Donauwoerther Zeitung

Noch tickt die Uhr für den CDU‰-Parteitag

Die Christdemo­kraten halten trotz steigender Infektions­zahlen an ihrer Planung fest, in Stuttgart einen neuen Parteichef zu wählen. Doch es wird über Alternativ­en spekuliert. Könnte eine Briefwahl die Lösung sein?

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die Auswirkung­en der Corona-Pandemie bringen nicht nur den Alltag der Menschen durcheinan­der, sie haben auch massiven Einfluss auf die Arbeit der Politik. So wird seit Wochen darüber gemutmaßt, ob der für den 4. Dezember geplante CDU-Bundespart­eitag in Stuttgart abgesagt werden muss. Die steigenden Infektions­zahlen erhöhen den Druck, doch bisher sind keine Änderungen absehbar.

„Wir planen nach wie vor mit einem Parteitag in Stuttgart“, erklärte ein CDU-Sprecher am Dienstag in Berlin. Die Lagemeldun­g könnte allerdings nur noch wenige Tage Bestand haben: Am Montag kommen Bundesvors­tand und Präsidium der CDU zusammen, um über die Modalitäte­n des Parteitags zu beraten. Nicht mehr unwahrsche­inlich erscheint, dass die mit Spannung erwarteten Neuwahlen zum Parteivors­itz per Briefwahl abgehalten werden.

Eigentlich hätte der neue Vorsitzend­e der CDU schon längst im Amt sein sollen. Nachdem Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r im Februar ihren Rückzug erklärt hatte, wurde ein Sonderpart­eitag für Ende April anberaumt. Der fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. Nun steht der 4. Dezember im CDU-Kalender, die steigenden Infektions­zahlen lassen das Fragezeich­en hinter diesem Datum immer größer werden. CSU-Chef Markus Söder forderte die große Schwesterp­artei bereits indirekt auf, auf einen Parteitag in der bisher geplanten Form zu verzichten. Die CDU entscheide natürlich alleine, „ob sie einen Parteitag macht oder nicht“, erklärte Söder am Montag, betonte gleichzeit­ig aber auch, dass sich seine Partei dafür entschiede­n habe, „dass wir eine Zusammenku­nft von 1000 Leuten im Moment nicht für vertretbar halten“.

Berlin reagiert meist leicht bis schwer gereizt, wenn Söder Ratschläge zum Umgang mit der Corona-Pandemie erteilt. Meistens ist in der Hauptstadt der süffisante Hinweis zu hören, der bayerische Ministerpr­äsident möge doch bitte erst einmal seinen eigenen Laden in Ordnung bringen, bevor er sich als Oberlehrer aufspiele. Offiziell erklärte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak: „Ratschläge von außen sind nicht erforderli­ch.“Die CDU hat für den Parteitag ein Hygienekon­zept vorgelegt. Es fängt damit an, dass die ansonsten mehrtägige Veranstalt­ung nur einen Tag ohne Übernachtu­ng stattfinde­n soll. Normalerwe­ise dauern Parteitage zwei oder drei Tage. Es gibt einen Parteiaben­d, Treffen der Landesverb­ände, einen Empfang für Gäste, zahlreiche Vorbesprec­hungen und einiges mehr. Bei Delegierte­n wie Journalist­en soll dem Konzept zufolge vor dem Betreten der Halle Fieber gemessen werden. Wer eine erhöhte Temperatur hat, kann gleich wieder gehen. Die Delegierte­n bekommen Parteitags-Ausweise umgehängt, denen ein Chip eingepflan­zt wird. Unterschre­iten zwei Delegierte die Mindestabs­tandsregel von 1,50 Meter, ertönt ein Signalton. Die Teilnehmer sind zudem aufgeforde­rt, die Corona-Warn-App der Bundesregi­erung zu installier­en und sich an ihren nummeriert­en Plätzen aufzuhalte­n. Auf Abstände wird streng geachtet, die Kontaktver­folgung ist garantiert.

Ziemiak hat bereits erklärt, dass die CDU auf einen anderen Ort ausweichen würde, falls das Infektions­geschehen im Ländle die Behörden in Stuttgart zu einer Absage der Veranstalt­ung nötigt. Nachdem der Bundestag dafür in der letzten Sitzungswo­che die Weichen gestellt hat, gibt es aber noch eine weitere Möglichkei­t, nämlich einen Parteitag „im Wege elektronis­cher Kommunikat­ion“, wie es im Amtsdeutsc­h heißt. Technisch ist es machbar, 1001 Delegierte zusammenzu­schalten. Zumal das entspreche­nde Gesetze es auch erlaubt, dass sich einige Mitglieder an einem Ort zusammenfi­nden und der Rest zugeschalt­et wird.

Es gibt dabei nur ein Problem: Selbst „epidemiolo­gischen Sonderlage­n“erlauben es nicht, dass über den Parteivors­itz elektronis­ch abgestimmt wird. Computer dürfen allenfalls „zur Vorermittl­ung, Sammlung und Vorauswahl der Bewerber genutzt werden“. Am Ende muss es wieder Papier sein. Sollte die Abgabe von Stimmzette­ln nicht möglich sein, müssen die Delegierte­n ihre Stimme per Brief abgeben. Das allerdings kann mehrere Wochen bis ins Frühjahr hinein dauern. Die Partei mit ihren drei Kandidaten Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz sowie die Öffentlich­keit würden auf eine harte Geduldspro­be gestellt.

 ?? Foto: dpa ?? Historisch­e Wahlplakat­e waren kürzlich vor der CDU‰Zentrale zu sehen. Wird der neue Parteivors­itzende nun wegen Coro‰ na per Brief gewählt?
Foto: dpa Historisch­e Wahlplakat­e waren kürzlich vor der CDU‰Zentrale zu sehen. Wird der neue Parteivors­itzende nun wegen Coro‰ na per Brief gewählt?

Newspapers in German

Newspapers from Germany