Als 15-Jährige in den Krieg ziehen sollten
Am 10. April 1945 erhielten Jugendliche ihren Termin für die Musterung. Dabei war zu diesem Zeitpunkt der Krieg längst verloren
Rain/Neuburg Der Krieg war längst verloren in jenen Frühlingstagen vor 75 Jahren. Die 42. Infanteriedivision der US-Armee, die am
26. April Donauwörth einnehmen sollte, traf nach der Überquerung des Rheins erstmals in Würzburg wieder auf ernsthaften Widerstand, konnte es aber nach zähem Ringen am 6. April einnehmen und am
12. April Schweinfurt befreien. Die
45. Infanteriedivision, Befreier des Neuburger Landkreises, besetzte am 13. April Bamberg. Da verfügte am 10. April 1945 der Landrat des damaligen Landkreises Neuburg an der Donau, zu dem einige Kommunen im heutigen Donau-Ries-Kreis gehörten, die Musterung der „männlichen Angehörigen des Geburtsjahrganges 1929“der Stadt Neuburg und aller 85 Landkreisgemeinden. Die vorausgehenden Jahre hatte man das Einberufungsalter immer weiter herabgesetzt.
Der Jahrgang 1928 stand teilweise schon „an der Front“oder im „Volkssturm“, nicht wenige waren schon gefallen. Nun also die Buben – die Ältesten gerade 16 Jahre geworden, die Jüngsten zählten 15 Lebensjahre und drei Monate. Dieses
„letzte Aufgebot“sollte mithelfen, die US-Armee aufzuhalten. Vereinzelt waren die 1929er schon für einige Wochen ins „Wehrertüchtigungslager“gesteckt worden.
Es sollte anders kommen – die Buben wurden nicht mehr „verheizt“. Denn die angestrebten Musterungstage – 23. bis 26. April – waren nicht mehr durchzuführen, die „Kampflinie“rückte in diesen Tagen in breiter Front zur Donau.
Der damalige Ettinger Bürgermeister Gregor Würfl hat später festgehalten: „Unter der Gefahr der vielen Fliegerangriffe, die sich täglich fühlbar steigerten, wurden die Saatarbeiten mit banger Sorge und aufgrund der herrlichen Witterung schon sehr frühzeitig durchgeführt.“Am 24. April nun – die Ettinger wären an diesem Tag zur Musterung vorgesehen gewesen – wurde im Dorf ein Tankwagen der Wehrmacht in Brand geschossen und die Gastwirtschaft, in der die Heeresschreibstube untergebracht war, durch eine Sprengbombe völlig zerstört. Fünf Soldaten und zwei Zivilistinnen hätten den Tod gefunden, so berichtet Würfl weiter.
Am 25. April begann die Besetzung des Neuburger Landkreises, beginnend im Norden mit Hütting und Bergen. In den nächsten drei Tagen folgten die restlichen Orte bis hinein ins Donaumoos.
Die 1929 geborenen Burschen wurden so zum ersten „weißen Jahrgang“der Nachkriegsgeschichte. So werden die zwischen 1. Januar 1929 und 30. Juni 1937 Geborenen bezeichnet, die bei der Wehrmacht nicht mehr eingezogen und zur Bundeswehr noch nicht dienstverpflichtet waren.