Donauwoerther Zeitung

Das Ende eines großen Irrtums

- VON MARCO SCHEINHOF sma@augsburger-allgemeine.de

Sebastian Vettel kann ein Sturkopf sein. Das muss er auch, um sich in einem Geschäft wie der Formel 1 durchsetze­n zu können. Nun ist der 32-Jährige in den Verhandlun­gen mit Ferrari ebenfalls stur geblieben. Das Angebot, seinen Vertrag um ein Jahr zu verlängern, wollte er nicht akzeptiere­n, auch die Steigerung auf zwei reichte ihm nicht. Zumal seine Bezüge auf die Hälfte gekürzt werden sollten. Das ist ein Angebot, das ein viermalige­r Weltmeiste­r nicht annehmen kann. Da kann Vettel noch so sehr betonen, dass finanziell­e Aspekte keine Rolle spielen würden. Seinen Wert definiert er für sich selbst. Und da war er mit der Offerte von Ferrari und der damit einhergehe­nden Wertschätz­ung offenbar nicht einverstan­den. So wird nach sechs Jahren eine Zusammenar­beit enden, die 2015 so vielverspr­echend begonnen wurde.

Vettel aber konnte nie die Erfolge von Michael Schumacher mit der Scuderia wiederhole­n. Schumacher hatte mit dem damaligen Teamchef Jean Todt ideale Bedingunge­n, um Ferrari von Erfolg zu Erfolg zu führen. Das Teamgebild­e war stabil, die Grundlage bestens. Vettel dagegen musste Wechsel auf der Chefpositi­on hinnehmen und mitansehen, wie Ferrari von Fehler zu Fehler stolperte. Da er auch nie wirklich ein WM-Titel-taugliches Auto zur Verfügung hatte, versuchte er zu retten, was kaum zu retten war. Das teilweise zu energische Fahren führte zu einer Vielzahl an Fehlern bei einem Piloten, der zuvor mit Red Bull die Formel 1 dominiert hatte. Doch von seiner Unbekümmer­theit, seiner lockeren Art, die ihn bei Red Bull auszeichne­te, blieb bei Ferrari nicht mehr viel übrig. Vieles war mit dem Wechsel zu den Roten anders geworden. Und vieles schlechter. Hätte Vettel das Angebot von Ferrari angenommen, wäre es gleichzeit­ig das Eingeständ­nis gewesen, nur noch die Nummer zwei hinter Ferraris Zukunftsho­ffnung Charles Leclerc zu sein. Denn so sehr Teamchef Binotto die Qualitäten Vettels zuletzt auch lobte, so wenig schien ihm letztlich daran gelegen, den Heppenheim­er über 2020 hinaus zu verpflicht­en. So scheint sich nun das Ende eines großen Irrtums zu nähern. Und vielleicht sogar das Ende einer großen Karriere. Das wäre schade, aber irgendwie auch zu verstehen. Irgendwann reicht es.

 ?? Foto: Getty Images ?? Viel zu selten waren Sebastian Vettel im roten Arbeitsanz­ug Luftsprüng­e vergönnt.
Foto: Getty Images Viel zu selten waren Sebastian Vettel im roten Arbeitsanz­ug Luftsprüng­e vergönnt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany