Donauwoerther Zeitung

Deutschlan­ds schlechtes­ter Kicker

Im neuesten Videospiel „Fifa21“ist keiner schlechter bewertet als Torwart Nico Purtscher. Der 19-Jährige nimmt die Einstufung mit Humor

- Interview: Felix Mock

Würzburg Jahr für Jahr bringt der Videospiel-Hersteller „Electronic Arts“eine neue Version der Fußball-Simulation „Fifa“heraus. Jahr für Jahr debattiere­n Zocker und Fans, welcher Spieler welche Bewertung, also welches Rating haben sollte. Das Maximum: 99 Punkte. Das erreicht niemand. Bester Feldspiele­r ist in diesem Jahr Lionel Messi vom FC Barcelona mit 93 Punkten, bester Torhüter Jan Oblak von Atlético Madrid mit 91. Die Werte bestimmen, wie gut das virtuelle Spielverha­lten des jeweiligen Spielers ist. Ganz am Ende der Nahrungske­tte stehen meist Spieler der zweiten und dritten Ligen. Auch in diesem Jahr: Der mit 49 am schlechtes­ten bewertete deutsche Spieler bei „Fifa 21“ist der 19-jährige Torwart Nico Purtscher. Der kam im vergangene­n Jahr vom VfR Aalen kurzzeitig zum Zweitligis­ten Würzburger Kickers, um dann auf Leihbasis für den TSV Aubstadt in der Regionalli­ga zu spielen. Aktuell ist er vereinslos und hält sich zu Hause im baden-württember­gischen Stimpfach fit. Ein Gespräch über weiße Fußballsch­uhe und das Videospiel.

Herr Purtscher, Sie sind der am schlechtes­ten bewertete Spieler beim Videospiel „Fifa“. Wissen Sie das?

Purtscher: Ich habe erst vor kurzem erfahren, dass ich überhaupt eine Fifa-Karte habe, also Teil des Spiels bin. Damit habe ich als Nummer drei oder vier bei den Würzburger Kickers nicht gerechnet. Das war eine echte Überraschu­ng.

Ihr Wert: 49. Vermutlich eine eher unangenehm­e Überraschu­ng.

Purtscher: Nein, gar nicht. Gerade in der zweiten Liga werden die Attribute der Spieler gefühlt schon sehr willkürlic­h vergeben. Aber ich finde das überhaupt nicht schlimm. Ich bin glücklich und auch irgendwie stolz, überhaupt dabei zu sein. Das ist doch irgendwo der Kindheitst­raum eines jeden Fußballers. Das Rating ist mir ziemlich egal.

Den Kumpels sicher nicht.

Purtscher: Ich glaube, das ist ganz normal, dass man sich dann den ein oder anderen blöden Spruch anhören muss. Das nehme ich mit Humor.

Beim Attribut „Geschwindi­gkeit“werden Sie mit 29 von 99 Punkten geführt. Sind Sie wirklich so langsam?

Purtscher: So langsam bin ich wirknicht. Torhüter werden immer langsam eingestuft, damit man sie auch als Torhüter erkennt. Aber in Wirklichke­it bin ich schon mindestens halb so schnell wie Ronaldo.

Fabian Giefer, aktuelle Nummer eins der Kickers, hat eine 37.

Purtscher: Sehen Sie! Dann ist meine 29 ja noch ganz okay.

Haben Sie sich schon einmal selbst auf der Konsole gespielt?

Purtscher: Klar. Neulich habe ich einen Elfmeter gegen Haaland gehalten, da habe ich natürlich das ganze Haus zusammenge­schrien.

Und mit Ihrem Erscheinun­gsbild im Spiel sind Sie zufrieden?

Purtscher: Meine Haare sind in Wirklichke­it ein bisschen schöner, würde ich sagen. Aber ansonsten passt es schon. Und eigentlich ist es mir recht egal.

Viele Fußballer sind da recht eitel, vor allem, was Frisuren und Fußballsch­uhe angeht.

Purtscher: Oh! Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, welche Schuhe ich in dem Spiel trage. Darauf habe ich noch gar nicht geachtet.

Sie sind 19 Jahre alt. Vermutlich ein knallpinke­s Modell?

Purtscher: Ich hoffe nicht!

Sie neigen also zu klassisch schwarzen Tretern?

Purtscher: Nein, ich trage immer weiße Schuhe! Mit weißen Schuhen sieht es immer aus, als würdest du kicken können.

Sie haben die Jugendmann­schaften beim VfR Aalen durchlaufe­n, dann folgten die Würzburger Kickers und über Umwege ging es zum TSV Aubstadt in der Regionalli­ga Bayern. Wie kam’s?

Purtscher: Eigentlich war geplant, dass ich in die U23 der Kickers komme. Die wurden leider kurzfristi­g aufgelöst, aus meinem Vertrag wurde nichts. Aber der TSV Aubstadt hat kurzfristi­g einen Torwart gesucht, weil sich deren Nummer eins verletzt hatte.

Sie haben das Interview kurzfristi­g wegen eines Kundenterm­ins verschoben. Was machen Sie zur Zeit? Aktuell werden Sie als „vereinslos“geführt.

Purtscher: Ich mache eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicheru­ngen und Finanzen. Ich will irlich gendwann mal den elterliche­n Betrieb übernehmen.

Außer es klappt doch noch mit der Fußballkar­riere. Oder haben Sie die abgeschrie­ben?

Purtscher: Nein, auf keinen Fall. Ich halte mich aktuell bei einem Verein hier in der Umgebung fit und will auf jeden Fall wieder angreifen. Aber momentan mache ich mir da keinen Stress. Ich genieße das auch, mal ein paar Wochen frei zu haben. Das kenne ich so gar nicht. Normalerwe­ise ist jedes Wochenende voll mit Fußball.

Zeit für Familie und Freunde zu haben?

Purtscher: Genau. Jetzt habe ich endlich mal Zeit für meine Freundin, die genießt das gerade natürlich auch. Und ich bin viel bei meiner Familie. Opa und Oma freuen sich riesig, dass ich etwas mehr Zeit habe.

Sie spielen also nicht andauernd das Videospiel „Fifa“?

Purtscher: Nein, nein! Hauptsächl­ich, aber nicht immer.

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Foto: Frank Scheuring Torwart Nico Purtscher im Einsatz für den Regionalli­gisten TSV Aubstadt: „Mit weißen Schuhen sieht es immer so aus, als würdest du kicken können.“

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