Donauwoerther Zeitung

Madsens Fünf‰Minuten‰Flucht

Der Mörder der schwedisch­en Journalist­in Kim Wall schafft es, aus dem Gefängnis auszubrech­en. Doch eine Spezialein­heit durchkreuz­t seine Pläne

- VON ANDRÉ ANWAR

Stockholm Der dänische Erfinder und verurteilt­e Mörder Peter Madsen hat es geschafft, kurzzeitig aus dem Staatsgefä­ngnis in Albertslun­d zu fliehen. Gegen zehn Uhr am Dienstagvo­rmittag brach der Mörder der schwedisch­en Journalist­in Kim Wall aus dem bei Kopenhagen gelegenen Gefängnis Herstedves­ter aus. Die dänische Polizei bestätigte, dass ihm die Flucht kurzzeitig gelungen sei.

Laut der Zeitung soll der technisch sehr kenntnisre­iche Erfinder Madsen dem Wachperson­al mit einem pistolenar­tigen Gegenstand und einer selbst gebauten Bombe oder zumindest einer Attrappe gedroht haben. Auch von einer kurzzeitig­en Geiselnahm­e berichtet die Zeitung. Wer die angebliche Geisel war und wie es ihr geht, wurde am Dienstag nicht öffentlich. Die dänische Boulevardz­eitung

berichtete, es handle sich um eine Psychologi­n.

Von einem pistolenäh­nlichen Gegenstand sprach auch Polizeierm­ittler Mogens Lauridsen bei einer Pressekonf­erenz am Dienstag. Die Polizei glaube nicht, dass es sich um

BT Ekstra Bladet

echte Waffe gehandelt habe, erläuterte der Polizeibea­mte. Es gebe auch keinerlei Anzeichen dafür, dass der vermeintli­che Sprengstof­fgürtel Madsens wirklich Sprengstof­f enthalten habe.

Das Gebiet um das Gefängnis wurde von der Polizei weiträumig abgesperrt, nachdem die Justizvoll­zugsanstal­t den Ausbruch des Erfinders gemeldet hatte. Eine schwer bewaffnete Sondereinh­eit umzingelte den im Gras an einen Zaun gelehnten Frauenmörd­er wenige hundert Meter von seinem Gefängnis entfernt. Madsen habe dort in einen weißen Lieferwage­n springen wollen, hieß es von der Polizei. Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Fahrer des Lasters den Mörder kannte und in dessen Flucht involviert war.

Glückliche­rweise sei Madsen nur für einen relativ kurzen Zeitraum auf freiem Fuß gewesen, erklärte Ermittler Lauridsen: Um 10.21 Uhr habe die Haftanstal­t den Ausbruch gemeldet, um 10.26 Uhr sei deren berühmtest­er Häftling gestoppt worden.

Wegen der Bombendroh­ung lagen die Beamten der Spezialein­heit in Schutzklei­dung auf dem Boden um Madsen herum. Über ein LiveVideo der Zeitung konnten Menschen in aller Welt den Einsatz mitverfolg­en und sahen, wie es dem Sonderkomm­ando gelang, den laut Rechtspsyc­hiatriegut­achten „perversen Psychopate­n“wieder festzunehm­en, der seine blaue Häftlingsk­leidung unter einer dunklen Jacke verbarg.

Peter Madsen war 2018 wegen Mordes an der schwedisch­en Journalist­in Kim Wall an Bord seines selbst gebauten U-Bootes zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Im August 2017 hatte der heute 49-Jährige die Journalist­in nach Überzeuein­e

BT

gung des Gerichts stundenlan­g unter Wasser in seinem U-Boot gequält. Dann ermordete und zerstückel­te er die 30-Jährige, die eigentlich eine Reportage über den prominente­n Erfinder, Raketen- und U-Bootbauer hatte schreiben wollen und sich deswegen im U-Boot aufhielt. Kopf, Rumpf, Arme und Beine der Frau versenkte Madsen mit angebunden­en Gewichten im Meer. Es sollte ein perfekt geplantes Verbrechen werden – doch die Körperteil­e seines Opfers wurden an Land gespült.

Immer wieder sorgt Peter Madsen aus der Haft heraus für Aufregung. Er liebt die Aufmerksam­keit. In einer TV-Dokumentat­ion über ihn, die kürzlich ausgestrah­lt wurde, verherrlic­ht Madsen sich selbst und gibt erstmals seit der Verurteilu­ng offen zu, dass er die Schwedin ermordet hat.

Zuletzt war die Fassungslo­sigkeit groß, als Madsen im Dezember 2019 in der Strafvollz­ugsanstalt die Russin Jenny Curpen, 39, heiratete. Schnell kamen am Dienstag Spekulatio­nen auf, dass sie ihm bei seinem Fluchtplan geholfen haben könnte. Die Ermittler äußerten sich dazu bisher nicht.

 ?? Fotos: Nils Meilvang, Theresa Münch, dpa ?? Scharfschü­tzen mit Polizeihun­den umringen auf dem Boden liegend den Mörder Peter Madsen. Nach dem missglückt­en Versuch, in einen weißen Lieferwage­n zu springen, gibt der einstige Erfinder auf.
Fotos: Nils Meilvang, Theresa Münch, dpa Scharfschü­tzen mit Polizeihun­den umringen auf dem Boden liegend den Mörder Peter Madsen. Nach dem missglückt­en Versuch, in einen weißen Lieferwage­n zu springen, gibt der einstige Erfinder auf.
 ??  ?? In diesem selbst gebauten U‰Boot starb Journalist­in Kim Wall.
In diesem selbst gebauten U‰Boot starb Journalist­in Kim Wall.

Newspapers in German

Newspapers from Germany