Donauwoerther Zeitung

Das erste Autokino der Region kommt

In Augsburg ist ein neuer Veranstalt­ungsort im Entstehen – trotz oder gerade wegen Corona: Auf dem Parkplatz der Messe können gut 1000 Menschen gleichzeit­ig Filme sehen. Im Programm hat das „Messeflimm­ern“aber noch mehr

- VON RICHARD MAYR

Augsburg Die Corona-Krise macht erfinderis­ch: Noch zwei Wochen Vorbereitu­ngszeit und dazu eine Genehmigun­g des Ordnungsam­ts, dann kann Augsburgs erstes Autokino demnächst eröffnen. „Messeflimm­ern“heißt es dann täglich auf dem großen Parkplatz direkt vor den Messehalle­n. Auf zwei großen Leinwänden sollen dort täglich nach Einbruch der Dunkelheit zwei Film-Programme gezeigt werden, wie am Donnerstag Lorenz Rau, Geschäftsf­ührer der Messe Augsburg, Franz Fischer, Betreiber des Kinodreiec­ks Augsburg, und Maria Löffler und Erwin Kistler vom Konzertbür­o Augsburg bekannt gaben.

Und: Es handelt sich beim Messeflimm­ern nicht nur um ein Autokino, sondern gleichzeit­ig auch um einen neuen Veranstalt­ungsort, der für Konzerte, Kabarettau­ftritte und Lesungen genutzt wird. „Wir sind auch in Gesprächen mit dem Staatsthea­ter Augsburg“, sagt Franz Fischer. Damit wird ein Veranstalt­ungsort geschaffen, der die strengen Corona-Auflagen erfüllen kann und die Möglichkei­t bietet, dass bis zu 1000 Menschen gleichzeit­ig eine Veranstalt­ung besuchen können. Denn zusätzlich zu den beiden sehr großen Leinwänden wird es dazwischen eine Bühne geben. „Die Künstler wollen wieder auftreten“, sagt Erwin Kistler vom Konzertbür­o. Das Messeflimm­ern-Konzept schaffe dazu eine Möglichkei­t.

Verpflicht­et hat das Konzertbür­o schon den Comedian Bülent Ceylan, den Kabarettis­ten Günter Grünwald, das Autorenduo Kobr und Klüpfel mit einer Kluftinger-Spezial-Show. Und Michael Mittermeie­r habe ebenfalls zugesagt. Im Kinoprogra­mm werden Klassiker wie „Casablanca“, „Pulp Fiction“und „Spiel mir das Lied vom Tod“zu sehen sein, dazu aktuelle Filme wie die „Känguru-Chroniken“, „Parasite“, „König der Löwen“. Außerdem soll es laut Fischer Premieren geben, den neuen Bond-Film und Christian

Pätzolds „Undine“sowie Vorführung­en, zu denen Regisseure wie Marcus H. Rosenmülle­r und Schauspiel­er eingeladen werden.

Vorgesehen sind weitere Spezialpro­gramme, etwa einen Abend rund um das Wasser passend zum Augsburger Weltkultur­erbe, eine AbbaNight (noch angefragt), eine QueenNight (ebenfalls angefragt). Außerdem soll es ermöglicht werden, im Autokino zu heiraten und dort Gottesdien­ste zu feiern.

Geplant ist das Messeflimm­ern als längerfris­tiges Projekt. „Wir wollen das dauerhaft etablieren“, sagt Maria Löffler, die Rede ist von einem oder zwei Jahren. Denn sie glaubt nicht daran, dass es in den Hallen

wieder einen funktionie­renden Veranstalt­ungsbetrie­b geben werde. Durch die strengen Abstandsre­geln und das dadurch verkleiner­te Publikum rechnen sich die meisten Orte nicht mehr für freie Veranstalt­er. Außerdem glaubt sie, dass die Furcht vor einer möglichen Ansteckung mit Corona viele auch im Herbst noch vom Besuch von Veranstalt­ungen abhalten werde.

Nötig ist die längerfris­tige Perspektiv­e zusätzlich, weil die Messe, das Kinodreiec­k und das Konzertbür­o in Qualität investiere­n, wie sie selbst sagen. Die Leinwände sind um ein Drittel größer als die große Leinwand bisher beim Open-AirKino Lechflimme­rn. Dafür werden eigens zwei Hochleistu­ngsprojekt­oren angeschaff­t, die eigentlich bei den gerade abgesagten Filmfestsp­ielen von Cannes hätten zum Einsatz kommen sollen.

Auf das Gelände passen pro Leinwand 240 Autos (insgesamt 480), pro Auto können zwei Erwachsene zuschauen, eigene Kinder dürfen für die Kinovorste­llungen zusätzlich im Fahrzeug sein. Bei den Bühnenshow­s ist die Anzahl jedoch auf maximal zwei Personen im Auto begrenzt – entweder zwei Erwachsene oder ein Erwachsene­r und ein Kind. Damit die strengen Corona-Auflagen erfüllt werden, müssen die Scheiben und Türen und Cabriobald

Dächer die ganze Zeit über geschlosse­n sein. Der Ton für die Filme wird über eine UKW-Freqenz auf die Autoradios übertragen.

Die Tickets werden ausschließ­lich online verkauft, die Vorstellun­gen finden bei jedem Wetter statt. Und man sieht in der Gebrauchsa­nleitung für das Messeflimm­ern auch, dass langfristi­g gedacht wird. „Bei sehr starkem Schneefall oder starkem Nebel kann es sein, dass die Vorstellun­g abgebroche­n werden muss“, heißt es darin. In diesen Fällen werden „Nebelkarte­n“für einen nochmalige­n Eintritt ausgegeben.

Bezahlt wird pro Auto, sowohl das Kino als auch die Bühnenshow­s, wobei die Eintrittsp­reise für die Shows günstiger ausfallen als bei Auftritten in Hallen, wie Kistler am Beispiel von Max Raabe durchrechn­et. „Statt 60 Euro pro Person werden wir pro Auto ungefähr 80 Euro verlangen, also 40 Euro pro Person.“Das sei ihnen wichtig, da durch die wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Corona-Krise viele im Augenblick weniger verdienen.

Einen genauen Eröffnungs­termin können die Organisato­ren nicht bekannt geben. Noch fehlt auch die endgültige Genehmigun­g des Augsburger Ordnungsam­ts, mit ihr wird aber in den nächsten Tagen gerechnet. „Wahrschein­lich ist das dann das erste Autokino, das es in Augsburg je gegeben hat“, sagt Franz Fischer, ihm sei keines bekannt. Dafür weiß er aber, dass Autokinos gerade einen unglaublic­hen Boom erleben: „Von zehn Autokinos in Deutschlan­d im Januar ist die Zahl mittlerwei­le auf 250 gestiegen.“

Dieser Boom zeigt sich jetzt auch in Augsburg und Umgebung: Zusätzlich zum Messeflimm­ern bereitet das Liliom-Kino auf dem Festplatz in Gersthofen ein Autokino vor. „Wir rechnen in den nächsten Tagen mit der Genehmigun­g des Landratsam­ts“, sagt Michael Hehl, Betreiber des Lilioms. Dann könne es in zwei bis drei Wochen losgehen. Gespielt werden soll täglich, Platz gibt es für rund 300 Fahrzeuge.

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Foto: Silvio Wyszengrad Zwei große Leinwände und eine Bühne dazwischen sind auf dem Messeparkp­latz vorgesehen.

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