sieht hier Verbesserungsbedarf. Man müsse die Einführung eines Meldesystems prüfen, wie es in anderen Bundesländern existiert. Dies sehe vor, dass Eltern, die eine Untersuchung versäumen, daran erinnert werden – und dann auch aufgesucht werden, um herauszufinden, ob es Probleme gibt.