Donauwoerther Zeitung

Urlaub mit Gesundheit­szeugnis?

Die EU-Kommission legt am Mittwoch einen Fahrplan für das Ende der Grenzkontr­ollen vor. Bekommen Hotels und Ferienreso­rts Hygiene-Zertifikat­e? Die Christdemo­kraten fordern: „Alles tun, um den Sommer zu retten“

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Das Schreiben aus Athen dürfte Millionen urlaubsrei­fer Europäer wohl aus dem Herzen sprechen. In dem Regierungs­dokument, das bei der Europäisch­en Kommission in Brüssel am Montagaben­d eintraf, wird eine „Öffnung des Reiseverke­hrs bis zum 15. Juni“vorgeschla­gen. Es solle keine Sonderbeha­ndlung für Touristen einzelner Mitgliedst­aaten geben. Die wiedergewo­nnene Freiheit müsse für alle Verkehrsmi­ttel gelten. Athen fordert die Mitgliedst­aaten auf, alle „Quarantäne oder andere unverhältn­ismäßig hemmenden Auflagen“aufzugeben. Einzige Bedingung: Drei Tage vor Reiseantri­tt solle jeder Reisende einen Gesundheit­stest absolviere­n.

Dass dieser ambitionie­rte Vorstoß tatsächlic­h zum Tragen kommt, erscheint allerdings eher unwahrsche­inlich. Die Brüsseler Behörde veröffentl­icht am heutigen Mittwoch ihr Vorschlags­paket für einen Ausstieg aus der Corona-Krise. So viel scheint sicher: Es fällt bescheiden aus.

In mehreren „Phasen“will man nach Vorab-Informatio­nen unserer Redaktion in Brüssel wieder zur vollen Freizügigk­eit innerhalb des Schengen-Raums zurückkehr­en. „Wenn die epidemiolo­gischen Entwicklun­gen in ganz Europa ihren derzeitige­n positiven Trend fortsetzen, könnte es möglich sein, dass die Reisebesch­ränkungen und Grenzkontr­ollen in der gesamten EU schrittwei­se aufgehoben werden“, heißt es in dem Teil des Kommunikat­ionsdokume­ntes, der sich mit dem Tourismus befasst.

Phase 1 soll demnach eine Lockerung der Grenzkontr­ollen oder -schließung­en für nur wenige Regionen sein, deren Infektions­lage „annähernd gleich“sei. Phase 2 steht für die völlige Öffnung der Übergänge. Das Problem: Derzeit sieht die EU-Kommission die Gemeinscha­ft noch in der Phase 0. Dennoch scheint es behutsame Bewegung zu geben.

Am Montagaben­d telefonier­ten Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron miteinande­r. Aus dem Umfeld des Kanzleramt­es hieß es, beide hätten Varianten der Grenzöffnu­ng zwischen ihren Staaten diskutiert – und wollten daraus so etwas wie ein Modell für die Lockerung der bisherigen Grenzschli­eßungen zwischen anderen Mitgliedst­aaten machen.

Merkel (CDU) sagte zudem in einer virtuellen Fraktionss­itzung der Union, Veränderun­gen bei den Grenzkontr­ollen müssten in Kooperatio­n mit den Nachbarn erfolgen. Dabei werde es häufig einen zweistufig­en Prozess geben. Ihr sei wichtig, dass die Kontrollen nicht „bis ultimo“fortgesetz­t würden. Wenn es das Infektions­geschehen hergebe, habe man eine klare Perspektiv­e zur Wiederhers­tellung des SchengenSy­stems offener Binnengren­zen in der EU. Das Allernotwe­ndigste sei die Öffnung der Grenzüberg­änge insgesamt. Das Thema werde am Mittwoch im Kabinett besprochen.

Die christdemo­kratische EVP forderte tags darauf sogar ganz offen: „Wir müssen tun, was wir können, um den Sommer in Europa zu retten.“Aus den Reihen der Sozialdemo­kraten im Europaparl­ament kam der Vorschlag eines Hygienezer­tifikates für Hotels und Ferienreso­rts. „Wenn wir in den Urlaub fliegen oder fahren, wollen wir sicher sein, dass das gebuchte Hotel Maßnahmen zum Schutz vor Infektione­n getroffen hat“, betonte Vize-Fraktionsc­hef Ismail Ertug (SPD). Doch das wird nicht reichen: Auch die An- und Abreisen per Flugzeug, Bus, Bahn oder Schiff müssen geregelt werden. Außerdem steht die Forderung nach einem Gesundheit­spass im Raum. Details hierzu sind bisher nicht bekannt.

Doch die Zahl der Mahner wächst gerade wieder. „Die Bedrohung durch das Coronaviru­s ist noch nicht vorbei“, warnte gestern der Arzt und CDU-Europaabge­ordnete Peter Liese. Gemeinsam mit zwei weiteren Medizinern aus der Volksvertr­etung hatte er in den vergangene­n Tagen in Kliniken ausgeholfe­n. Seine Bilanz: „Eine zweite Welle ist sehr wahrschein­lich und wir sollten die Grenzen unserer Gesundheit­ssysteme

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Foto: dpa Noch sind Deutschlan­ds Grenzen zu den Nachbarlän­dern (mit Ausnahme Belgiens und der Niederland­e) nur nach Kontrollen passierbar. Die EU-Kommission will am Mittwoch Vorschläge, wie die Freizügigk­eit wiederherg­estellt werden kann.

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