Donauwoerther Zeitung

Neue Hoffnung für Hülkenberg

Der Rennstall Red Bull Racing könnte dem deutschen Fahrer ein Cockpit für 2021 anbieten. Dann hätte seine Zeit als Feuerwehrm­ann der Königsklas­se ein Ende

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Fehlende Spontanitä­t kann man Nico Hülkenberg nicht vorwerfen. Wird er kurzfristi­g gebraucht, ist er zur Stelle. So wie in dieser Saison bei den Formel1-Rennen in Silverston­e oder am Nürburgrin­g, als er für die Besetzung eines Cockpits angefragt wurde. Teilweise so kurzfristi­g, dass zunächst nicht einmal die Zeit blieb, ihm einen eigenen Sitz anzufertig­en. Den hat der 33-Jährige mittlerwei­le beim Team Racing Point ebenso wie seinen Rennanzug, da er dort zunächst Sergio Perez und zuletzt Lance Stroll vertreten hatte. Beide Male aus Krankheits­gründen.

In der Eifel verpasste Hülkenberg sogar das freie Training, was seine Ergebnisse umso erstaunlic­her macht. Siebter in Silverston­e, Achter auf dem Nürburgrin­g, macht zehn WM-Punkte und damit nur sieben weniger als Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel. Eine gute Ausbeute für einen Fahrer, der sich offenbar zum Feuerwehrm­ann der Königsklas­se entwickelt hat. Brennt es irgendwo, klingelt sein Handy. Hülkenberg aber hat von der Zukunft natürlich andere Vorstellun­gen. Er will wieder ein festes Cockpit, wie er es jahrelang hatte. Bei Williams war er unter Vertrag, später bei Force India, Sauber und Renault. Irgendwie aber hatte er nie das Auto, das seinem Talent genügt hatte. Denn bis heute wartet er auf einen Sieg in der Formel 1. Er stand noch nicht einmal auf dem Podium. Dabei sind seine Qualitäten unbestritt­en. 2015 gewann er mit Porsche das 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Lange Zeit hat Hülkenberg in der

Nähe des Bodensees gewohnt. Mittlerwei­le ist er nach Monaco gezogen. Er ist verlobt mit der Modedesign­erin

Egle Ruskyte.

Im Italienurl­aub im September hatte er ihr in Venedig einen Antrag gemacht. Klare Verhältnis­se in seinem Privatlebe­n also. In seinem berufliche­n Alltag dagegen herrscht noch Ungewisshe­it. Drei Optionen könnten sich ihm für 2021 bieten. Haas hat seine Fahrer noch nicht bestätigt, Alfa Romeo auch nicht. Und offenbar scheint auch Red Bull Racing ebenso wie der Schwesterr­ennstall Alpha Tauri Interesse an Hülkenberg zu haben. Helmut Marko, der Motorsport­berater des Rennstalls mit großem Einfluss, hätte Hülkenberg beinahe schon vor dem Rennen in der Eifel angerufen. Da Stammpilot Alex Albon einen unklaren Corona-Test hatte, wäre Hülkenberg beinahe als Ersatz gefragt gewesen. Albon aber konnte fahren, Hülkenberg bei Racing Point letztlich auch. Albon aber erfüllt nicht alle Hoffnungen, die Red Bull in ihn setzt. Könnte also sein, dass das Cockpit des Thailänder­s 2021 frei wird. Das könnte Hülkenberg­s Chance sein.

Der aber bleibt vorsichtig. „Ich glaube, die Chance ist sehr, sehr klein“, meint er. Ihm gibt offenbar nicht einmal Hoffnung, dass ihn Helmut Marko höchstpers­önlich als Kandidaten genannt hatte – neben Sergio Perez, der sein Cockpit für Vettel beim zukünftige­n AstonMarti­n-Rennstall räumen muss. Hülkenberg weiß: In der Formel 1 ist nicht immer die Leistung alleine entscheide­nd bei der Vergabe von Cockpits. Gerade bei den kleineren Teams werden Piloten bevorzugt, die im Gepäck viele Millionen Euro haben und dadurch bei der Sicherung des Budgets ein großes Stück weiterhelf­en. Das ist zwar bei Red Bull nicht der Fall, dort herrscht dank des weltweit erfolgreic­hen Verkaufs von Brause in Dosen kein Mangel an Geld. Die Verantwort­lichen aber haben zuletzt auf Fahrer gesetzt, die aus dem eigenen RedBull-Juniorprog­ramm kommen. Bei Max Verstappen ist das der Fall, ebenso bei den Alpha-Tauri-Piloten Pierre Gasly und Daniil Kwjat. Auch Vettel hatte sich dort den letzten Schliff für seine Karriere geholt. Hülkenberg also passt nicht unbedingt ins bisherige Fahrerprof­il bei Red Bull Racing. Es kann also gut sein, dass der 33-Jährige auch 2021 kein festes Cockpit hat. Als Ersatzfahr­er hätte er schon unterschre­iben können. Das aber will er nicht. Dann lieber spontan aushelfen.

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Foto: dpa

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