Die Modebranche versucht sich mit Rabatten zu retten
Auch nach der Wiedereröffnung ist die Corona-Krise nicht vorbei. Die unverkaufte Ware stapelt sich
Düsseldorf Mal sind es 20, mal 50 und manchmal sogar 70 Prozent: Immer mehr Modehändler in den Innenstädten werben nach der Wiedereröffnung ihrer Läden mit hohen Rabatten um Kunden. Der Handel steht unter doppeltem Druck. Denn in den Läden türmt sich die während der coronabedingten Ladenschließungen unverkauft gebliebene Ware. Doch die Kauflust der Kunden ist angesichts der Folgen der Corona-Pandemie gering. „Im Sommer könnte der Modehandel auf einem Berg von einer halben Milliarde unverkaufter Textilien sitzen“, fürchtet der Sprecher des Handelsverbandes Textil (BTE), Axel Augustin. Schon jetzt stapelten sich im Handel rund 200 bis 300 Millionen unverkaufte Artikel. Dabei ist es verderbliche Ware. Frühlingskollektionen sind schon jetzt schwer zu verkaufen. Und sogar bei der Sommerware drängt die Zeit. Das Problem trifft die großen Warenhäuser ebenso wie die kleinen Selbstständigen. Und rasche Besserung ist nicht in Sicht. „Die Verbraucher befinden sich in einer Schockstarre“, sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. Die Menschen gingen davon aus, dass Deutschland wegen der CoronaKrise in eine schwere Rezession stürzen wird. „Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung befinden sich im freien Fall.“Doch nicht nur das. „Bei Mode und Bekleidung fehlt es auch ganz einfach an Kaufanlässen“, klagt Branchenvertreter Augustin. Es gebe einfach nur noch selten Grund, sich schick zu machen. Die Folge: Auch wenn inzwischen die meisten Läden in den Einkaufsstraßen wieder geöffnet haben und eigentlich nach den Wochen ohne Shopping ein gewisser Nachholbedarf bestehen müsste, sind die Fußgängerzonen weiterhin deutlich leerer als vor der Krise. Noch sei in den deutschen Innenstädten „nicht einmal halb so viel los wie sonst“, klagte das Branchenfachblatt in seiner jüngsten Ausgabe. Die Stimmung in der Branche ist dann auch schlecht. „Ein wirklich normales Saison-Geschäft,
Textilwirtschaft
wie wir es aus den Vorjahren kennen, erwarten wir frühestens zur Weihnachtszeit – und das nur, wenn alles gut geht“, sagte der C&A-Topmanager Marijn van der Zee der „Textilwirtschaft“. C&A rechne in diesem Jahr mit Umsatzverlusten im zweistelligen Bereich. „Das ist eine katastrophale Situation für einen Händler.“Dabei steht C&A trotz aller Probleme noch viel solider da als manche Konkurrenten. So musste die letzte große deutsche Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof angesichts der Corona-Krise bereits Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen. Das gleiche Schicksal ereilte mehrere deutsche Tochtergesellschaften von Esprit, die Modehandelskette Sinn und die Modekette Hallhuber. Der Damenmode-Filialist Appelrath Cüpper beantragte Insolvenz in Eigenverwaltung. „Wir laufen große Gefahr, dass Traditionshäuser, die unsere Innenstädte seit vielen Jahrzehnten prägen, in die Insolvenz gehen“, warnte Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), angesichts der Krise. Doch wo es viele Verlierer gibt, gibt es meist auch einige Gewinner. Profitieren könnten am Ende – neben den Schnäppchenjägern – die Factory- Outlet-Center. „Die Outlet-Center werden mit Ware geflutet werden“, prognostiziert der Branchenkenner Joachim Will, Inhaber des Wiesbadener Beratungsunternehmens Ecostra. Deutlich pessimistischer ist seine Einschätzung in Bezug auf den klassischen Modehandel. „Es wird zu einer gewaltigen Rabattschlacht im gesamten Modehandel kommen.“