Tagmersheim
Georg Schnell sagt „Servus“
Tagmersheim An der Wand, hinter dem Schreibtisch von Georg Schnell hängt ein Bild vom ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Es erinnert den Tagmersheimer Rathauschef an einen ganz besonderen Tag in der zwölfjährigen Amtszeit von Georg Schnell, die am 1. Mai endete.
Es war der 18. September 2011, als der Ex-Kanzler mit seiner damaligen Frau Doris Schröder-Köpf in ihren Heimatort gereist ist, um das komplett sanierte Gemeindehaus einzuweihen. „Das war ein absoluter Höhepunkt und eine Ehre für das ganze Dorf“, erinnert sich Schnell gerne zurück. Ebenso wie das gemeinsame Abendessen mit den Ehrengästen am Tag zuvor oder ein Fußballfernsehabend mit Gerhard Schröder auf der heimischen Couch. „Das waren schon tolle Erlebnisse, aber wenn wir keinen Dorfladen hätten, wäre das viel schlimmer“, erklärt der 62-Jährige.
Und so lenkt Schnell in seinem Rückblick auf seine Amtszeit lieber den Fokus auf das Erreichte in den vergangenen zwölf Jahren. Und da kann Tagmersheim einiges vorweisen. Die nachhaltigste Veränderung war sicherlich die Dorferneuerung von 2009 bis 2015. „Wir haben im Kerndorf rund 80 Prozent der Infrastruktur erneuert“, freut sich Schnell. Konkret wurden Straßen und Kanäle saniert, der barocke Pfarrhof in ein Gemeindehaus umgebaut, der Burgplatz mit Graben verschönert und ein Dorfladen gebaut. Außerdem haben mit Gemeindehilfe der Schützenverein, der Sportverein und das B+Zentrum in Blossenau jeweils eine neue Heimat gefunden. „Wir haben einen Arzt, eine Bank, einen Kindergarten mit Kinderkrippe, eine Grundschule, eine Bücherei und ein Freibad im Ort. Nicht selbstverständlich für ein 1100-Einwohner-Dorf“, verrät ein sichtlich stolzer, ehemaliger Bürgermeister. Vor allem der Erhalt des Freibades war für Schnell eine Herzensangelegenheit. Seit zwei Jahren steht er selbst im Freibad-Kiosk und hilft, wie die anderen rund 50 Ehrenamtlichen mit, den Kindern und Familien im Ort etwas zu bieten. „Ohne das ehrenamtliche Engagement, auch im Dorfladen, könnten wir unsere Infrastruktur nicht aufrechterhalten“, erklärt Schnell.
1982 zog der damals 24-jährige
aus Margertshausen (Landkreis Augsburg) mit mehreren Gleichgesinnten nach Tagmersheim. „Damals hatte ich nie angestrebt, Bürgermeister zu werden, umso mehr bin ich dankbar, dass ich als ,alternativer Zugereister‘ die Chance dazu bekam.“
Nach zwölf Jahren als Gemeinderat setzte sich Schnell 2008 mit 55 Prozent der Stimmen gegen Petra Hopp durch. Für den gelernten Sozialpädagogen war es immer wichtig, die Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen mit einzubeziehen und diese dann auch vernünftig zu erklären. Drei Fachkenntnisse müsse ein Bürgermeister einer kleinen Kommune laut Schnell vorweisen: Menschenkenntnis, Verwaltungswissen und Bauingenieurwissen. Das Erstere war für den gelernten Sozialpädagogen das einfachste. Auch Verwaltungswissen kannte
Schnell aus seiner langjährigen Arbeit als Leiter einer Jugendwerkstatt. Für das Bauingenieurwissen initiierte der zweifache Familienvater 2014 die Erschaffung einer Stelle für das Gemeindebauwesen innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Monheim. „Als neuer Bürgermeister wird man ohne Schwimmkurs ins kalte Wasser geworfen und muss dabei noch souverän ausschauen“, erklärt Schnell bildlich seine Anfänge.
Über die Jahre erhält man natürlich die notwendige Erfahrung. Dennoch wollte er nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. „Für mich und Tagmersheim war es der richtige Zeitpunkt aufzuhören.“Seiner Nachfolgerin Petra RiedelsAtomkraftgegner heimer, bisher im Regionalmanagement der Monheimer Alb, übergibt Schnell „einen gut fahrenden Zug“. Mit der Dorferneuerung in Blossenau habe seine Nachfolgerin zwar ein riesiges Projekt zu stemmen, jedoch sei vieles schon auf den Weg gebracht worden.
Schnell selbst will sich etwas zurückziehen und sich wieder mehr seiner Familie widmen. Der verheiratete Familienvater wird sich um sein altes Bauernhaus kümmern und noch ein paar Stunden in der Jugendwerkstatt Langenaltheim beratend tätig sein. Zunächst geht er aber erst einmal in den Wald, Brennholz machen. „Da sieht man wenigstens am Abend, was man am Tag getan hat. Als Bürgermeister war das nicht immer so“, lacht Schnell. Wer durch Tagmersheim und den Ortsteil Blossenau fährt, wird dies aber anders sehen.