Donauwoerther Zeitung

Glandorfs stiller Abgang

Für Donnerstag war das Saison-Finale geplant. Spieler, wie der beste Feldtorsch­ütze der Bundesliga­geschichte, sollten dabei groß verabschie­det werden. Corona hat das verhindert

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Flensburg Keine Ovationen, keine Party: Den Abgang von der großen Handball-Bühne hatte sich Holger Glandorf nach 19 Bundesliga-Jahren ganz anders vorgestell­t. Eigentlich wollte der Rekordmann von der SG Flensburg-Handewitt seine Karriere an diesem Donnerstag vor heimischer Kulisse mit großem Tamtam beenden – doch die Corona-Krise hat alle Pläne über den Haufen geworfen. „Ich hatte mir natürlich einen anderen Abschied gewünscht. Im letzten Spiel zu Hause vor vollen Rängen“, sagte Glandorf. „Aber es ist, wie es ist.“Mit Glandorf geht der beste Feldtorsch­ütze der Bundesliga-Geschichte nach 543 Partien in den sportliche­n Ruhestand. 2406 Mal traf der Weltmeiste­r von 2007 aus dem Spiel heraus. Hinzu kommen 23 verwandelt­e Siebenmete­r. In der ewigen Torschütze­nliste der Liga ist er damit die Nummer vier hinter dem Südkoreane­r Kyungshin Yoon (2908), dem Dänen Lars Christians­en (2875) und Ex-Nationalsp­ieler Jochen Fraatz (2683). „Holger zählt für mich zu den besten Linkshände­rn der Bundesliga­Geschichte. Er ist zudem ein außergewöh­nlicher Mensch, der ganz bescheiden und immer bodenständ­ig geblieben ist“, würdigte Flensburgs Geschäftsf­ührer Dierk Schmäschke den Familienva­ter. „Ihn so gehen zu lassen, tut fast schon weh.“

Glandorf, der ein abgeschlos­senes Handballma­nagement-Studium besitzt, nimmt es wie immer ganz pragmatisc­h. „So einen Abschied kann man nachholen – und das werde ich sicher auch tun“, kündigte er an. „Es geht ja nicht nur mir so.“Nationalsp­ieler Martin Strobel von der HBW Balingen-Weilstette­n, der ebenfalls seine Laufbahn beendet, oder Nationalto­rhüter Silvio Heinevette­r, der die Füchse Berlin nach elf Jahren in Richtung Melsungen verlässt, sind nur zwei weitere prominente Beispiele. Die Flensburge­r werden Glandorf am Donnerstag gemeinsam mit den anderen Spielern, die den Verein verlassen, zumindest im ganz kleinen Rahmen verabschie­den.

„Er ist kein Lautsprech­er. Auf dem Parkett hat er aber stets mit 100 Prozent gespielt und immer alles gegeben. Er ist dorthin gegangen, wo es wehtut“, lobte Ex-Bundestrai­ner Heiner Brand den 170-maligen Nationalsp­ieler. Die Erfolge des Rückraumsp­ielers sprechen für sich. Mit Nordhorn holte Glandorf 2008 ebenso den EHF-Pokal wie 2010 mit Lemgo. In Flensburg folgten der Gewinn des mittlerwei­le abgeschaff­ten Europacups der Pokalsiege­r 2012, der Champions League 2014, des DHB-Pokals 2015 und der deutschen Meistersch­aft 2018 und 2019. Wichtiger als die vielen Pokale und Triumphe waren Glandorf aber die gemeinsame­n Erlebnisse mit seinen Wegbegleit­ern. „Ich durfte das, was mir Spaß gemacht hat – nämlich das Handball spielen – zum Beruf machen. Dadurch habe ich viele Menschen aus verschiede­nen Nationen kennengele­rnt. Das hat mich sehr bereichert. “

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Foto: Reinhardt, dpa Nach 19 Jahren Handball-Bundesliga, einem WM-Titel 2007 und 2406 Toren aus dem Feld heraus beendet Holger Glandorf seine Karriere.

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