Sind unsere Kommunen noch handlungsfähig?
Die Regierung verbietet Zusammenkünfte und Veranstaltungen. Was bedeutet das für die Sitzungen der politischen Gremien? Zuletzt wurden sie wegen der Ansteckungsgefahr abgesagt. Doch es gilt, wichtige Beschlüsse zu fassen
Landkreis Leere Sitzungssäle, politische Entscheidungen, die ruhen müssen, Gremien, die zur Untätigkeit verdammt sind: Das Verbot von Zusammenkünften wegen des erhöhten Corona-Ansteckungsrisikos hat zuletzt auch kommunale Gremien wie Kreistag, Stadt- und Gemeinderäte betroffen. Deren politische Arbeit liegt derzeit weitgehend auf Eis. Corona blockiert auf diese Weise in den meisten Fällen nicht nur unser kulturelles, gesellschaftliches, sportliches Leben, sondern auch notwendige Entscheidungen auf kommunaler Ebene – aktuell beispielsweise vielerorts die wichtigen Haushaltsbeschlüsse. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel über die Etat-Verabschiedung in Buchdorf, Seite 23 dieser Ausgabe)
Welche Lösungen gibt es für dieses Problem? Was kann getan werden, damit die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht über viele Wochen außer Kraft gesetzt wird? Die Gemeindeordnung schreibt Sitzungen in regelmäßigem Turnus vor.
Eine mögliche Antwort darauf gibt der Bayerische Städtetag seinen Mitgliedskommunen. Er ist der Ansicht, dass nach aktuellem Stand kommunale Gremiensitzungen vom Versammlungsverbot der Bayerischen Staatsregierung ausgenommen sind. Freilich schränkt er ein: Sowohl die Anzahl der Sitzungen, als auch den Umfang der Tagesordnungen sollen auf das nötige Maß reduziert werden. Nur dringende Themen sollen behandelt werden.
Sofern Gremiensitzungen notwendig sind, weist der Städtetag außerdem auf die übliche Vorsorge hin: Der Versammlungsraum soll ausreichend groß sein, um den erforderlichen Mindestabstand zueinanderhalten zu können. Außerdem soll er gut zu belüften sein und Desinfektionsmittel sollen bereitstehen.
Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Umlaufverfahren. Davon spricht man, wenn Beschlüsse ohne Zusammenkunft gefasst werden, indem die Mitglieder eines Kollegialorgans auf schriftlichem Weg einen Beschluss unterzeichnen. Das läuft in der Regel so ab: Zunächst wird der Entwurf eines Dokuments an die Adressaten verteilt. Die haben dann Gelegenheit, Änderungen oder Erman gänzungen schriftlich anzumerken. Wenn niemand Einwände äußert, wird der Entwurf so behandelt, als ob alle Teilnehmer zugestimmt hätten. In der Regel sind die Themen eines Umlaufverfahrens nicht gänzlich neu, sondern wurden bereits früher diskutiert. Nicht jedes Thema ist geeignet für ein Umlaufverfahren – Haushaltsbeschlüsse in ihrer Komplexität wohl eher nicht. Landrat Stefan Rößle hat jetzt bei Innenminister Joachim Herrmann um die Genehmigung eines solchen Umlaufverfahrens ersucht.
Und dann gibt es im Notfall und in besonderen Ausnahmesituationen auch die Option, dass ein Bürgermeister im Alleingang entscheidet. Das Recht dazu gibt ihm die Gemeindeordnung in dringenden Angelegenheiten.
Was die aktuelle Empfehlung des Bayerischen Städtetags betrifft, ist Landrat Rößle skeptisch. Die stimme nicht mit Geschäftsordnungen und anderen Regelungen überein. „Es gibt hier unterschiedliche Rechtsauffassungen“, sagt er. Nichtsdestotrotz ist auch er der Meinung, dass dringend eine Regelung getroffen werden muss, damit die Kommunen im üblichen Verständnis handlungsfähig bleiben. Das Innenministerium will in Kürze eine Richtlinie herausgeben. Sollte die zu lange auf sich warten lassen, so Landrat Rößle, „geben wir vom Landratsamt eine Allgemeinverfügung heraus“.
In Rain standen interessierte Bürger zuletzt am Dienstagabend vor verschlossener Rathaustür. Kurzfristig war die terminierte Sitzung doch noch dem Coronavirus zum Opfer gefallen. Das soll am morgigen Dienstag, 24. März, 19 Uhr, nicht der Fall sein. Dann hat der Stadtrat nach jetzigem Kenntnisstand vor, zu tagen. Allerdings nicht wie üblich im großen Sitzungssaal des Rathauses, wo sowohl Mandatsträger als auch Publikum auf Tuchfühlung sitzen würden, sondern auf Abstand im Bayertorsaal, der deutlich mehr räumlichen Spielraum bietet. Der Rainer Stadtrat soll dort die jüngst ausgefallene Sitzung nachholen. Dann geht es vor allem um Bauanträge, um das neue Baugebiet Maximilianstraße II, um Fassaden-Gestaltung und Bushaltestellen am Schulzentrum und um Straßenbeleuchtung.
Bürgermeister Gerhard Martin will nach Möglichkeit an dieser und künftigen Stadtratssitzungen festhalten, „es sei denn, es gibt eine gegenteilige Anordnung“. Ihm ist es wichtig, die „Normalität“zu organisieren, auch wenn die nur eingeschränkt möglich ist. „Ich habe natürlich auch Verständnis, wenn unter den gegebenen Umständen nicht jeder Stadtrat zur Sitzung kommen will. Wichtig ist es nur, dass wir beschlussfähig sind.“Landrat Rößle hat dazu diese Auffassung: „Wir lehnen es nicht ab, aber wir genehmigen auch nichts.“
In Donauwörth wurden zuletzt Bauausschuss und Haupt- und Finanzausschuss abgesagt. Dort setzt
mit Gremiumsbeschlüssen bis auf Weiteres aus, so lange keine Anweisungen von höherer Stelle da sind. „Wir rechnen im Lauf der kommenden Tage mit detaillierteren Auskünften dazu, wie dies im Weiteren zu handhaben ist, sodass der Betrieb der Verwaltung, der vielfach an Gremienbeschlüsse gebunden ist, aufrecht erhalten werden kann“, teilt Pressesprecherin Annegret Feist mit. Ebenso will es die Stadt Wemding halten, wie Bürgermeister Martin Drexler auf Anfrage wissen lässt.
Die Stadt Harburg ist für den Augenblick fein raus. Sie hat alle wichtigen Beschlüsse noch kurz vor Corona gefasst. Bürgermeister Wolfgang Kilian: „Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir den Haushalt und mehr unter Dach und Fach haben.
Dem Vernehmen nach soll es in Monheim eine nicht-öffentliche Sitzung in Form einer Videokonferenz gegeben haben. Von Bürgermeister Günther Pfefferer gab es auf Anfrage allerdings keine Rückmeldung.