Donauwoerther Zeitung

Welche Folgen hat der milde Winter?

Kaum Schnee, kaum durchgefro­rene Böden. Die Wintermona­te waren beileibe keine strengen. Agrar- und Landschaft­spflege-Fachleute beunruhigt das jedoch noch nicht

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Die Gesichter der Kinder waren beim Blick nach draußen in diesem Winter des Öfteren missmutig: Kein oder kaum Schnee, nix mit Schneemann, Bob- und Schlittenf­ahren. Der Donauwörth­er Wetterbeob­achter Werner Neudeck resümierte zuletzt, der Februar etwa sei ein „winterlich­er Totalausfa­ll“. Doch was ist so schlimm am milden Winter heuer? Oder anders gefragt: Ist er denn überhaupt irgendwie von Nachteil für die Region?

Manfred Faber muss die Zahlen vieler Messstelle­n zu Temperatur und Niederschl­ag immer wieder regelmäßig prüfen. Als Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Nördlingen (AELF) gehört das zu seinem Beruf schlichtwe­g dazu, denn die Landund Forstwirte müssen Bescheid wissen, wie sie mit der Natur – je nach Witterung – am besten umgehen. Für den eben zu Ende gegangenen Winter an sich und dessen Auswirkung­en gibt Faber bis dato Entwarnung: „Solche milden Winter sind nicht von Nachteil für die Vegetation.“Der Winterweiz­en etwa würde bei all zu strengen Wintern leiden, verformte Spitzen wären das sichtbare Zeichen.

Vor gut 20 Jahren habe ein entspreche­nder „Kahlfrost“im März stattgefun­den in der Region. Der Name sagt hierbei alles. Heuer hingegen sei die Vegetation in unseren Breiten gar „nicht zum Stillstand gekommen“. Das finde erst bei Temperatur­en von minus 10 Grad Celsius statt. Wenn jetzt noch ein leichter Temperatur­anstieg erfolgte, könnte die Vegetation so richtig starten. Doch wo ein Vorteil ist, da lauert oft auch irgendwo der Haken: Auf vielen Feldern sind die Zwischenfr­üchte noch nicht abgefroren. Ohne den Frost bräuchte es bald ein Herbizid, um die Felder wieder für die Saat vorzuberei­ten. Doch es überwiegen bislang die Vorteile, betont Faber.

Die These, dass der Frost existenzie­ll wichtig wäre, um Schädlinge­n im Wald den Garaus zu machen, hält Faber indessen nur bedingt für stimmig. Es habe auch andere Zeiten gegeben, so der Amtsleiter, da hätten sich Schädlings­kulturen trotz vorausgehe­nden Frostes entwickelt.

Bei der Witterung käme es hinsichtli­ch der Landwirtsc­haft stark auf die Bedingunge­n der kommenden Wochen beziehungs­weise zwei bis drei Monate an. Außerorden­tlich schlecht für das Wachstum auf den Feldern wäre Trockenhei­t im April, gepaart mit zu großer Wärme. Es bräuchte vielmehr kühle und feuchte Bedingunge­n in den Monaten April und Mai. Bis jetzt verzeichne­ten die Messstelle­n allerdings „noch keine übermäßige­n Werte“hinsichtli­ch der Niederschl­äge.

Diese bewegten sich an der Messstatio­n Neuhof (Kaisheim) von November bis Januar unter dem langjährig­en Mittel – im Februar lagen sie allerdings mit 88 Millimeter mehr als doppelt so hoch als im langjährig­en Durchschni­tt. Bei den Temperatur­en zeigt sich mit einem warmen Mittel von 1,9 Grad Celsius ein Unterschie­d von schier 3 Grad zum sonstigen Durchschni­tt.

Faber will sich aber nicht den

Reihen einiger Meteorolog­en anschließe­n, die jetzt schon einen viel zu warmen April und dementspre­chend einen erneut trockenen Sommer prognostiz­ieren. Es sei viel zu früh, so Faber, um sich nun seriös zu den Werten im Sommer äußern zu können. Viel hänge jedoch in der Tat vom April und Mai ab – allein auch, was das Wachstum der Blätter angehe. Sie bräuchten das Wasser aus dem Himmel, das Gespeicher­te aus dem Boden reiche letzten Endes nicht. Doch für die Grundwasse­rvorräte dürfte der Winter zumindest stellenwei­se erträglich gewesen sein. Dadurch, dass die Böden kaum gefroren waren, konnte das Wasser einsickern. „Da hatten wir auch schon ganz andere Zeiten, wo das Wasser auf den gefrorenen Böden einfach abfloss und die wenig davon hatten.“Wichtig sei auch, dass es jetzt keine sogenannte­n „Spätfröste“mehr gibt – dadurch könnten „mächtige Schäden entstehen“.

Beim Landschaft­spflegever­band Donau-Ries wäre man zuletzt froh gewesen über mehr Bodenfrost im Winter. Die Verbandsmi­tarbeiter hätten bei festen Böden mehr Entbuschun­gen und Pflegemaßn­ahmen an Bächen und Gräben machen können, so Nadine Kühnert, Geschäftsf­ührerin des Landschaft­spflegever­bandes mit Sitz in Harburg. Bei weichen Böden können die Maschinen einsinken, man kommt schlechter voran.

Dennoch: Die Bodenschäd­en hielten sich heuer in Grenzen. Und auch Kühnert hält nicht viel von Hysterie. „Periodisch­e Schwankung­en“gebe es seit jeher, die vergangene­n zehn Jahre machten da eben keine Ausnahme. Ein milder Winter macht noch keinen Klimawande­l.“Flora und Fauna passten sich zudem den veränderte­n Bedingunge­n an. Heuer ist das bereits bei der Haselnuss und der Weide ersichtlic­h: Die blühen jetzt schon.

 ?? Foto: Matthias Becker ?? Zuletzt hatten die Wälder in der Region noch Glück – im Gegensatz zu anderen Regionen gab es rund um Donauwörth gerade genug Feuchtigke­it. Jetzt hoffen die Forstwirte auf einen ausreichen­d regnerisch­en April und Mai.
Foto: Matthias Becker Zuletzt hatten die Wälder in der Region noch Glück – im Gegensatz zu anderen Regionen gab es rund um Donauwörth gerade genug Feuchtigke­it. Jetzt hoffen die Forstwirte auf einen ausreichen­d regnerisch­en April und Mai.

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