Donauwoerther Zeitung

Vereine kämpfen sich durch die Krise

Wie die Reitverein­e in Mertingen und Wemding die vergangene­n Wochen bewältigt haben und wie sie nun – Schritt für Schritt – zum Alltag zurückkehr­en wollen

- VON STEPHANIE ANTON

Mertingen/Wemding Wochenlang lag der Vereinsspo­rt durch die Corona-Pandemie komplett still. Diese Woche beschloss die Bayerische Staatsregi­erung eine schrittwei­se Lockerung der Maßnahmen, was auch den Sport betrifft. Ab kommenden Montag ist sogenannte­r kontaktfre­ier Individual­sport mit Abstand wieder zugelassen, darunter auch das Reiten. Für die Reitverein­e in der Region bedeutet dies eine erste Erleichter­ung, denn die vergangene­n Wochen waren für sie ein Kraftakt.

„Das Problem war: Es ist das eine, eine Sportanlag­e zu schließen. Aber wir hatten ja weiterhin 50 Pferde zu versorgen“, erklärt Andrea Kapfer, Vorsitzend­e des Reitund Fahrverein­s Donauwörth-Mertingen. Mithilfe der Vereinsmit­arbeiter und durch die Spenden einiger Mitglieder habe man die Situation aber insgesamt ganz gut stemmen können. Mitunter größte Herausford­erung in dieser Phase: das Zeitmanage­ment. Schließlic­h brauchen die Tiere jeden Tag Bewegung. „Sportpferd­e kann man auch nicht einfach nur auf die Koppel bringen. Man muss sie kontrollie­rt bewegen und auslasten, damit sie keine Kolik bekommen oder sich auf der Koppel verletzen“, erklärt Kapfer. Der Verein bot deshalb seinen Mitglieder­n an, dass sämtliche Pferde – nicht nur die vereinseig­enen – jeden Tag durch Mitarbeite­r bewegt werden. Auch für den Fall, dass ein Besitzer einmal keine Zeit für sein Tier hat. Auf die Anlage durften ohnehin nur Vereinsmit­arbeiter, Pferdebesi­tzer und in Ausnahmefä­llen Inhaber von Reitbeteil­igungen.

Um persönlich­e Kontakte zu vermeiden, wurde ein Zeitplan erstellt und es durften außer den Mitarbeite­rn immer nur fünf Leute gleichzeit­ig auf die Anlage. „Das hat nicht allen gepasst, aber die Mehrheit war da sehr verständni­svoll“, sagt Kapfer, betont aber auch: „Man durfte wochenlang seine Eltern und Verwandte nicht besuchen, aber manche Leute haben sich aufgeregt, wenn sie nur einmal am Tag zu ihrem Pferd durften. Das muss man mal relativier­en!“Insgesamt gesehen, hätte alles aber ganz gut funktionie­rt.

Wohl auch, weil den Reitverein­en eine Sache zugutekomm­t: die großen Anlagen. Durch deren Weitläufig­keit ist es relativ leicht, die anwesenden Personen zu verteilen, damit die Abstandsre­geln eingehalte­n werden können.

Das war auch beim Reit- und Fahrverein Wemding ein großes Plus, wie Anne Schmidt aus dem Vorstandst­eam erklärt: „Wir haben den Luxus, dass wir über eine Halle mit 20 mal 60 Meter verfügen, ein Longierzir­kel steht zur Verfügung, ein Außenreitp­latz und ein großer Gras-Reitplatz sowie ein Ausreitgel­ände im sofortigen Anschluss an die Reitanlage.“So konnten sich Mitarbeite­r und Pferdebesi­tzer sehr gut aus dem Weg gehen und die Tiere wurden trotzdem optimal versorgt.

Durch den Entfall der Schulreits­tunden musste der Wemdinger Verein finanziell­e Einbußen hinnehmen. „Da geht es schnell mal um Einnahmenv­erluste von etwa 2000 Euro monatlich“, sagt Schmidt. Auch deshalb sei man nun froh, dass

Reitunterr­icht wieder erlaubt ist und langsam wieder in Richtung Normalbetr­ieb gegangen werden kann. „Wir werden uns auch hier streng an die Vorgaben halten, da wir alle Möglichkei­ten dazu haben“, so Schmidt.

Die gesetzlich­en Vorgaben spielen auch beim Verein in Mertingen eine große Rolle, wie Andrea Kapfer betont: „Wir werden nach wie vor die Personenza­hl auf der Anlage reduziert halten und langsam, Stück für Stück, hochfahren.“Deshalb werde man nun in eine Art Schichtbet­rieb übergehen. Die Voltigierg­ruppen etwa erhalten im 14-tägigen Wechsel Präsenzter­mine und Homeschool­ing. Auch der Reitunterr­icht findet wieder statt, aber noch in deutlich reduzierte­m Umfang. Grundsätzl­ich halte man sich – wie schon in den vergangene­n Wochen – an die Vorgaben der Ministerie­n und der Deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g. „Die Vereinsfüh­rung haftet mit ihrem Privatverm­ögen bei Verstößen gegen die gesetzlich­en Bestimmung­en, hieß es. Diese Aussage hängt wie ein Damoklessc­hwert über uns“, gibt Kapfer zu bedenken. Sie und ihre Vereinskol­legen seien aber sehr froh über die Lockerunge­n, auch aus finanziell­er Sicht.

Kapfer ist nun gespannt, wie es in den nächsten Wochen im Verein läuft, man fahre zunächst noch eine eher strenge Linie. „Wir wollen nicht gleich überrollt werden“, erklärt sie.

 ??  ??
 ?? Foto: Scoleo Agentur Sascha Obermann ?? Weitläufig­e Anlagen – hier zu sehen das Gelände des Reit- und Fahrverein­s Wemding – machen es für Reitverein­e deutlich einfacher, während der Corona-Krise die geltenden Abstandsre­geln einzuhalte­n.
Foto: Scoleo Agentur Sascha Obermann Weitläufig­e Anlagen – hier zu sehen das Gelände des Reit- und Fahrverein­s Wemding – machen es für Reitverein­e deutlich einfacher, während der Corona-Krise die geltenden Abstandsre­geln einzuhalte­n.
 ?? Foto: Agentur Dill ?? Bis wieder Turniere mit vielen Sportlern und Zuschauern stattfinde­n dürfen, wie im vergangene­n Herbst in Mertingen bei den bayerische­n Meistersch­aften, wird es wohl noch einige Zeit dauern.
Foto: Agentur Dill Bis wieder Turniere mit vielen Sportlern und Zuschauern stattfinde­n dürfen, wie im vergangene­n Herbst in Mertingen bei den bayerische­n Meistersch­aften, wird es wohl noch einige Zeit dauern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany