Sommerferien kürzen? Nein, danke!
Ministerpräsident Söder und Kultusminister Piazolo widersprechen Schäuble. Sie haben andere Pläne
Augsburg Mit seinem Vorschlag, wegen der Corona-Krise die Sommerferien zu kürzen, ist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble besonders in der bayerischen Landespolitik auf großen Widerstand gestoßen. Der CDU-Politiker hatte im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt, ein solcher Schritt böte Schülern die Gelegenheit, den durch die Corona-Pandemie versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen. Die Möglichkeiten des Wegfahrens mit der Familie seien ja ohnehin eingeschränkt.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erteilte der Diskussion im Interview mit eine schnelle Absage: Seine Regierung beschäftige sich mit einer Verkürzung der Sommerferien nicht. Klar sei, dass dieses Schuljahr kein normales mehr werden würde. Aber an die Schulferien wolle er nicht rangehen. Vielmehr brauche es Kreativität bei der weiteren Gestaltung des Schuljahrs.
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Gegen eine Kürzung der Sommerferien spricht sich auch der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) aus. „Ich persönlich möchte an die Ferien nicht rangehen“, sagte er gegenüber unserer Redaktion – und betonte gleichzeitig, dass er auch die zweiwöchigen Pfingstferien Anfang Juni nicht antasten will. „Eine Kürzung der Schulferien ist nach meiner Einschätzung nicht erforderlich.“
Piazolo bringt stattdessen die Möglichkeit ins Spiel, den Lehrplan nach den Corona-bedingten Schulschließungen zu entschlacken. „Es müssen dieses Jahr nicht alle noch fehlenden Lehrplaninhalte vermittelt werden.“Auch führende Lehrervertreter hatten gefordert, sich in den verbleibenden Monaten des Schuljahres auf die wesentlichen Inhalte zu konzentrieren und Proben zu reduzieren.
Entscheidend ist Piazolo zufolge, Eltern und Schüler bestmöglich zu unterstützen. „Mir ist bewusst: Für die Eltern, die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte ist die aktuelle Situation herausfordernd und auch belastend.“
Von einer Kürzung der Sommerferien hält auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, HeinzPeter Meidinger, nichts. Als Reaktion auf den Artikel in der Augsburger
Allgemeinen sagte er dem Deutschlandfunk: „Ich glaube, zum jetzigen Zeitpunkt eine Diskussion um die Verkürzung von Sommerferien zu führen, geht eigentlich fehl.“Er bezweifle, dass eine solche Maßnahme überhaupt einen großen Effekt habe. Was es brauche, sei ein Gesamtkonzept.
Deutlich mehr Zustimmung erfährt der Vorschlag von Wolfgang Schäuble bei den Bundesbürgern. Das Meinungsforschungsinstitut Civey hatte im Auftrag unserer Redaktion gefragt: Sollten die Sommerferien 2020 in Deutschland verkürzt werden, damit die Schüler den durch die Corona-Pandemie verpassten Unterricht nachholen? 55,1 Prozent der Umfrageteilnehmer sprachen sich dafür aus, nur 35,7 Prozent sind derselben Meinung wie Söder, Piazolo und Meidinger.
Auch bei einem anderen Thema bleibt Heinz-Peter Meidinger zurückhaltender als andere: Die Bildungsgewerkschaft GEW hatte einen „Corona-Bonus“bei den Schulnoten ins Spiel gebracht. Damit solle es etwa schlechten Schülern leichter gemacht werden, die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe zu schaffen. „Jetzt sollen mal die Prüfungen geschrieben werden“, sagte Meidinger. Wenn sich danach herausstelle, dass viele Schüler durch die außergewöhnliche Situation außergewöhnlich schlechte Noten mit nach
Hause brächten, dann müsse man die Situation neu bewerten. Aber jetzt schon von Erleichterungen bei der Versetzung oder bei Prüfungen zu sprechen, sei fehl am Platze.
Bayerns Kultusminister Piazolo aber hatte schon am Donnerstag versprochen, dass wegen Corona kein Schüler in Bayern sitzenbleiben und das Jahr wiederholen müsse.
Zum Hintergrund: Bayern möchte die Schulsituation beständig neu bewerten. Ab 27. April sollen etwa 14 Prozent der Schüler in die Schulen zurückkehren. Der Fokus liegt hier auf jenen Jugendlichen, die kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen. Frühestens am 11. Mai sollen dann weitere Schüler folgen.
Die Klassen werden allerdings deutlich kleiner sein: Nur zehn bis 15 Kinder und Jugendliche sollen jeweils am Unterricht teilnehmen. „So werden wir in den Klassenzimmern einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Schülern gewährleisten“, betonte Piazolo bei einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung am Donnerstag.