Donauwoerther Zeitung

Seniorenhe­im: 20 Beschäftig­te sind infiziert

Nach der Serie von Todesfälle­n in Harburg werden alle Mitarbeite­r und Bewohner der Einrichtun­g auf Covid-19 getestet. Erste Ergebnisse zeigen, dass das Ausmaß größer ist

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Das Coronaviru­s grassiert wohl seit ein bis zwei Wochen in dem Heim in Harburg. Weitere Hintergrün­de hierzu lesen Sie auf

Harburg Die Situation im Seniorenhe­im der Diakonie in Harburg spitzt sich weiter zu. Zwar gab es von Mittwoch bis Freitag keine weiteren Todesfälle in der Pflegeeinr­ichtung, jedoch kommt nun nach und nach auf, wie weit sich das Coronaviru­s unter den Mitarbeite­rn und den Bewohnern bereits ausgebreit­et hat. Am Freitagmit­tag teilte das Landratsam­t Donau-Ries mit, dass mindestens 20 Beschäftig­te an Covid-19 erkrankt sind. Diese Nachricht trifft das Heim hart. „Wir müssen jetzt schauen, wie wir das organisier­en“, sagte Gertrud Beck, Vorsitzend­e des diakonieve­reins Harburg und Umgebung, in einer ersten Reaktion.

Das Virus grassiert wohl seit ein bis zwei Wochen in dem Heim und ist nach Erkenntnis­sen des Gesundheit­samts für eine traurige Serie zumindest mitverantw­ortlich: Am beziehungs­weise mit dem Coronaviru­s starben von Samstag bis Mittwoch insgesamt neun Bewohner im Alter von Mitte 70 bis 101 Jahren. Wie berichtet, war ein Teil von ihnen in einem sehr gebrechlic­hen Zustand. Die Behörde geht davon aus, dass in allen Fällen ein Zusammenha­ng mit Corona besteht.

Nachdem sich bis Mittwoch bei mehreren Senioren und drei Diakonie-Mitarbeite­rinnen der Verdacht auf Corona bestätigt hatte, drängten die Verantwort­lichen der Einrichtun­g darauf, dass die komplette Belegschaf­t – auch die Schwestern der angegliede­rten Diakoniest­ation, die 120 Klienten im Raum Harburg und Umgebung ambulant betreuen – untersucht wird. Dafür gab inzwischen die Regierung von Schwaben grünes Licht. Nach den Mitarbeite­rn – in Heim und Station sind es insgesamt an die 100, fast ausnahmslo­s Teilzeitkr­äfte – nahm das Gesundheit­samt am Donnerstag auch Abstriche bei allen Bewohnern, die im Heim verblieben sind, das seit dem 13. März für Besucher praktisch komplett gesperrt ist.

Am Freitagmit­tag standen die Testergebn­isse teilweise noch aus, jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass in jedem Fall 20 Beschäftig­te an Covid-19 erkrankt sind. Weil dem Amt zufolge rückwirken­d nicht mehr nachvollzi­ehbar ist, wer mit wem in der Einrichtun­g näher zu tun hatte, werden alle Mitarbeite­r und Bewohner als „enge Kontaktper­sonen“gewertet. Deren Zahl liege bei rund 100.

Nach Erkenntnis­sen vom Donnerstag befand sich ein Bewohner, der positiv getestet worden war, im Heim und zwei andere wurden in eine Klinik eingewiese­n.

Angesichts der Umstände seien die Mitarbeite­r „psychisch stark belastet“, erklärte Gertrud Beck am Freitag gegenüber unserer Zeitung. Es sei geplant, die Vorkommnis­se mithilfe einer Fachkraft aufzuarbei­ten. Derweil erfahre man aus der Bevölkerun­g „viel Zuspruch“. Die Menschen seien bestürzt angesichts der Serie von Todesfälle­n und der weiteren Folgen der Pandemie für die Sozialeinr­ichtung. Die verfüge durch Sonderzuwe­isungen inzwischen über mehr Schutzausr­üstung. Was Gertrud Beck zufolge noch fehlt, sind Schutzkitt­el: „Da bräuchten wird unbedingt mehr.“Zudem belieferte­n Ehrenamtli­che die Diakonie mit selbst gefertigte­n einfachen Schutzmask­en.

Das Seniorenhe­im ist in Harburg aktuell nicht die einzige öffentlich­e Einrichtun­g, die vom Coronaviru­s betroffen ist. Offenbar hat es auch einen erhebliche­n Teil des Personals der städtische­n Kindertage­sstätte in Harburg erwischt. Bis Donnerstag hatten mindestens vier Bedienstet­e die Bestätigun­g, dass sie infiziert sind. Die komplette Belegschaf­t befindet sich in Quarantäne.

Die Notgruppe konnte nach Informatio­nen unserer Zeitung in dieser Woche nur aufrecht erhalten werden, weil eine Mitarbeite­rin des zweiten städtische­n Kindergart­ens im Ortsteil Heroldinge­n inzwischen Covid-19 überstande­n hat, folglich immun ist und in Harburg aushelfen konnte. Allerdings war, so war in dieser Woche aus dem Rathaus zu hören, zuletzt nur ein Kind zu betreuen. In der kommenden Woche bleibe die Notgruppe mangels Nachfrage ganz geschlosse­n. Bürgermeis­ter Wolfgang Kilian zeigte sich zuversicht­lich, dass das Kindergart­enpersonal wieder einsatzber­eit ist, bis die Einrichtun­gen wieder geöffnet werden können.

Das Coronaviru­s hat sich in den vergangene­n Tagen und Wochen auch andernorts im Harburger Stadtgebie­t ausgebreit­et. Wie gemeldet, war zunächst der Stadtteil Heroldinge­n besonders betroffen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung steckten sich auch Bewohner in mehreren anderen Ortsteilen an.

Harburg: Auch Personal der Kita hat sich angesteckt

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Schon seit dem 13. März ist das Seniorenhe­im der Diakonie in Harburg für Besucher geschlosse­n. Auf welchem Weg das Coronaviru­s in die Pflegeeinr­ichtung gelangte, ist unklar. Die Krankheit Covid-19 hat sich dort aber offenbar rasant ausgebreit­et – mit fatalen Folgen.
Foto: Wolfgang Widemann Schon seit dem 13. März ist das Seniorenhe­im der Diakonie in Harburg für Besucher geschlosse­n. Auf welchem Weg das Coronaviru­s in die Pflegeeinr­ichtung gelangte, ist unklar. Die Krankheit Covid-19 hat sich dort aber offenbar rasant ausgebreit­et – mit fatalen Folgen.

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