Seehofer: Bayern macht’s am besten
Dem früheren Ministerpräsidenten war bisher kaum ein Wort über seinen Nachfolger Markus Söder zu entlocken. Jetzt aber ist er, ohne ihn beim Namen zu nennen, voll des Lobes
München Es gibt Sätze, deren sensationeller Inhalt sich nicht sofort erschließt. Wenn ein Politiker in Berlin sagt, „die Bayern machen das richtig gut“, dann nehmen das seine bayerischen Kollegen in ihrer bekannten Bescheidenheit in aller Regel als selbstverständlich hin. Wenn der Satz in der Coronakrise fällt, dann ist das auch noch nicht weiter erstaunlich. Schließlich ist Bayern das zuerst und am stärksten betroffene Bundesland. Hier musste also auch am schnellsten gehandelt werden. Wenn aber der, der diesen Satz sagt, Horst Seehofer heißt, und der, der damit gemeint ist, Markus Söder, dann darf man das vermutlich eine kleine Sensation nennen.
Jahrelang haben die beiden Alpha-Männer der CSU die Bürger im Freistaat mit einem fast beispiellosen Ringen um die Macht in Atem gehalten. Dass sie in diesem Leben keine Freunde mehr werden, weiß jeder, der das Hauen und Stechen verfolgt hat. Das Ende ist bekannt. Markus Söder wurde erst Ministerpräsident, dann CSU-Vorsitzender und spätestens mit der Coronakrise sogar zum neuen Superstar der deutschen Politik. Er gibt seit Wochen den Ton an. Horst Seehofer wechselte ins Bundesinnenministerium, gab bald darauf den CSUVorsitz ab und meldete sich seither öffentlich nur noch zu Wort, wenn das neue Amt es erforderte. Eisern hielt er sich an seine Zusage, sich nicht mehr einzumischen – weder in die bayerische Politik noch in interne Angelegenheiten der Partei.
Im Gespräch mit unserer Zeitung wich Seehofer gestern Mittag von dieser Linie ab. Er sagte nicht nur: „Die Bayern machen das richtig gut.“Er sagte auch noch: „Die machen das vielleicht am besten von allen.“Beim Namen nannte er Söder zwar nicht. Aber er fügte ausdrücklich hinzu: „Das läuft alles sehr teamorientiert ab.“Für ihn sei das, was die Staatsregierung in München mache, eine große Hilfe, um den Kampf gegen das Coronavirus auch mit den Mitteln des Bundesinnenministeriums voranzutreiben – also zum Beispiel dann, wenn es um die Akzeptanz und Durchsetzung von Grenzkontrollen gehe.
Tatsächlich scheinen Seehofer und Söder beziehungsweise Bundesund Staatsregierung mittlerweile an einem Strang zu ziehen. Heftig gerungen etwa wird im Moment um die Frage, was gegen den Mangel an Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft getan werden könne. Das Dilemma ist nach Seehofers Worten offenkundig. Die Einschränkungen, die man der Bevölkerung in der Krise auferlege, könne man nicht dadurch konterkarieren, dass man große Gruppen von Saisonarbeitern einreisen lasse, die dann bei Landwirten
auf engem Raum in Gemeinschaftsunterkünften möglicherweise mit nur einem Bad und einer Toilette zusammenleben. „Wir können nicht der Bevölkerung sagen, wenn ihr zu viert auf einen Berggipfel steigt, dann kriegt ihr eine Anzeige, aber gleichzeitig in anderen Bereichen alle Augen zudrücken.“
Trotzdem suche man intensiv nach einer Möglichkeit, den Bauern zu helfen, die händeringend auf die Saisonarbeiter warten. In Gesprächen mit dem Robert-Koch-Institut werde versucht, Hygiene-Regeln zu finden, die den Infektionsschutz gewährleisten, sagte Seehofer. „Ich bin da guter Dinge, dass wir eine Lösung hinbekommen, die einen Virus-Eintrag aus dem Ausland vermeiden.“
Ansonsten sei das Bundesinnenministerium in seinem Aufgabenbereich gut unterwegs. Der freie Warenverkehr über die Grenzen, der für die Bundesrepublik von existenzieller Bedeutung sei, ist nach Aussage Seehofers sichergestellt. Auch für Berufspendler über die Grenze sei der Weg frei, soweit sie nicht in großen Gruppen in Bussen über die Grenze wollen. Und auch die Zahl der Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, sei massiv zurückgegangen. Statt früher 300 waren es zuletzt nur noch knapp 100 pro Tag. „Am vergangenen Wochenende waren es sogar nur noch fünf“, sagte Seehofer.
Dass er selbst und sein Ressort derzeit nicht im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen, stört ihn offenkundig nicht. „Wir haben gut zu tun“, so der Bundesinnenminister, „aber dass in so einer Situation der größte Anteil der Arbeit beim Bundesgesundheitsminister liegt, ist unbestritten.“Und bei den Ländern. Aber darüber hat er eh schon mehr gesagt als üblich.
Das Dilemma ist, dass eine klare Linie vonnöten ist