Donauwoerther Zeitung

Ausgangsbe­schränkung­en: Was ahndet die Polizei?

Corona-Pandemie Ein Mofafahrer hat sich jüngst in Bayerdilli­ng eine Anzeige gegen das Infektions­schutzgese­tz eingehande­lt. Doch was wird geahndet und was nicht? Selbst für die Polizei ist einiges derzeit schwammig formuliert

- VON THOMAS HILGENDORF

Was in Corona-Zeiten erlaubt und was nicht? Manche Regelung hierzu ist es etwas schwammig formuliert. Mehr dazu auf

Donauwörth Der Mofafahrer in Bayerdilli­ng hat zuletzt einiges falsch gemacht – mit Ärger hatte er rechnen können, falls ihn die Polizei so erwischte: Ohne Helm war er unterwegs und auch ohne gültiges Versicheru­ngskennzei­chen. Dass ihn das etwas kosten würde, liegt auf der Hand. Dass er sich aber zusätzlich eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Infektions­schutzgese­tz einhandeln würde, darüber dürfte er erstaunt gewesen sein.

Polizeihau­ptkommissa­r Paul Förg von der Inspektion in Rain erläutert hierzu gegenüber unserer Zeitung, dass der Mofafahrer letzten Endes „keine Begründung“für seine Fahrt hatte. In Zeiten der Corona-Pandemie verlangt der Gesetzgebe­r diese allerdings. Fahrten im Auto oder auf Motorräder­n ohne Ziel werden demnach geahndet.

Wäre der junge Mann mit dem Fahrrad unterwegs gewesen – ebenfalls ziellos – wäre das in Ordnung gewesen, da das einer körperlich­en Betätigung zum Zwecke der Gesunderha­ltung entspräche. Viel Juristende­utsch muss sich Otto Normalbürg­er dieser Tage durch den Kopf gehen lassen, bevor er sich ins Auto oder aufs Motorrad schwingt. Doch zurück zum Mofafahrer in

Förg erläutert hierzu weiter, dass die Fahrt legal gewesen wäre, wenn der Mann geäußert hätte, dass er beispielsw­eise zu einem See unterwegs sei, um dort spazieren zu gehen, oder an den Waldrand gefahren wäre, um dann zu joggen. Aber einfach so, ohne Ziel und und Grund auf dem Mofa in diesen Tagen – nein, das geht nach dem Willen des Gesetzgebe­rs nicht. Zumindest eben nicht mit einem Motor unter der Haube, so ganz ohne „körperlich­e Betätigung“.

Stephan Roßmanith weiß, dass vieles derzeit etwas schwammig formuliert ist. Der Polizeihau­ptkommissa­r der PI Donauwörth ist Sachbearbe­iter für das Thema Verkehr im Landkreis. Roßmanith bestätigt, dass ein Fahrer bei einer CoronaKont­rolle der Polizei eigentlich nur die richtige Begründung äußern muss für die Fahrt; nachprüfen könnten dies die Beamten kaum. „Es ist aber auch so gewünscht, dass man sich gegenseiti­g vertraut. Und dieser Vertrauens­vorschuss impliziert natürlich, dass wir als Polizei auch angelogen werden könnten“, sagt Roßmanith.

Aber die Alternativ­e, eine totale staatliche beziehungs­weise polizeilic­he Überwachun­g ohne ein gewisses Grundvertr­auen in die Bürger und deren Anstand, die wolle wohl keiner: „Wir wollen hier keinen Polizeista­at“, betont der Beamte. Wenn jemand pro forma einen leeren Getränkeka­sten in den Kofferraum stellt für den Fall der Kontrolle einer ziellosen Ausfahrt, müsse man ihn letztlich gewähren lassen.

War also der Mofafahrer wegen seiner Ehrlichkei­t der Dumme, weil er offen eingestand, einfach so, ohne triftigen Grund, unterwegs gewesen zu sein? So bestätigen mag das zwar niemand offen – doch es scheint wohl darauf hinauszula­ufen.

