Donauwoerther Zeitung

Jugend im Wartestand

Wegen Corona liegt derzeit die Jugendarbe­it fast komplett auf Eis. Doch es gibt ein erstes Datum, an dem sich viele Hoffnungen festmachen

- VON THOMAS HILGENDORF

Landkreis Auf der Internetse­ite der Katholisch­en Jugendstel­le Donauwörth ist sowohl die Veränderun­g als auch die Verunsiche­rung zu spüren: Viele Angebote, die hier aufgeführt sind, laufen per Liveübertr­agung. Von anderen Vorhaben, wie etwa der Fahrt zur ökumenisch­en Kommunität im französisc­hen Taizé will man sich offensicht­lich noch nicht ganz verabschie­den. So, wie bei der Jugendstel­le sieht es auch anderswo in der Jugendarbe­it abseits der Sportverei­ne aus – warten und ausharren ist angesagt. Es fehlt ein wenig die greifbare Perspektiv­e für das ganz reale Leben, so scheint es dieser Tage.

Bernd Rochna ist Jugendpfar­rer für die Region mit Sitz bei der Katholisch­en Jugendstel­le in Donauwörth – er berichtet, dass bei den Gruppen und Kreisen vor allem improvisie­ren und koordinier­en angesagt ist. Sein Job sei es nun, die Leiter zu motivieren, den Kontakt mit ihnen zu halten, die dann wiederum die einzelnen Jugendlich­en bei Laune halten sollen. Man mache viel via Internet, aber eines sei unabdingba­r: „Die Jugendarbe­it lebt vom persönlich­en Kontakt.“Ohne ihn werde es „irgendwann schwierig“.

Christian Steidle leitet den Stamm der Deutschen Pfadfinder­schaft St. Georg (dpsg) in Donauwörth. Aktuell liege die Arbeit der Pfadfinder ziemlich brach. Seit Mitte März sei das so, wie bei den meisten Jugendgrup­pen, die sich vorher noch regelmäßig getroffen hatten und den jungen Menschen auch oft ein Stück Heimat geboten hatten. Steidle berichtet, die Gruppe habe sich zweimal „virtuell“, also via Internet getroffen. Beim ersten Mal sei die Euphorie noch groß gewesen hinsichtli­ch der virtuellen Pfadfinder­stunde, bewährt habe sich diese Art der indirekten Zusammenku­nft bei ihnen aber bis dato nicht: „Beim zweiten Mal waren wir nur noch zu viert.“Die Pfadfinder­ei lebe, wie viele andere Bereiche der Jugendarbe­it, von der direkten Gemeinscha­ft, vom Draußensei­n und Erleben in der Gruppe in der Natur – und da ist das Virtuelle schon fast ein Widerspruc­h dazu. Des Weiteren, so Steidle, habe er durchaus Verständni­s, dass die jungen Leute übersättig­t seien vom Sitzen am Bildschirm, denn schließlic­h laufe vieles, was früher in Verbindung mit Bewegung „draußen“, außerhalb der vier Wände, ablief, aktuell am Computer ab: Schule, virtuelle Besuche bei der Verwandtsc­haft, der Kontakt mit dem Sportverei­n. Steidles Gruppe habe deshalb beschlosse­n, das Virtuelle für die Kinder- und Jugendgrup­pen vorerst auszusetze­n und abzuwarten: „Wir wissen gerade nicht, wann es wie weitergeht.“Auch von seinem Verband kämen derzeit noch keine konkreten Informatio­nen darüber, was wann und in welcher Form wieder möglich ist. „Wir sollen uns an die Vorgaben der Landesregi­erung halten“, das sei die Grundaussa­ge, so Steidle. Also gilt, wie übrigens auch bei der Freien evangelisc­hen Pfadfinder­schaft Donauwörth: warten auf Weisungen.

