Donauwoerther Zeitung

Diese Tierretter­in geht ihren Weg

Doris Rauh ist Gründerin von Rüsselheim, dem vielleicht größten Tierrettun­gsverein Deutschlan­ds. Auf ihrem Anwesen in Allmannsho­fen leben etliche Tiere. Das sorgt für Ärger

- VON TOBIAS SCHERTLER

Allmannsho­fen Ein wuchtiges, großes Tor trennt den Gehweg vom Grundstück. Dahinter warten schon drei Hunde. Nein, dieser Hof ist kein normaler. Man könnte ihn auch Gnadenhof nennen. Denn in Allmannsho­fen, einer der nördlichst­en Gemeinden im Landkreis Augsburg, leben sehr viele Tiere. Tiere, die ohne fremde Hilfe geschlacht­et worden wären.

Die Frau, die dort wohnt, heißt Doris Rauh. Mit ihr leben Hunde, Schweine, Katzen, Kaninchen, Gänse, Hühner und Enten. Sie kümmert sich als Vorsitzend­e des Tierrettun­gsvereins Rüsselheim um die Lebewesen auf ihrem Hof, Besitzer ist sie aber nicht. Das ist der Verein, der von rund 1000 Freiwillig­en unterstütz­t wird. Sie übernehmen für jedes Tier eine Patenschaf­t. Die Herkunft der Tiere ist dabei vielfältig. Ihre Hunde hat Rauh in Osteuropa von der Straße geholt. Kühe oder Schweine stammen meist von Landwirten, die ihren Betrieb einstellen. „Viele sind nicht mehr so glücklich mit den Preisen auf dem Markt“, sagt sie dazu.

Solche Bauern würden sich dann beim Verein melden, gegen eine Zahlung darf Rüsselheim die Tiere übernehmen – und dadurch am Leben lassen. Durch die monatliche­n Spenden der Paten beziehen die

Landwirte schließlic­h weiterhin ein regelmäßig­es Einkommen. Für ein Rind gibt es 70 bis 75 Euro, pro Schwein erhalten die Bauern 50 Euro im Monat. „Sie leben davon besser als vorher“, meint Rauh.

Mehrere ehemalige Betreiber von Mastanlage­n wechselten so schon die Seiten. Statt Massentier­haltung leben die Tiere, bis sie eines natürliche­n Todes sterben. Vor einigen Wochen wurden von einem Hof bei Donauwörth 60 Rinder gerettet.

hätten Sie dabei sein müssen“, sagt Doris Rauh. Ihre Augen strahlen dabei. Nun würden die Kühe auf einer Wiese in der Nähe von Bingen (Rheinland-Pfalz) leben. Derzeit seien etwa 1500 Tiere deutschlan­dweit an elf größeren Pflegeplät­zen unter der Obhut des Vereins. Dazu kämen einige kleinere private Aufnahmest­ellen wie in Allmannsho­fen.

Nicht jeder Bewohner des Dorfes ist damit zufrieden. „Oft werde ich Irre genannt“, sagt Rauh. 2010 zog sie in das Haus, ein Jahr später wandelte sie das Grundstück in den Tierhof um, den man heute sieht. Und hört. Schon auf dem Weg zum Haus ist wenige Meter davor ein Sammelsuri­um an Tiergeräus­chen zu vernehmen. Einige Nachbarn stören sich daran. Öfter werde sie wegen der Tierhaltun­g angezeigt, vor Gericht stand sie auch schon. 2014 wurde ihr Tierquäler­ei durch Unterlassu­ng vorgeworfe­n, am Ende musste sie 4000 Euro Strafe zahlen. Rauh betont aber, nicht verurteilt worden zu sein, den Geldbetrag habe sie nur zur Beilegung des Verfahrens gezahlt. Nun steht ein neuer Gerichtste­rmin an. Diesmal geht es in einem Zivilverfa­hren um einen zu großen Zaun und einen überbauten Grenzstein. Kläger ist ein unmittelba­r neben Rauh wohnender Mann, der sich durch den Gnadenhof gestört fühlt.

Die Vertriebsa­ngestellte hat aber auch Fürspreche­r im Ort. Ein anderer Nachbar bringe ihr regelmäßig Grünfutter für die Tiere vorbei. Er sagt: „Ich wohne 50 Meter von ihrem Haus weg und höre nichts von den Geräuschen.“Darüber hinaus sei man im Dorf, wo ständig Tiere Lärm machen würden. Allmanns„Da hofens Bürgermeis­ter Markus Stettberge­r weiß von den Beschwerde­n. Ab und zu höre er selbst Gänse und Hühner vom Hof. „Solange die Frau niemanden stört, kann sie das ja machen“, meint Stettberge­r. Eine Lösung für das Problem habe er nicht parat, beim Schlichten würde der Bürgermeis­ter aber helfen. „Mir ist es wichtig, Einklang und Rücksichtn­ahme im Dorf zu haben“, so der freigestel­lte Betriebsra­tsvorsitze­nde. Ihre Tiere kennt Doris Rauh indes alle beim Namen, von Huhn bis Schwein. „Jeder sieht ja anders aus“, erklärt sie lapidar. Seit der ersten noch in Eigenregie erfolgten Rettungsak­tion im Jahr 2004 hat die 57-Jährige einiges erlebt. Zweifel hat sie keine. „Das ist das Beste, was ich aus meinem Leben machen konnte“, erzählt Rauh. Trotz der Streitigke­iten.

60 Rinder von einem Hof bei Donauwörth geholt

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Fotos: Marcus Merk Lebt in Allmannsho­fen mit vielen geretteten Tieren: Doris Rauh. Sie hat den deutschlan­dweit aktiven Verein Rüsselheim gegrün‰ det.

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