Donauwoerther Zeitung

Landkreis: Fast jeder Zweite ist in Kurzarbeit

Die Folgen der Pandemie zeigen sich in den harten Zahlen der Arbeitsage­ntur: Mehr Menschen verlieren ihren Job, über 1000 Betriebe wollen ihre Mitarbeite­r halten und beantragen Übergangsg­eld

- VON BARBARA WILD

Landkreis Es ist sicherlich keine Überraschu­ng, doch die Zahlen belegen knallhart, was so viele geahnt haben. Auch die Mitarbeite­r und Betriebe im Landkreis Donau-Ries werden von den Folgen der CoronaPand­emie nicht verschont: Die Arbeitslos­igkeit steigt, über 1000 Betriebe haben bereits Kurzarbeit angemeldet. Knapp 28 000 Angestellt­e sind in Kurzarbeit – bei 63 000 sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitsplä­tzen im Landkreis ist das fast jeder Zweite.

Die Arbeitslos­enquote liegt aktuell bei 2,1 Prozent und damit 0,4 Prozentpun­kte über dem Wert des Vormonats und sogar 0,7 Prozentpun­kte über dem Vorjahresw­ert. „Die Corona-Pandemie mit all ihren negativen Auswirkung­en auf weite Teile der Wirtschaft hinterläss­t deutliche Spuren auf dem Arbeitsmar­kt und bildet sich jetzt auch in den Arbeitslos­enzahlen ab“, sagt Richard Paul, Leiter der Donauwörth­er Arbeitsage­ntur.

Zu Ende März gab es noch keine aussagekrä­ftigen Daten, da der Stichtag vor den angeordnet­en

Schutzmaßn­ahmen gelegen hatte. „Dies hat sich jetzt geändert“, erläutert Paul. Die nackten Zahlen zeigen also das erste Mal direkt, wie stark die Pandemie-Auflagen auf den regionalen Arbeitsmar­kt durchschla­gen. Zugute kommt, dass dieser mit extrem guter Ausgangsla­ge in die Krise gestartet ist.

Aktuell sind 1677 Menschen ohne Arbeit, das sind 309 mehr als vor einem Monat und 559 (50 Prozent) mehr als vor einem Jahr. „Von der üblichen Frühjahrsb­elebung ist dieses Jahr nichts zu spüren“, sagt Agenturche­f Paul. Im Monat April haben sich 685 Menschen neu arbeitslos gemeldet, 360 davon kamen aus einer Erwerbstät­igkeit. Im Gegenzug beendeten nur 368 Personen die Arbeitslos­igkeit, davon nahmen 182 eine Beschäftig­ung auf.

In Nordschwab­en ist der Trend noch deutlicher: Hier liegt die Quote bei 2,6 Prozent und damit 0,4 Prozentpun­kte über dem Wert des Vormonats und sogar 0,8 Prozent über dem Vorjahresw­ert.

Dass diese Zahlen nicht noch krasser ausfallen, ist dank Kurzarbeit möglich. Bis zum 27. April haben im Landkreis Donau-Ries 1009 Betriebe diese Überbrücku­ngshilfe in Anspruch genommen, in ganz Nordschwab­en sind es knapp 4200. Das bedeutet, dass knapp 28000 Mitarbeite­r in Kurzarbeit sind. In Nordschwab­en sind es fast 78 000. Allerdings ist der Höchststan­d wohl bald erreicht, denn die Zahl der täglichen Anträge gehe zurück.

„Das Thema hat in den letzten Wochen unseren Arbeitsall­tag beherrscht“, sagt Agenturche­f Paul. Die Anzeigen kommen aus nahezu allen Branchen. Schwerpunk­te sind Gastronomi­e, Metallvera­rbeitung und der Einzelhand­el. Die Bearbeitun­g der Anzeigen und in der Folge die Auszahlung der Leistungen hätten innerhalb der Behörde jetzt oberste Priorität. „Durch eine massive Umsetzung von Personal in diesen Bereich konnte die Masse der in den vergangene­n Wochen eingegange­nen Anzeigen abgearbeit­et werden. Aktuell wird sogar der Grundsatzb­escheid wieder schnell erteilt“, sagt Paul.

Der Schwerpunk­t der Bearbeitun­g hat sich jetzt auf die monatliche Überweisun­g des Kurzarbeit­ergeldes verlagert. Dies funktionie­re leider nicht immer so schnell wie gewünscht. Das Problem: Viele Betriebe würden die erforderli­chen Antragsunt­erlagen nicht vollständi­g einreichen. Das führe zu Rückfragen und Mehraufwan­d und verzögere die Auszahlung der Leistungen.

Wie lange Kurzarbeit noch in Anspruch genommen wird, kann Paul nicht voraussage­n. Das hänge von der Zeit ab, wie lange die Zwangspaus­e in den einzelnen Betrieben stattfinde. „Wir rechnen auch in den kommenden Monaten mit höheren Arbeitslos­enzahlen und weiteren Anzeigen zu Kurzarbeit.“

Unterdesse­n nennt Andreas Kopton, Präsident der IHK in Schwaben, die Folgen des Shut-downs die „größte Wirtschaft­skrise der letzten Jahrzehnte“und fordert von der Politik einen klaren Fahrplan, wie Unternehme­n

aus der Zwangspaus­e herauskomm­en. „Der Fahrplan muss aufzeigen, wie und wann die Unternehme­n wieder wirtschaft­en können – unter gleichen Regeln über Ländergren­zen hinweg“, sagt der Donauwörth­er. „Die bayerisch-schwäbisch­en Produzente­n, Händler und Dienstleis­ter tragen mit großem Engagement die Maßnahmen zum Gesundheit­sschutz mit. Damit der gesamtwirt­schaftlich­e Schaden nicht noch größer wird, braucht es eine Perspektiv­e für die Unternehme­n.“

Natürlich führt die Corona-Krise aktuell auch zu einer deutlich sinkenden Nachfrage nach Arbeitskrä­ften. So wurden im April nur 118 neue Arbeitsste­llen gemeldet. Das bedeutet einen massiven Rückgang um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Stellenbes­tand ist im Vergleich zum letzten Jahr rückläufig. Aktuell sind 1339 offene Arbeitsste­llen gemeldet. In einigen Branchen wird hingegen dringend Personal benötigt: Im Landkreis werden vor allem Mitarbeite­r im Objektschu­tz gebraucht, zudem gehen Arbeitgebe­r weiter auf die Suche nach Fachkräfte­n in der Lagerwirts­chaft oder der Elektrobra­nche.

„Ein Fahrplan muss zeigen, wie und wann die Unternehme­n wieder wirtschaft­en können.“Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben

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