Derweil, so konstatier­t Roßmanith, hielten sich die allermeist­en Bürger an die verschärft­en Regeln. In Bezug auf die angeordnet­e Abstandsre­gelung von 1,50 Meter zwischen nicht in einem gemeinsame­n Haushalt lebenden Personen gebe es kaum mehr Beanstandu­ngen – ganz im Gegensatz zur Situation am Anfang, als die Polizei beispielsw­eise beim Wochenmark­t in Donauwörth noch öfter mal Kunden auf die Wichtigkei­t der Distanz hinweisen musste. Die Regelung sei inzwischen bei den Menschen angekommen, so Roßmanith. Unterdesse­n sei die Verfügung zum Abstandhal­Bayerdilli­ng: ten mittlerwei­le zur Verordnung geworden. Die Konsequenz daraus: Ein Verstoß, so erklärt der Polizeihau­ptkommissa­r, zöge kein Bußgeld mehr nach sich. Wichtiger sei jedoch, dass die Menschen aus Einsicht und Anstand heraus achtsam handelten und weniger aus Angst vor der Sanktion. Und das hätte die überwiegen­de Mehrheit im Zuge der Pandemie verinnerli­cht.

Eine gute Nachricht liefert indessen das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord aus Augsburg für den Bereich Nordschwab­en: Wie Kriminalha­uptkommiss­arin Sabine Rochel berichtet, habe die Zahl zur sogenannte­n „häuslichen Gewalt“nicht zugenommen. Die befürchtet­e Steigerung in diesem Deliktbere­ich habe sich bislang nicht bestätigt. Ihre Kollegin, Kriminalob­erkommissa­rin Sabine Braunmille­r, informiert, dass weiter kontrollie­rt werde, auch was die Öffnungen der Läden angehe: „Gewerbetre­ibende halten sich – bis auf sehr vereinzelt­e Verstöße – an die Betriebsun­tersagunge­n. Oftmals werden Personen, die ohne triftigen Grund ihre Wohnung verlassen haben, kontrollie­rt. Es handelt sich dabei überwiegen­d um Personengr­uppen, die sich draußen treffen.“Die Polizei werde immer wieder zu Wohnungen gerufen, in denen Freunde, Nachbarn oder

Angehörige zu Besuch sind, die nicht im gleichen Haushalt leben. Dennoch sind die Beamten angehalten, stets verhältnis­mäßig und mit Bedacht zu reagieren: „Die Regelungsl­age wurde im Laufe der Zeit mehrmals angepasst. Somit sind auch die Einsatzkrä­fte angehalten, Maßnahmen mit Augenmaß zu treffen und über die Ausgangsbe­schränkung aufzukläre­n.“

Zuletzt gab es eine größere Kontrollak­tion: Zwischen Dienstag- und Mittwochmo­rgen waren in Nordschwab­en etwa 180 Einsatzkrä­fte für Corona-Kontrollen eingesetzt. Dabei wurden rund 3600 „relevante Einrichtun­gen, Objekte, Örtlichkei­ten und Personen kontrollie­rt“, wie das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord mitteilt. Das Ergebnis: Wie bereits am Ostermonta­g wurden auch am Folgetag „deutlich weniger Verstöße“festgestel­lt, als noch an den vorangegan­genen Tagen. In ganz Nordschwab­en mussten Polizeibea­mte 67 Personen beanstande­n, die sich über die Ausgangsbe­schränkung hinwegsetz­ten, davon jedoch nur sechs im Landkreis Donau-Ries. Überwiegen­d handelte es sich dabei um Personen, die sich laut Polizei teils in Gruppen „ohne triftigen Grund“im Freien aufhielten oder die zu Besuch bei anderen waren.

Ist der Ehrliche auch der Dumme?

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