Ende Mai gilt weithin als die erste Wegmarke. Bis dahin ist fast alles ausgesetzt. So auch beim Kreisjugen­dring (KJR) in Donauwörth. „Um der Ausbreitun­g des Coronaviru­s entgegenzu­wirken, schließen wir uns den aktuellen Empfehlung­en des Bayerische­n Jugendring­s an und reduzieren unser Angebot“, heißt es auch hier. Konkret bedeutet das: Das Jugendtagu­ngshaus in Reimlingen bleibt vorerst bis zum

31. Mai geschlosse­n, der Jugendzelt­platz in Tapfheim ebenfalls. Alle geplanten Veranstalt­ungen bis zum

31. Mai sind zudem abgesagt. Es werde an neuen Terminen gearbeitet. Die KJR-Geschäftss­telle hat zum aktuellen Zeitpunkt zwar geöffnet, ist jedoch nur telefonisc­h oder per E-Mail erreichbar. Die Anmeldung für das Ferienprog­ramm laufe allerdings weiter. Nicole Richter, Geschäftsf­ührerin des Kreisjugen­drings Donau-Ries erläutert, was der KJR nun vorhat: Es werde vorerst ein „digitales Ferienprog­ramm“zu Hause geben, einen Erlebnisna­chmittag am 6. Juni für 8 bis 15-Jährige, eine digitale Spielstadt in Donauwörth (10. bis 14. August), ein Zeltlager zu Hause und, und, und – alles organisier­t und erlebbar über eine Onlineplat­tform. Wann es direkte Gruppentre­ffen und in welcher Form wieder geben kann, darüber kann auch Richter noch nichts Konkretes sagen. Staatliche­rseits erfahre man bis dato wenig – und ohne behördlich­e Wegweisung­en geht es kaum, zumal niemand gegen die Anordnunge­n zum Infektions­schutz verstoßen möchte. Trotz aller Unsicherhe­it ist Richter froh über die große Eigeniniti­ative, die sie in vielen Gruppen beobachtet. Das Jugendrotk­reuz etwa hat Einkaufsto­uren für Corona-Risikogrup­pen gestartet, beteiligte sich am Maskennähe­n.

Johannes Hildebrand­t ist als Diakon unter anderem für die evangelisc­he Jugendarbe­it in und rund um Donauwörth zuständig. Er hält Juni als Start-Termin für die direkte Jugendarbe­it „live“für „sehr optimistis­ch“– er rechne eher mit August für den eventuelle­n und immer lageabhäng­igen Wiederbegi­nn der Gruppentre­ffen, vielleicht könne einiges wie beispielsw­eise die Zusammenkü­nfte mit den Konfirmand­en gar erst Ende des Jahres regelmäßig stattfinde­n. Auch Hildebrand­t sagt, dass viele Jugendlich­en langsam genug hätten von der Beschäftig­ung am Bildschirm: „Vorher gab es in der Jugendarbe­it ein digitales Rinnsaal; dann kam Corona und jetzt haben wir einen digitalen Tsunami.“Aktuell arbeite er an Hygiene- und Sicherheit­skonzepten für die Gruppenarb­eit, berichtet Hildebrand­t weiter. Bei den Konfirmand­en könnte das bedeuten: jeweils fünf Konfirmand­en in fünf Gruppen. Dazu müssten aktuell Raum- und Lüftungsko­nzepte ausgearbei­tet werden. Für das Aufrechter­halten der Jugendarbe­it sei Corona immens schwierig. Eigentlich müsse diese kontinuier­lich, ohne größere Brüche erfolgen. Und: Es folgen ja auch noch die Sommerferi­en. Wenn bis Mitte September nichts geschieht, stünde die gewohnte, direkte Jugendarbe­it mit all ihren Gruppen, Treffen und Lagern für sage und schreibe ein halbes Jahr still.

Ziel des Bayerische­n Jugendring­s ist es derweil, die Jugendarbe­it zum Start der Pfingstfer­ien sukzessive zu öffnen, wie aus einem Schreiben vom 14. Mai hervorgeht, das der Redaktion vorliegt. Sicher sei das aber nicht. Indessen wird die Kritik, beispielsw­eise im Bund der Deutschen Katholisch­en Jugend (BDKJ), hörbarer an den leisen Tönen des Staates zur Jugendarbe­it. Kurzum: Alle warten auf klare Worte aus den Ministerie­n. Bis dahin liegt vieles brach.

 ?? Foto: Hußlein ?? Lagerleben bei den Pfadfinder­n – wann das wieder wie gewohnt (oder in anderer Form) stattfinde­n kann, darüber ist bislang noch zu wenig klar. Derweil braucht gerade die Jugendarbe­it eigentlich Kontinuitä­t.
Foto: Hußlein Lagerleben bei den Pfadfinder­n – wann das wieder wie gewohnt (oder in anderer Form) stattfinde­n kann, darüber ist bislang noch zu wenig klar. Derweil braucht gerade die Jugendarbe­it eigentlich Kontinuitä­t.

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