Donauwoerther Zeitung

Keine Macht den Drohnen

Bayern testet in Gefängniss­en ein Abwehrsyst­em, um Schmuggel zu verhindern. Wie real ist die Gefahr und was bringt der „Dropster“wirklich?

- VON TOM TRILGES

München Drogen, Waffen, Handys – das sind die beliebtest­en Schmuggelw­aren in deutschen Gefängniss­en. Nun sehen die Justizvoll­zugsanstal­ten eine neue Gefahr: Die Waren können allesamt binnen Sekunden in die Anstalten gelangen. Und zwar nicht mehr nur per Wurf über die Zäune, sondern mittlerwei­le auch problemlos mit einer Drohne. Genau das will der Freistaat unbedingt verhindern. Deshalb darf bald in acht Gefängniss­en auf die kleinen Flugobjekt­e geschossen werden.

Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) stellte am Mittwoch in der Münchner JVA Stadelheim das erste Drohnenabw­ehrsystem vor, das in Deutschlan­d zum Einsatz kommen wird. „Dropster“heißt es und wurde von der Firma Droptec in der Schweiz entwickelt. Dort nutzen die Haftanstal­ten es bereits seit vier Jahren, auch Österreich setzt man es ein. Das Prinzip ist einfach: Sichtet ein Mitarbeite­r des Gefängniss­es eine Drohne, greift er zum „Dropster“und schießt sie ab. Ein roter Punkt im Visier hilft beim Zielen, die Reichweite beträgt laut Hersteller selbst für ungeübte Schützen etwa 30 Meter. Per Gasdruck feuert man ein fünf Quadratmet­er großes Netz ab, das sich in den Rotatoren der Drohne verfangen und sie so zu Boden bringen soll.

Doch wie real ist die Gefahr für Gefängniss­e wirklich? Fakt ist: Hunderttau­sende Deutsche besitzen eine Drohne – für gewerblich­e oder private Zwecke. Seit 2015 zählt der Freistaat 57 Sichtungen von Drohnen in einem Umkreis von 100 Metern zu einer Haftanstal­t und zwei Funde auf einem JVA-Gelände. Bei letztgenan­nten versuchten Kriminelle, Handys beziehungs­weise Drogen einzuschle­usen. Nachweisli­ch erfolgreic­hen Schmuggel per Drohne gab es jedoch noch nie in Bayern. Er soll ohnehin durch engmaschig­e Gitter an den Fenstern der Gefängnisz­ellen erschwert werden. Eine andere Gefahr durch die Drohnen besteht allerdings selbst dann, wenn keine Waren in die Zellen gelangen: Mit integriert­en Kameras ist es möglich, Insassen auszuspähe­n.

Neben der JVA Stadelheim erhalten sieben weitere Gefängniss­e, darunter Landsberg und Kaisheim, im ersten Schritt einen beziehungs­weise zwei „Dropster“– ein Gerät kostet 5000 Euro. Zunächst stehen Schulungen für die Mitarbeite­r an den betroffene­n Standorten an. „Wenn wir sehen, dass dieses Pilotproje­kt gut läuft, scheitert es sicher nicht am Budget, die Gefängniss­e damit auszustatt­en“, sagt Justizmini­ster Eisenreich. Wie viele „Dropster“für einen effektiven Schutz nötig sind, sei noch völlig unklar.

Das ist nicht die einzige offene Frage. Denn bisher besitzen die Haftanstal­ten keinerlei Detektions­systeme, die die Mitarbeite­r auf eine mögliche Gefährdung durch eine Drohne aufmerksam machen – derzeit laufen allerdings entspreche­nde Ausschreib­ungen. Für den Moment bedeutet das aber praktisch, dass der „Dropster“lediglich dann, wenn einem Beamten ein Flugobjekt auffällt, zum Tragen kommt.

Tritt dieser Fall ein, bleiben Zweifel daran, ob eine Reichweite von 30 Metern ausreichen­d ist, um eine Drohne in jedem Fall abzuschieß­en. Bei einer Nachladeze­it von rund 20 Sekunden räumte Minister Eisenreich zudem ein, dass man nicht garantiere­n könne, bei einem gezielten Drohnenang­riff mit mehreren Flugobjekt­en gerüstet zu sein. „Aber genau deshalb fangen wir jetzt als Erste in Deutschlan­d damit an und wollen uns um diesen Bereich kümmern“, erklärt Eisenreich. Rechtlich gebe es keine Probleme. Eisenreich meint: „Auf dem

Gelände einer JVA ist das definitiv erlaubt.“Einsatzgeb­iete des „Dropster“sind laut Hersteller neben Gefängniss­en auch Spezialein­heiten der Polizei sowie unter Umständen das Militär. Für Flughäfen dagegen sei das Abwehrsyst­em aufgrund der meist sehr großen Distanzen weniger geeignet. Ebenfalls ausgeschlo­ssen ist aus Sicherheit­sgründen der Verkauf an Privatleut­e.

Michael Stumpf, Leiter der JVA Stadelheim, freut sich über den Pilotversu­ch, sagt aber auch: „Das System ist ein Baustein von vielen. Das Wichtigste sind Mitarbeite­r, die Augen und Ohren offen halten und vorher schon wissen, wo es gerade Probleme oder Auffälligk­eiten im Haus gibt.“Die Wachsamkei­t sei bereits heute erhöht. „Wenn sie entspreche­nde Geräusche hören, schauen die Beamten sofort nach, ob es wirklich nur ein Rettungshu­bschrauber ist“, berichtet Stumpf.

In Zeiten, in denen der OnlineVers­andhändler Amazon in den USA bereits die Zulassung besitzt, Pakete mit Drohnen zuzustelle­n, sei es durchaus denkbar, dass es bald „Hauszustel­lungen“mit den Flugobjekt­en in Gefängniss­en gibt. Bisher beschränke­n sich die Sichtungen von Drohnen rund um seine Haftanstal­t auf zwei bis drei im Jahr, teilt Leiter Michael Stumpf mit.

Privatleut­e können das System nicht kaufen

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Das Abwehrsyst­em „Dropster“soll die Gefahr von Schmuggel in bayerische­n Gefängniss­en reduzieren. In einem Pilotversu­ch erhalten es acht Haftanstal­ten, darunter die JVA Stadelheim in München. Justizmini­ster Georg Eisenreich traf am Mittwoch gleich mit seinem ersten Schuss.
Foto: Peter Kneffel, dpa Das Abwehrsyst­em „Dropster“soll die Gefahr von Schmuggel in bayerische­n Gefängniss­en reduzieren. In einem Pilotversu­ch erhalten es acht Haftanstal­ten, darunter die JVA Stadelheim in München. Justizmini­ster Georg Eisenreich traf am Mittwoch gleich mit seinem ersten Schuss.

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