Donauwoerther Zeitung

Der neue Mann

- VON ERICH PAWLU redaktion@donauwoert­her-zeitung.de

Corona verändert nicht nur die Welt, sondern auch den deutschen Mann. In abgelaufen­en Zeiten verdeutlic­hte der Wildwestfi­lm das maskuline Ideal. Da vertraute der Mann noch auf Faust und Revolver, auf Reitkunst und Tatendrang. Nebenbei brach er Frauenherz­en. Das ist vorbei. Das freie Leben in der bundesrepu­blikanisch­en Prärie ist von der familiären Isolations­haft im Wohnzimmer abgelöst worden. Dort gibt es zwar keine Ganoven, die besiegt werden müssen. Aber es gibt genervte Ehefrauen. Sie attackiere­n den Mann an ihrer Seite nicht mit einem Colt, dafür aber mit bissigen Bemerkunge­n und manchmal auch mit handgreifl­ichen Zurechtwei­sungen. Immer mehr Mannsbilde­r fühlen sich schutzbedü­rftig und verfolgt. Aktuelle Kriminalst­atistiken belegen, dass 75 Prozent aller Menschen, die unter körperlich­er Gewalt zu leiden haben, männlich sind. Da ist Hilfe nötig. In Bayern und Nordrhein-Westfalen ist für geschlagen­e Herren bereits ein Notruftele­fon eingericht­et worden. Sobald die Nummer gewählt ist, kann sich der Mann ausweinen und anschließe­nd trösten lassen.

Dringend gefragt ist jetzt die verständni­svolle Frau, die ihren verzweifel­t umherirren­den Mann mit einem Lockruf zurückholt und sich damit ein so schönes Erlebnis sichert, wie es Adelbert von Chamisso in seiner „Schlemihl“-Geschichte geschilder­t hat: „Als der gute Mann meine Stimme erkannte, konnte er seine Freude kaum bändigen, die Thür flog auf, wir lagen weinend einander in den Armen.“

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