Löwe mit trauriger Berühmtheit
Berglöwenbaby Captain Cal hat nur knapp die Waldbrände von Kalifornien überlebt. Er ist ein Symbol für das Leid der Tiere, die Naturkatastrophen ausgesetzt sind – auch in Europa
Oakland Das Feuerdrama hat den kleinen Berglöwen schwer gezeichnet: Die Pfoten des Tierbabys sind dick bandagiert, seine Schnurrhaare waren bis auf kleine Stummeln abgebrannt, das hellbraune Fell ist an einigen Stellen versengt. Doch die kleine, verwaiste Raubkatze – ihre Art ist auch als Puma bekannt – hatte mitten in dem Inferno des sogenannten Zogg-Feuers in Nordkalifornien wohl einen Schutzengel. Ein Feuerwehrmann entdeckte das gerade vier bis sechs Wochen alte schwer verletzte Tierbaby, das nun im Zoo von Oakland aufgepäppelt wird. Es ist zum Symbol dafür geworden, wie die Tiere unter Naturkatastrophen leiden. Gerade 1,7 Kilogramm brachte die Babykatze Anfang Oktober auf die Waage, die bei dem Waldbrand ihre Mutter verlor. Doch nach drei Operationen und täglichen Verbandswechseln unter Betäubung gibt es nun hoffnungsvolle Zeichen. „Der Kleine hat einen Riesenappetit“, freut sich die Tierärztin Alex Herman. In einem Video vor wenigen Tagen tapste Captain Cal – nach dem Maskottchen der kalifornischen Feuerwehr benannt – in seinem Auslauf herum.
Bei den verheerenden Buschbränden in Australien Anfang des Jahres gingen Bilder von verwaisten Kängurubabys und von Koalas mit verbrannten Pfoten um die Welt. Nach den schwersten Flächenbränden in der jüngeren Geschichte Kaliforniens berührt nun das Schicksal von Captain Cal und seinen Artgenossen. Seit Mitte August toben in dem Westküstenstaat heftige Feuer, mehr als 16000 Quadratkilometer Wald und Nutzland sind schon abgebrannt, eine Fläche mehr als viermal so groß wie Mallorca.
„Neben den Berglöwen sind so viele Rehe, Füchse, Bären und andere Tiere betroffen, das ganze Ausmaß können wir noch gar nicht absehen“, sagt die Veterinärin.
Nach Schätzungen der Mountain Lion Foundation (MLF), einer gemeinnützigen Organisation zum Schutz der Berglöwen, gibt es in den USA rund 30000 dieser Tiere, die meisten davon in westlichen Bundesstaaten, sowie wenige hundert in Florida. Als einzige Staaten haben Kalifornien und Florida ein Jagdverbot erlassen. Doch dieser Schutz reiche bei weitem nicht aus, meint MLF-Leiterin Debra Chase. Neben Waldbränden nennt sie Gefahren wie Wilderei, Kollisionen mit Autos, vergiftete Beute und die Zerstörung ihres Lebensraums. „Pumas sind für das Ökosystem und Biodiversität extrem wichtig“, betont Chase. Zusammen mit anderen Raubtieren wie Wölfen und Kojoten regulierten sie etwa den Wildbestand.
Für Captain Cal gibt es keinen Weg in die Wildnis zurück. Gewöhnlich wachsen seine Artgenossen zwei Jahre lang in der Obhut ihrer Mutter auf und werden dabei zu Jägern erzogen. „Wir arbeiten an einem Auswilderungsprogramm für Puma-Babys, sind aber noch nicht so weit“, sagt Tierärztin Herman. „In der freien Wildbahn hätten sie keine Chance.“Für das Feueropfer Captain Cal soll später ein geeigneter Zoo oder ein Großkatzenpark gefunden werden.
Der Kleine steht wegen des Feuerinfernos in Kalifornien nun besonders im Rampenlicht. „Er ist das Gesicht für die Krise unseres Planeten geworden, für klimabedingte Dürren und Waldbrände“, sagt die Tierärztin. „Ich hoffe, dass es über den Schutz für Pumas hinaus auch einen Anstoß für den Kampf gegen den Klimawandel gibt.“Wissenschaftler sehen es als erwiesen an, dass dieser Wetterextreme wie Trockenheit und Hitze verschärft.
Dass auch die Artenvielfalt in Europa bedroht ist, zeigt ein Bericht der EU-Umweltagentur EEA, der diese Woche in Kopenhagen vorgestellt wurde. Intensive Land- und Forstwirtschaft verdrängen demnach viele Tier- und Pflanzenarten. Eine Ausbreitung der Siedlungsgebiete zerstört spezielle Lebensräume wie Dünenlandschaften und felsige Gebiete. Und Umweltverschmutzung tut ihr Übriges. EEA-Generaldirektor Hans Bruyninckx fordert deswegen unter anderem eine bessere Um- und Durchsetzung des Naturschutzes und ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen vor allem im Transport- und Energiewesen.
Die Verfassung von 63 Prozent der fast 1400 Arten, die unter die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43/EEC fallen, ist demnach mangelhaft oder schlecht. Bei den Lebensräumen sieht es noch düsterer aus: Dort ist der Status für 81 Prozent nicht ausreichend und nur für 15 Prozent gut. Wälder weisen dabei noch die besten Trends auf, während sich diese bei Wiesen, Dünen und Mooren stark verschlechtern.