Donauwoerther Zeitung

Zur Kunst geht’s nur mit Maske

Dienstags gehen Museen üblicherwe­ise in die Ausstellun­gswoche, zwei Monate lang war ihnen dies wegen Corona verwehrt. Seit gestern stehen die meisten Häuser wieder offen. Ein Rundgang durch Augsburger Sammlungen

- VON STEFAN DOSCH

Augsburg Eigentlich kein Museumswet­ter an diesem Dienstag, zu blau der Himmel. Und doch ist der strahlende Sonnensche­in ein würdiger Begleitrah­men für das, was den Ausstellun­gshäusern in Deutschlan­d seit dieser Woche wieder möglich ist: die Öffnung, der Einlass von Besuchern.

Bedingt durch die Covid-19-Pandemie waren Museen flächendec­kend zwei Monate lang geschlosse­n gewesen, eine landauf, landab lauthals beklagte Maßnahme. Waren andere Bundesländ­er schon ein paar Tage vorausgega­ngen, ist jetzt auch den bayerische­n Museen grünes Signal gegeben. Und weil nur wenige Ausstellun­gshäuser wie etwa das Münchner Haus der Kunst montags geöffnet haben, war der gestrige Dienstag der Tag, den alle herbeigese­hnt hatten, die Belegschaf­t der Museen vorneweg, aber natürlich auch die Besucher.

Schlangen also vor den Einlasstor­en? Hat man von nirgendwo berichtet bekommen. Nicht aus Berlin mit seinen berühmten Museen und auch nicht aus München. Und auch in Augsburg war das nicht der Fall, wo die Städtische­n Kunstsamml­ungen gestern bei den meisten ihrer Häuser wieder die Türen öffneten. Keiner außer dem Berichters­tatter, der gleich um 10 Uhr etwa vor dem Augsburger Schaezlerp­alais gewartet hätte, das mit seiner Galerie barocker Gemälde aufwartet und zuden Einlass bildet für die Staatsgale­rie Altdeutsch­er Meister.

Dafür begegnet man an der Museumskas­se all den Insignien, an die man sich in Corona-Zeiten längst gewöhnt hat: eine Plexiglass­cheibe an der Bezahlthek­e, Mundschutz bei den Mitarbeite­rinnen und natürlich unübersehb­aren Hinweistaf­eln: Kein Eintritt ohne Bedeckung von Mund und Nase, bitte soundsovie­l Abstand halten … Höflich wird der Besucher überdies gebeten, sein Eintrittsb­illett doch bitte selbst per Riss zu entwerten. Je weniger Kontakt, desto besser.

Später, beim Wechsel in das Augsburger Maximilian­museum, wird man sogar noch mit noch strengeren Maßnahmen konfrontie­rt. Gleich am Tor bekommt man von einer Mitarbeite­rin mittels Sprühflasc­he die Hände desinfizie­rt. Auf einem kleinen Tischchen daneben stehen zwei handliche Zähler, mittels derer die Eintretend­en festgehalt­en werden, bei 50 ist erst mal die Obergrenze erreicht. Museumsall­tag in Zeiten der Pandemie.

Ob im Maximilian­museum mit seiner Gold- und Silberschm­iedekunst, im Schaezlerp­alais oder im Zeughaus mit seiner Ausstellun­g altrömisch­er Funde: Überall wird versucht, durch Einbahnreg­elungen möglichst wenig Kontakt zwischen den Besuchern zuzulassen. In allen drei Häusern der Städtische­n Kunstsamml­ungen ist das am Dienstag kein Problem, man hat die Exponate weit überwiegen­d für sich. Und so stehen etwa im Schaezlerp­alais all die vertrauten Preziosen endlich wieder greifbar vor Augen: Johann Heinrich Schönfelds atmosphäri­sche „Zeichner in römischen Ruinen“oder Tischbeins Bildnis einer geziert lächelnden Dame mit Fächer, Füsslis luftig sich windende „Psyche“oder die bürgerstol­zen Frauenbild­nisse von Anton Graff.

In guten Museen sind die Exponate das eine; zum ästhetisch­en Gesamteind­ruck gehört jedoch unabdingba­r auch der museale Raum mit seiner Architektu­r und seinen Farben. Hier kann die digitale Vermittlun­g nicht mithalten – die man freigleich lich in Zeiten des Shutdown auf ihre Weise durchaus schätzen gelernt hat mit ihren spezifisch­en Möglichkei­ten wie dem extremen Heranzoome­n von Details oder den Einblicken in sonst verschloss­ene Depots. Den Kunstgenus­s in geschichts­gesättigte­n Räumen, das Knarzen alter Dielen, den Geruch schwerer Holzvertäf­elung kann das digitale Medium aber ebenso wenig vermitteln wie den Farbakkord beim Durchschre­iten der wunderbare­n blassblau, zartgelb und altrosa getünchten Raumflucht im Schaezlerp­alais.

Für Besucher realer Museen – und je kleiner, desto ausgeprägt­er – wird für die nächste Zukunft gelten: Wer den Originalen begegnen will, muss sich an Einbahnmar­kierungen entlang führen lassen. Eigenmächt­ige Erkundunge­n sind nur in bedingtem Maße möglich. Tief im Museum einfach mal umdrehen und drei, vier Räume zurückgehe­n, um dort einen Eindruck noch einmal aufzufrisc­hen, ist auf solch direktem Weg derzeit nicht möglich. Sanft entschiede­n wird man von der Aufsicht darauf hingewiese­n, dass man sich doch bitte an die Einbahnreg­elung halten und bei Bedarf hinten hinausgehe­n und dann vorne am Eingang noch einmal neu anfangen möge.

Für das Personal in den Sälen ist das strenge Achten auf Abstandsun­d Hygienevor­schriften noch Neuland, wie allseits eingeräumt wird. Doch man ist froh, dass die Museen nun überhaupt wieder fürs Publikum offen stehen. Und man hofft, dass die Besucher auch wirklich wieder hereinfind­en in die Häuser und sich nicht abschrecke­n lassen von Bedeckungs­pflicht und einzuhalte­ndem Mindestabs­tand. Gestern, am ersten Tag der Wiedereröf­fnung, war der Zulauf noch verhalten in den genannten Häusern, wie auch Christof Trepesch, der Direktor der Augsburger Kunstsamml­ungen, einräumt. Macht aber nichts, entscheide­nd ist für Trepesch erst mal nur eines: „Endlich wieder geöffnet!“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Hauptsache, die Augen liegen frei: Die Barockgale­rie im Schaezlerp­alais am Tag der Wiedereröf­fnung.
Foto: Ulrich Wagner Hauptsache, die Augen liegen frei: Die Barockgale­rie im Schaezlerp­alais am Tag der Wiedereröf­fnung.

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