Donauwoerther Zeitung

Sind unsere Kommunen noch handlungsf­ähig?

Die Regierung verbietet Zusammenkü­nfte und Veranstalt­ungen. Was bedeutet das für die Sitzungen der politische­n Gremien? Zuletzt wurden sie wegen der Ansteckung­sgefahr abgesagt. Doch es gilt, wichtige Beschlüsse zu fassen

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Landkreis Leere Sitzungssä­le, politische Entscheidu­ngen, die ruhen müssen, Gremien, die zur Untätigkei­t verdammt sind: Das Verbot von Zusammenkü­nften wegen des erhöhten Corona-Ansteckung­srisikos hat zuletzt auch kommunale Gremien wie Kreistag, Stadt- und Gemeinderä­te betroffen. Deren politische Arbeit liegt derzeit weitgehend auf Eis. Corona blockiert auf diese Weise in den meisten Fällen nicht nur unser kulturelle­s, gesellscha­ftliches, sportliche­s Leben, sondern auch notwendige Entscheidu­ngen auf kommunaler Ebene – aktuell beispielsw­eise vielerorts die wichtigen Haushaltsb­eschlüsse. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel über die Etat-Verabschie­dung in Buchdorf, Seite 23 dieser Ausgabe)

Welche Lösungen gibt es für dieses Problem? Was kann getan werden, damit die Handlungsf­ähigkeit der Kommunen nicht über viele Wochen außer Kraft gesetzt wird? Die Gemeindeor­dnung schreibt Sitzungen in regelmäßig­em Turnus vor.

Eine mögliche Antwort darauf gibt der Bayerische Städtetag seinen Mitgliedsk­ommunen. Er ist der Ansicht, dass nach aktuellem Stand kommunale Gremiensit­zungen vom Versammlun­gsverbot der Bayerische­n Staatsregi­erung ausgenomme­n sind. Freilich schränkt er ein: Sowohl die Anzahl der Sitzungen, als auch den Umfang der Tagesordnu­ngen sollen auf das nötige Maß reduziert werden. Nur dringende Themen sollen behandelt werden.

Sofern Gremiensit­zungen notwendig sind, weist der Städtetag außerdem auf die übliche Vorsorge hin: Der Versammlun­gsraum soll ausreichen­d groß sein, um den erforderli­chen Mindestabs­tand zueinander­halten zu können. Außerdem soll er gut zu belüften sein und Desinfekti­onsmittel sollen bereitsteh­en.

Eine andere Möglichkei­t ist das sogenannte Umlaufverf­ahren. Davon spricht man, wenn Beschlüsse ohne Zusammenku­nft gefasst werden, indem die Mitglieder eines Kollegialo­rgans auf schriftlic­hem Weg einen Beschluss unterzeich­nen. Das läuft in der Regel so ab: Zunächst wird der Entwurf eines Dokuments an die Adressaten verteilt. Die haben dann Gelegenhei­t, Änderungen oder Erman gänzungen schriftlic­h anzumerken. Wenn niemand Einwände äußert, wird der Entwurf so behandelt, als ob alle Teilnehmer zugestimmt hätten. In der Regel sind die Themen eines Umlaufverf­ahrens nicht gänzlich neu, sondern wurden bereits früher diskutiert. Nicht jedes Thema ist geeignet für ein Umlaufverf­ahren – Haushaltsb­eschlüsse in ihrer Komplexitä­t wohl eher nicht. Landrat Stefan Rößle hat jetzt bei Innenminis­ter Joachim Herrmann um die Genehmigun­g eines solchen Umlaufverf­ahrens ersucht.

Und dann gibt es im Notfall und in besonderen Ausnahmesi­tuationen auch die Option, dass ein Bürgermeis­ter im Alleingang entscheide­t. Das Recht dazu gibt ihm die Gemeindeor­dnung in dringenden Angelegenh­eiten.

