Harburg: Wird es Müller oder Schmidt?
Auch in der Burgstadt geht es am Sonntag in die Stichwahl. Noch im Rennen sind eine erfahrene Kommunalpolitikerin und ein Neuling. Wie die beiden den Endspurt angehen
Harburg Am Sonntag wird es in Harburg nochmals spannend. Bei der Stichwahl um das Bürgermeisteramt stehen sich zwei Kandidaten gegenüber, die sich allenfalls in Nuancen unterscheiden, wie die Burgstadt in den kommenden sechs Jahren geführt werden soll. Von daher dürfte es bei der Wahlentscheidung in erster Linie darum gehen, wem die Bürger am ehesten zutrauen, die künftigen Herausforderungen für die 5800-Einwohner-Stadt in der Mitte des Landkreises zu meistern.
Ist es die 48-jährige, erfahrene Kommunalpolitikerin Claudia Müller von der SPD, die sich stets kenntnisreich und souverän, bisweilen auch etwas nüchtern präsentiert? Oder der politisch bisher noch nicht groß in Erscheinung getretene, erst 34-jährige Christoph Schmidt, der großen Wert auf seine Unabhängigkeit legt und fest davon überzeugt ist, dass ein überparteilicher Rathauschef die künftigen Aufgaben der Stadt am besten meistern kann?
Vor dem Hintergrund der Coronakrise wird sich das neue Stadtoberhaupt gleich zu Beginn der Amtszeit auf ein Krisenmanagement einstellen müssen. Das ist beiden Kandidaten sehr bewusst. Der momentane Ausnahmezustand bleibt nicht ohne Auswirkungen auf städtischen Finanzen und nicht zuletzt auf die örtlichen Wirtschaftsbetriebe. Da sind sich beide einig. Möglicherweise könnte sogar der vor Kurzem vom amtierenden Stadtrat verabschiedete Haushalt bald Makulatur sein und ein Nachtragsetat erforderlich werden.
Gleich nach dem ersten Wahldurchgang am 15. März haben sich Müller und Schmidt darauf verständigt, bis zur Stichwahl auf Wahlveranstaltungen zu verzichten. Daran haben sie sich auch gehalten. Müller hat noch einen Flyer drucken und teilweise noch verteilen lassen. Als Bayern am vergangenen Freitag aber den Katastrophenfall ausrief, hat sie die Aktion gestoppt.
Während seines gesamten Wahlkampfes setzte Christoph Schmidt auf Bürgernähe. Haustürbesuche, eine wöchentliche Tour mit seinem Wohnmobil durch die Stadtteile, um mit den Leuten zwanglos ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, was ihnen auf den Nägeln brennt, prägten neben den klassischen Wahlversammlungen seine Werbetour. Dabei hob er stets hervor, wie wichtig ihm ein gutes, konstruktives und gleichberechtigtes Miteinander sei. In seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Kommandant der Harburger Stützpunktwehr und im Rettungsdienst habe er dies stets erfolgreich praktiziert. Nach seiner eigenen Einschätzung hätten ihn diese Faktoren neben einer fairen Wahlauseinandersetzung nach dem ersten Urnengang mit 39,4 Prozent auch auf dem ersten Platz landen lassen.
Schnell, unbürokratisch und kostengünstig will er die anstehenden Aufgaben angehen, falls er zum neuen Bürgermeister gewählt werde, sagt Schmidt. Der Erhalt des Hallenbades, die Barrierefreiheit, der Tourismus, die Infrastruktur, die Unterstützung der örtlichen Wirtschaft, soweit dies einer Kommune möglich ist – alle Themen, für die er machbare Lösungen möglichst in einem breiten Konsens anstrebt. Einen kleinen Seitenhieb auf seine Mitbewerberin will sich Schmidt dennoch nicht verkneifen. Claudia Müller habe unter anderem in der Podiumsdiskussion des Harburger Gewerbeverbandes den schlechten Zustand vieler Straßen im Stadtgebiet beklagt und erwähnt, dass sie und ihre Partei Stellplätze für Wohnmobile und neue Fahrradständer gefordert hätten. „Was ist daraus geworden?“, frage er sich. Schließlich sitze die SPD bereits seit vielen Jahren im Stadtrat und hätte diese Vorschläge doch längst angehen können. Müller kontert den Vorwurf damit, dass sie und ihre Fraktion dafür eben keine Mehrheit bekommen habe.
Die Sozialdemokratin setzte in ihrem Wahlkampf ebenfalls stark auf persönliche Präsenz bei den Bürgern. Ihr ging es bei den Versammlungen vor Ort jedoch nicht so sehr darum, in langen Monologen ihre Vorstellungen über die Zukunft Harburgs zu erläutern. Vielmehr wollte sie mit den Menschen diskutieren und von ihnen erfahren, was ihnen am Herzen liegt. Immer wieder hat die Bauingenieurin auf ihre berufliche Erfahrung in einer leitenden Position in einem Planungsbüro für Tiefbau und auf ihre zwölfjährige Stadtratstätigkeit hingewiesen.
Beides würde ihr als Bürgermeisterin sehr zugutekommen.
Claudia Müller ist von dem Willen geprägt, ihre Heimatstadt zu gestalten und fit für die Zukunft zu machen. Eine Kommune angesichts der künftigen Herausforderungen nur zu verwalten, sei für sie keine politische Kategorie, wie sie erklärt. Sozialthemen stehen bei ihr als Sozialdemokratin „ganz selbstverständlich“weit oben auf der Agenda, dabei vor allem die Unterstützung der Senioren. Hinzu kämen darüber hinaus die Schaffung von günstigem Wohnraum sowie nachhaltiges Handeln in allen Lebensbereichen.
Christoph Schmidt ist guter Dinge, am Sonntag auf dem Weg zur notwendigen absoluten Mehrheit auch Stimmen von denjenigen zu erhalten, die ihn am 15. März nicht gewählt haben. Den Vorsprung von rund sechs Prozent auf seine Konkurrentin von der SPD aus dem ersten Wahldurchgang halte er schon für eine deutliche Aussage der Bürger.
Doch auch Claudia Müller ist optimistisch: Sie ist überzeugt davon, in der Stichwahl auch Stimmen von CSU- und PWG-Wählern zu erhalten. Sie glaubt zudem, dass die Menschen auf Beständigkeit setzen, „wenn’s drauf ankommt.“Und diese verkörpere sie seit vielen Jahren. Falls es am Sonntag nicht klappt? Dann sei sie enttäuscht, klar. Ihre Mandate im Stadtrat und im neuen Kreistag werde sie in jedem Fall mit viel Engagement wahrnehmen, verspricht sie.