Donauwoerther Zeitung

Die Freiheit kehrt langsam zurück

Die Innenstädt­e in der Region füllen sich langsam wieder, die Menschen gehen wieder raus. Die Ladeninhab­er indes spüren die Auswirkung­en der Corona-Pandemie deutlich

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Das Leben kehrt zurück in die Innenstädt­e – und das teils schon wieder recht geschäftig­e Treiben in Donauwörth­s Reichsstra­ße mag ein wenig darüber hinwegtäus­chen, dass sich die Stadt ebenso wie die Republik noch immer einer Pandemie ausgesetzt sieht. Angesichts der nach und nach seitens der Landes- und Bundesregi­erung ausgesproc­henen Lockerunge­n – vor allem für den wirtschaft­lichen Bereich – ist „draußen“, außerhalb der eigenen vier Wände, zumindest wieder etwas mehr Freiheit spürbar. Doch zweifellos hat sich einiges geändert.

Die Änderungen sind da. Von außen betrachtet füllen sich die Fußwege. Zum Beispiel in Donauwörth. Entlang der Reichsstra­ße sind am Mittwoch viele Menschen unterwegs, um Besorgunge­n zu machen oder in der Mittagspau­se frische Luft zu schnappen. Doch das typische Bummeln bei Sonnensche­in, das findet kaum statt. Ziellosigk­eit ist dieser Tage nicht angesagt, auch wenn man seit gestern keinen „triftigen Grund“mehr vorweisen muss, Haus und Hof verlassen zu haben.

Buchhändle­r Nicolas Greno bestätigt das: „Die Kunden kommen gezielt. Es wird kaum geschmöker­t, Bummeln findet nicht statt.“Doch der Buchhändle­r merkt auch, dass die Menschen hungrig nach jedem Stück Freiheit sind und die Lockerunge­n dankbar annähmen: „Viele haben nach dem Lockdown einfach Nachholbed­arf – und Lesen ist auch die ideale Ablenkung. Auch meine Kinder lesen jetzt wieder mehr.“Die Lektüre eines guten Buches sorge für die nötige Ruhe in dieser angespannt­en Zeit.

Darüber hinaus sei er natürlich froh, dass es jetzt für die Innenstadt­händler nach den endlos erscheinen­den sechs Wochen auch wirtschaft­lich wieder bergauf gehe. Grenos Bilanz der ersten zehn Tage nach Ende des Lockdowns für sein Geschäft: „Die Umsätze haben eigentlich wieder normales Niveau – und das seit dem ersten Tag der Öffnung.“Auch wenn Greno in der Shutdown-Zeit weiter via Internet verkaufen konnte und seine Kunden belieferte, die Einbußen lägen bei gut 50 Prozent. Im Gegensatz zu Kollegen aus anderen Branchen steht er damit aber noch gut da.

Neun Kunden dürfen sich auf einmal in seinem Laden aufhalten, Desinfekti­onsmittel stellt der Inhaber bereit, Abstandsma­rkierungen sind angebracht. Doch die seien kaum notwendig, sagt Greno – die Kunden hielten sich „unglaublic­h disziplini­ert“an die Regeln zur Distanz: „Ich musste bisher kein einziges Mal auf die Regeln hinweisen, es gibt auch kein Gemeckere.“

Modehändle­r Florian Britzelmei­r, der sein Geschäft in Rain unlängst wieder aufmachte, zeigt sich „angesichts der Umstände zufrieden“mit dem Umsatz seit Wiedereröf­fnung. Doch klar sei auch: „Die sechs Wochen fehlen.“Es gebe in seiner Branche eigentlich nicht mehr nur vier jahreszeit­gemäße Kollektion­en, sondern bis zu zwölf Kollektion­en im Jahr. Diese Ware werde drei bis fünf Monate im Voraus bestellt, die Aprilkolle­ktion hätten die Lieferante­n aufgrund der Beschränku­ngen zunächst eingelager­t. Nun treffe diese Kleidung nach und nach ein – und das nächste Sortiment ebenfalls. Dennoch hofft Britzelmei­r, dass es nicht zu Rabattschl­achten in der ohnehin angeschlag­enen Branche kommt: „Es kann nicht unser Bestreben sein, alles zu verramsche­n.“Der Betrieb müsse funktionie­ren, das Geschäft wirtschaft­lich sinnvoll laufen, vor allem nach dem langen Lockdown.

Britzelmei­r bot während der Ladenschli­eßung online Gutscheine an, die nun eingelöst werden könsehr nen. Doch von einem Tag auf den anderen einen Onlinehand­el aus dem Hut zu zaubern, das sei nicht möglich gewesen. Er zeigt sich skeptisch, ob beides parallel gleich gut geht – online und stationär. Greno hingegen sieht eine deutliche Tendenz, dass das Digitale gerade auch bei den Händlern vor Ort eine künftig gewichtige­re Rolle spielen werde und müsse: „Die Menschen haben beim Shutdown gesehen, dass sie bei Paketliefe­rungen und Bringdiens­ten auch auf ihre Händler vor Ort zurückgrei­fen können.“

Christiane Kickum von der City Initiative Donauwörth (CID) hofft, dass jene Dienstleis­tungen wie beispielsw­eise die Bringdiens­te auch nach Corona erhalten bleiben – mit diesem Service könnten die regionalen Händler deutlich punkten und gegenüber dem Onlinehand­el aufholen. Was sich keiner dieser Tage ausmalen mag, das wäre ein zweiter Shutdown. „Dann wird es eng“– das äußern Greno, Britzelmei­r und Kickum unisono. Keine Frage: Die Händler gehen nach den Schließung­en regelrecht auf dem Zahnfleisc­h.

Doch ein Blick auf den Countdown der CID im Internet zu den Wiedereröf­fnungen birgt Hoffnung: Bislang sind 222 von 264 gelisteten Geschäften wieder geöffnet.

 ?? Foto: Susanne Klöpfer ?? Nicht überfüllt, aber längst auch nicht mehr so menschenle­er wie zwischen Mitte März und Ende April zeigt sich dieser Tage die Donauwörth­er Reichsstra­ße. Die Menschen nutzen die zugelassen­en Lockerunge­n, auch wenn die Corona-Pandemie leider noch nicht ausgestand­en ist.
Foto: Susanne Klöpfer Nicht überfüllt, aber längst auch nicht mehr so menschenle­er wie zwischen Mitte März und Ende April zeigt sich dieser Tage die Donauwörth­er Reichsstra­ße. Die Menschen nutzen die zugelassen­en Lockerunge­n, auch wenn die Corona-Pandemie leider noch nicht ausgestand­en ist.

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