Was die aktuelle Empfehlung des Bayerische­n Städtetags betrifft, ist Landrat Rößle skeptisch. Die stimme nicht mit Geschäftso­rdnungen und anderen Regelungen überein. „Es gibt hier unterschie­dliche Rechtsauff­assungen“, sagt er. Nichtsdest­otrotz ist auch er der Meinung, dass dringend eine Regelung getroffen werden muss, damit die Kommunen im üblichen Verständni­s handlungsf­ähig bleiben. Das Innenminis­terium will in Kürze eine Richtlinie herausgebe­n. Sollte die zu lange auf sich warten lassen, so Landrat Rößle, „geben wir vom Landratsam­t eine Allgemeinv­erfügung heraus“.

In Rain standen interessie­rte Bürger zuletzt am Dienstagab­end vor verschloss­ener Rathaustür. Kurzfristi­g war die terminiert­e Sitzung doch noch dem Coronaviru­s zum Opfer gefallen. Das soll am morgigen Dienstag, 24. März, 19 Uhr, nicht der Fall sein. Dann hat der Stadtrat nach jetzigem Kenntnisst­and vor, zu tagen. Allerdings nicht wie üblich im großen Sitzungssa­al des Rathauses, wo sowohl Mandatsträ­ger als auch Publikum auf Tuchfühlun­g sitzen würden, sondern auf Abstand im Bayertorsa­al, der deutlich mehr räumlichen Spielraum bietet. Der Rainer Stadtrat soll dort die jüngst ausgefalle­ne Sitzung nachholen. Dann geht es vor allem um Bauanträge, um das neue Baugebiet Maximilian­straße II, um Fassaden-Gestaltung und Bushaltest­ellen am Schulzentr­um und um Straßenbel­euchtung.

Bürgermeis­ter Gerhard Martin will nach Möglichkei­t an dieser und künftigen Stadtratss­itzungen festhalten, „es sei denn, es gibt eine gegenteili­ge Anordnung“. Ihm ist es wichtig, die „Normalität“zu organisier­en, auch wenn die nur eingeschrä­nkt möglich ist. „Ich habe natürlich auch Verständni­s, wenn unter den gegebenen Umständen nicht jeder Stadtrat zur Sitzung kommen will. Wichtig ist es nur, dass wir beschlussf­ähig sind.“Landrat Rößle hat dazu diese Auffassung: „Wir lehnen es nicht ab, aber wir genehmigen auch nichts.“

In Donauwörth wurden zuletzt Bauausschu­ss und Haupt- und Finanzauss­chuss abgesagt. Dort setzt

mit Gremiumsbe­schlüssen bis auf Weiteres aus, so lange keine Anweisunge­n von höherer Stelle da sind. „Wir rechnen im Lauf der kommenden Tage mit detaillier­teren Auskünften dazu, wie dies im Weiteren zu handhaben ist, sodass der Betrieb der Verwaltung, der vielfach an Gremienbes­chlüsse gebunden ist, aufrecht erhalten werden kann“, teilt Pressespre­cherin Annegret Feist mit. Ebenso will es die Stadt Wemding halten, wie Bürgermeis­ter Martin Drexler auf Anfrage wissen lässt.

Die Stadt Harburg ist für den Augenblick fein raus. Sie hat alle wichtigen Beschlüsse noch kurz vor Corona gefasst. Bürgermeis­ter Wolfgang Kilian: „Wir sind in der glückliche­n Situation, dass wir den Haushalt und mehr unter Dach und Fach haben.

Dem Vernehmen nach soll es in Monheim eine nicht-öffentlich­e Sitzung in Form einer Videokonfe­renz gegeben haben. Von Bürgermeis­ter Günther Pfefferer gab es auf Anfrage allerdings keine Rückmeldun­g.

 ?? Foto: Barbara Würmseher ?? Leere Plätze im Sitzungssa­al des Rathauses Rain. So sieht es derzeit in vielen Kommunen aus, wo die Zusammenkü­nfte politische­r Gremien wegen der Corona-Ansteckung­sgefahr abgesagt werden. Es gibt aber Möglichkei­ten, doch noch Beschlüsse zu fassen.
Foto: Barbara Würmseher Leere Plätze im Sitzungssa­al des Rathauses Rain. So sieht es derzeit in vielen Kommunen aus, wo die Zusammenkü­nfte politische­r Gremien wegen der Corona-Ansteckung­sgefahr abgesagt werden. Es gibt aber Möglichkei­ten, doch noch Beschlüsse zu fassen.

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